Bad Dürkheim Spurensuche in offenem Gelände

Irina Ruppert vor ihren Porträtfotografien auf dem Ausstellungsgelände in Dannstadt.
Irina Ruppert vor ihren Porträtfotografien auf dem Ausstellungsgelände in Dannstadt.

Großdimensionale Fotografien auf einem pfälzischen Acker: Eine nicht alltägliche Ausstellung ist in Dannstadt-Schauernheim zu sehen. Auf dem Acker in Dannstadt sind überlebensgroße Porträtfotografien von Erntehelfern und Landwirten aufgestellt. Die Aufnahmen der Hamburger Fotografin Irina Ruppert bewegen sich zwischen Kunst und Dokumentation, zwischen Gegenwart und Vergangenheit.

Wo sonst Salat oder Gemüse wächst, ragen überlebensgroße Porträtfotografien aus dem Ackerboden. Was auf den ersten Blick wie große Reklameplakate aussieht, sind die Bilder einer Ausstellung. Es sind Porträts von Landwirten aus Dannstadt-Schauernheim, in der Mehrzahl jedoch von Saisonarbeitern aus Osteuropa, aufgenommen von der Fotografin Irina Ruppert. „Erz. 7139“ hat sie ihre Ausstellung betitelt nach der Erzeugernummer, die einem Landwirt von der Genossenschaft zugewiesen wird. Die Vorderpfalz gilt als „der Gemüsegarten Deutschlands“. Von den 2600 Arbeitsplätzen in Dannstadt-Schauernheim entfällt der größte Teil auf die Landwirtschaft. Jedes Jahr verdingen sich in den Sommermonaten zudem 2000 bis 3000 Erntehelfer aus Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien in der Gemeinde. Irina Ruppert hat nicht einfach Saisonarbeiter beobachtet und auf den Auslöser der Kamera gedrückt. Die Hamburgerin hat ein halbes Jahr in Dannstadt gelebt, sich unter die Erntehelfer gemischt und selbst auf dem Feld mit angepackt. Erst nach vier Monaten hat sie zum Fotoapparat gegriffen. Mit ähnlichen Fotoprojekten in Russland und Kasachstan hat sich Ruppert bereits einen Namen gemacht. In Dannstadt-Schauernheim ging es Ruppert darum, einerseits Geschichte und Gegenwart kontrastierend zu verbinden, andererseits etwas von der Situation der in Deutschland arbeitenden Erntehelfer sichtbar zu machen. Um die Vergangenheit zu dokumentieren, vergrößerte sie alte Fotografien, die ihr Einwohner Dannstadt-Schauernheims zur Verfügung gestellt hatten. All diese Schwarzweiß-Fotografien sind vor 1950 entstanden, als der Gemüseanbau noch nicht so stark intensiviert, der Markt noch regional begrenzt und nicht so globalisiert war wie heute. Vor den Landschaftsbildern platzierte die Fotografin dann Arbeiter und Landwirte, um sie zu porträtieren. Die Fotos bringen die harte körperliche Arbeit, die die Menschen aus Osteuropa leisten, aber auch etwas von der Fremdheit, die sie hier erfahren, zum Ausdruck. Da steht etwa ein halbnackter Mann mit schmutziger Hose. Den historischen Hintergrund bildet ein Schwarzweiß-Foto alter Bauernhäuser und ein Misthaufen. Eine Frau in Gummistiefeln und in dreckiger Kleidung steht vor einer Waldlichtung. Den Blick wendet sie vom Betrachter ab und macht den Eindruck, als würde sie krank vor Heimweh in eine weite Ferne schauen. Ein junges Mädchen steht vor einer gelbstichigen alten Fotografie mit Bäumen, Heuhaufen und weitem Himmel. Die junge Frau verbirgt ihr Gesicht hinter langen dunklen Haaren, als würde sie sich schämen. Dem Betrachter in die Augen blickt dagegen eine Dreiergruppe in Straßenkleidung, die Familie Renner, Kürbisbauern aus Dannstadt. Alle Porträtierten aber wirken merkwürdig stumm, wie still Leidende in einer ihnen fremden Welt. . INFO Bis 28. Oktober in Dannstadt-Schauernheim auf dem Gelände der Firma Havita Frischsalate.

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