Zweibrücken Ausgerechnet der Welthit kann mit dem Rest nicht mithalten

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Es ist noch gar nicht so lange her, da trat die SWR Big Band im Rahmen des Festivals Euroclassic 2016 in der Zweibrücker Festhalle auf, damals mit Max Mutzke. Am Donnerstag gastierte die erstklassige Band mit Curtis Stigers in der ausverkauften Neunkircher Gebläsehalle. Der amerikanische Jazzsänger stellte dabei seine neue CD „One More for the Road“ vor.

Schon vor drei Jahren habe Curtis Stigers seine erst vor kurzem veröffentlichte CD mit der Danish Radio Big Band aufgenommen, verrät der Sänger seinem Publikum in Neunkirchen. Curtis, wer? 1992 veröffentlichte der in Boise im amerikanischen Bundesstaat Idaho geborene Curtis Stigers seine erste CD. Die Single „I Wonder Why“ eroberte die Musikwelt. 25 Jahre später könnte Stigers damit auf den ersten Blick hervorragend in eine Sendung über die größten Eintagsfliegen der Popmusik passen. Denn außer einigen veritablen Hits, die ebenfalls auf dem damaligen Album erschienen sind, folgte offensichtlich nicht mehr viel. Stigers fühlte sich zudem im Korsett der Popmusik zusehends unwohler. In einem Interview rechnete er 2009 mit seiner früheren Plattenfirma ab: „Das Musikalische war denen völlig egal. Was zählte, war der nächste Hit, oder was sie dafür hielten. Irgendwann hatte ich es nur noch mit Anzugtypen zu tun, die mir sagten, welche Musik ich zu singen habe.“ Damit machte Stigers 2001 Schluss. Er wechselte vom poppigen Arista Label zu Concord Records und nahm von da an Jazz-Alben auf. Als Popmusiker mag man diesen Curtis Stigers, der die Neunkircher Gebläsehalle mit 972 Plätzen ausverkaufte, deshalb wohl tatsächlich als One-Hit-Wonder bezeichnen. Als Jazz-Interpret hat er aber auch in Deutschland schon Preise gewonnen: 2010 und 2013 den Echo Jazz Award. Und 15 Millionen Tonträger muss man erst mal verkaufen. Der 51-Jährige hat mit der Interpretation von Jazz jedenfalls seine musikalische Bestimmung gefunden. „Und ich habe alles gesungen. Punkrock, Pop, Rock“, verrät der in Neunkirchen Redselige. Curtis Stigers stellt sich dort als klassischer amerikanischer Entertainer vor. Bei seinen Moderationen spart er nicht mit Komplimenten an das deutsche Bier und mit Spitzen gegen seinen neuen Präsidenten, der am Freitag vereidigt wurde: „An diesem Tag kommt in Amerika auch meine neue CD raus. Also hat der Tag doch noch etwas Gutes.“ Mehr als nur gut ist auch die Musik, die Stigers mit der wie immer bestens eingestellten SWR Big Band in Neunkirchen präsentierte. Zwar hielt sich der Amerikaner ein wenig zu sklavisch an die Songreihenfolge seiner neuen CD, die als ausgezeichnete Hommage an Frank Sinatra verstanden werden darf. Stigers schlüpft aber hier wie in Neunkirchen in Sinatras Timbre, als sei ihm hierfür eine zweite Haut gewachsen. Federleicht gelingt der Einstieg in das Konzert, mit „Come Fly with Me.“ Weiter geht es mit dem wundervollen „I’ve Got You under My Skin“. Stigers Gefühl für Sinatras Ausdruck und Gefühl lässt den Interpreten auf der Bühne nahezu alles gelingen. Auch Bob Dylans „I’ll Be Your Baby Tonight“ aus dem Jahr 1967. Sinatra hat den Song zwar nie gesungen. Aber in Neunkirchen klingt er so, als handele es sich um einen überragenden Sinatra-Klassiker. Es folgen zahlreiche weitere bemerkenswerte Interpretationen. Zum Beispiel „The Best Is Yet to Come“, das mit einem stillen Finale trotzdem bis in die letzten Reihen der Halle nachhallt. Nur ein Song klappt nicht so richtig. Obwohl vom rundum begeisterten Publikum ebenfalls mit reichlich Applaus bedacht, fällt ausgerechnet Stigers’ Welthit „I Wonder Why“ deutlich ab. Vielleicht hätte er den Song besser so gesungen, wie er einst war. Als ein schönes Stück Popmusik. Das Konzert wurde übrigens vom Saarländischen Rundfunk aufgezeichnet. Es soll in Kürze im Radio ausgestrahlt werden. Das Anhören lohnt sich.

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