Speyer Speyer: Oberin Isabelle Wien über "Diakonisse in neuer Form"

In der alten Tracht: Isabelle Wien. Gestern war Schluss.
In der alten Tracht: Isabelle Wien. Gestern war Schluss.

Interview: Die Schwesternschaft der Diakonissen Speyer-Mannheim bricht auf ins 21. Jahrhundert. Es gibt jetzt „Diakonissen neuer Form“. Äußeres Zeichen: Oberin Isabelle Wien legt an Pfingsten ihre Tracht ab. Mit Ellen Korelus-Bruder hat sie über Beweggründe und neue Chancen gesprochen.

Schwester Isabelle, ab Pfingsten wollen Sie eine „Diakonisse neuer Form“ sein. Was heißt das?

Diakonissen neuer Form gibt es im Norden, Westen und Osten Deutschlands schon lange. Der Süden ist konservativer. Ich habe den Anstoß zur Erneuerung und Öffnung gegeben. Derzeit leben 22 Schwestern im Mutterhaus, das Durchschnittsalter ist 86. Bei meinem Eintritt in die Gemeinschaft vor 25 Jahren waren wir noch mehr als 140 Diakonissen in Speyer. Für die neue Form ist das Ablegen der Tracht nur das äußere Zeichen. Damit öffnen wir uns für evangelische Frauen und Männer aller Lebensformen. Jeder, der Sehnsucht nach Diakonie und Glauben in Gemeinschaft an einem Kraftort hat, kann sich anschließen. Was ändert sich für Sie? Mein Herz steckt nicht in der Haube. Diakonisse zu sein, bleibt meine Sache. Ich bleibe Schwester unter Schwestern und gehöre weiter dem Vorstand der Diakonissen Speyer-Mannheim und allen Gremien an. Ich wechsle in ein normales Arbeitnehmerverhältnis als Gehalts-Diakonisse. Bisher gab es ein Taschengeld. Die Verpflichtung zu Ehelosigkeit, Gehaltsverzicht und Verfügbarkeit gilt in der neuen Form nicht mehr. Aber Diakonisse zu sein, ist weiterhin ein kirchliches Amt. Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen? Das war ein vierjähriger existenzieller Prozess, in dem ich mich immer wieder ermutigen musste, den Blick nach vorne zu richten. Ich habe gesehen, dass ganz viele Menschen für unsere Sache zu begeistern und zu gewinnen sind, aber nicht für die Lebensform. Sie endet. Wie leicht ist er Ihnen gefallen? Der Spagat, den alten Schwestern weiterhin Geborgenheit und Heimat im Mutterhaus zu geben und sie gleichzeitig in den Aufbruch mitzunehmen, war die größte Herausforderung, eine Berufungsfrage. Ich habe die Ambivalenz zwischen Loslassen und Aufbrechen klar gespürt. Was werden Sie vermissen? In meiner Tracht stecken 25 Jahre Diakonissen-Leben. Mit ihr habe ich mich identifiziert. Gerade in den vergangenen Monaten hat sie noch mehr Gewicht als zuvor erhalten. Ich werde sie vermissen, weiß aber: Die neue Form ist zukunftsweisend. Wann sind Sie zum letzten Mal in „Zivil“ gegangen? Meine Ferien außerhalb Speyers habe ich immer in Zivil verbracht. Haben Sie die neue Garderobe schon? Die Kleidung für den Pfingstgottesdienst steht fest: Rock und Blazer. Zum Glück hatte ich Ende April Geburtstag. Kleider-Gutscheine sind da eine gute Sache. Kleidungsvorgaben gibt es für Diakonissen neuer Form nicht. Deshalb wird es in meinem Schrank künftig auch Hosen geben. Heute habe ich den entscheidenden Friseurtermin. Aber ich denke, die Haare bleiben mittellang. Wird die Tracht ab Pfingsten für immer im Schrank bleiben? Gestern habe ich die Festtracht zu meinem 25-jährigen Schwesternjubiläum bewusst letztmals getragen. Für Erneuerung gibt es kein besseres Datum als Pfingsten im Lutherjahr. Ich möchte Menschen für das neue Wir-Gefühl begeistern. Lokalseite 3 Zur Person Isabelle Wien ist vor 45 Jahren in Karlsruhe geboren worden. Am 5. Juli 1992 ist sie in das Speyerer Diakonissen-Mutterhaus eingetreten, ist seit 1996 Klinikseelsorgerin im Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus und Ethik-Fachlehrerin an den pflegerischen Schulen, seit 2004 Oberin. Termin Erneuerungs-Gottesdienst am Pfingstsonntag, 10 Uhr, in der Gedächtniskirche.

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