Speyer „Niemand muss erfrieren“

91-93888487.jpg

Manfred friert. Statt mit Handschuhen schützt der Obdachlose seine Finger mit dicken Verbänden. Und mit einem dampfenden Kaffeebecher in seinen Händen. Er steht vor der Commerzbank in der Maximilianstraße. Eine bunte Strickmütze hält die Ohren warm. Den Tag verbringe er auf der Straße, dem Friedhof oder dem Bahnhof, sagt er. „Das härtet ab.“ Erkältungen kenne er nicht. Darauf ist Manfred stolz. Aber was ist in den Nächten? „Die verbringe ich in einer städtischen Unterkunft“, sagt er. Den Grund nennt er auch: „Draußen ist es im Moment zum Schlafen zu kalt.“ So wie Manfred machten es die meisten Obdachlosen in der Stadt, erklärt Bürgermeisterin Monika Kabs (CDU) auf RHEINPFALZ-Nachfrage. Im Winter kümmere sich vor allem die städtische Wohnraumhilfe um Menschen, die im Freien lebten, sagt sie. „Wir bleiben ständig mit Polizei und kommunalem Vollzugsdienst im Gespräch.“ Derzeit seien es ihres Wissens vier obdachlose Männer, die sich auch nachts im Stadtgebiet aufhielten. „Freiwillig“, betont Kabs. Jedem von ihnen sei mehrfach eine Bleibe für den Winter angeboten worden. Aber: „Alle haben das abgelehnt.“ Polizei und Vollzugsdienst seien in regelmäßigem Kontakt mit den Männern, führen zu den Behausungen der Männer, wiederholten das Übernachtungsangebot. „Uns ist in jedem Fall ihr Aufenthaltsort bekannt“, berichtet Kabs von Parks, Wäldchen, freiem Gelände oder geschützten Bereichen abseits der Straße. „In unserer Stadt muss niemand erfrieren“, betont die Sozialdezernentin. „Aber wo sie übernachten, bleibt ihnen überlassen.“ Betten für Obdachlose oder von Obdachlosigkeit Bedrohte gebe es ausreichend, die Stadt beuge vor. Bei Bedarf hätten auch die Betroffenen des Hausbrands im Theodor-Storm-Weg vorige Woche Gebrauch davon machen können, so Kabs. Die Quartiere seien mit Waschmöglichkeiten ausgestattet und im ganzen Stadtgebiet verteilt. „Am nächsten Morgen müssen die, die auf der Straße leben, die Schlafgelegenheit wieder verlassen.“ Abends dürften sie wiederkommen. Wer draußen bleiben wolle, werde an seinem Aufenthaltsort häufig von Anwohnern mit Decken, Nahrung und Getränken versorgt. Kabs: „Gerade um Weihnachten werden unsere Obdachlosen oft reich beschenkt.“ Als obdachlos würden auch Menschen eingestuft, die vorübergehend von Angehörigen oder Freunden aufgenommen, aber nicht amtlich registriert seien und weder über Mietvertrag noch Konto verfügten. „Wohnwagen gelten auch nicht als fester Wohnsitz“, so Kabs. Wer im Wald schlafe oder mit dem Fahrrad in der Region unterwegs sei, sei für die Behörden ebenfalls obdachlos. Für diese Personen stellt die Caritas nach Angaben von Sozialberater Mathias Münster in Speyer Postfachadressen zur Verfügung. Derzeit sind demnach 50 dieser Adressen vergeben. „Damit erhalten Berechtigte ihre monatlichen Leistungen vom Jobcenter in bar ausgezahlt“, erklärt Münster. Voraussetzung: „Sie müssen ihr Postfach mindestens zweimal wöchentlich leeren.“ Ohne Adresse erhielten sogenannte Durchwanderer täglich 13,63 Euro ausbezahlt, informiert Kabs. Auch Manfred gehört zu denen, die von dem Caritas-Angebot profitieren könnten. Ihm sei die tägliche Bargeld-Regelung lieber, sagt er. „Damit komme ich aus.“ Freitags erhalte er das Geld für drei Tage, erklärt er das Verfahren. Deshalb sei am Wochenende schon mal ein kleiner Luxus für ihn drin. Zum Beispiel eine ausgedehnte Fahrt in einer geheizten S-Bahn ...

x