Speyer Mit Waffen über die Grenze

Fechttraining in Frankreich: Die Kämpfer des TSV Speyer messen sich bei den Besuchen im Médoc traditionell auch sportlich.
Fechttraining in Frankreich: Die Kämpfer des TSV Speyer messen sich bei den Besuchen im Médoc traditionell auch sportlich.

Als Ralph Engelhard mit seinem Leistungssport-Kollegen Thomas Theuerkauff die Partnerschaft zwischen der Fechtabteilung des TSV Speyer und dem FC Médoc ins Leben rief, wollten sie die damalige Jugend in beiden Vereinen ermutigen, „durch das Tor zum Nachbarn zu gehen“. Mittlerweile sind 13 Jahre vergangen und Europa ist in allen Sportlern gewachsen. Engelhard ist selbst nie engstirnig mit fremden Nationen gewesen, wie er selbst sagt. Seine sportliche Laufbahn führte ihn zu etlichen Weltcups. Und sie führte ihn zu Turnieren in Frankreich zu einer Zeit, als es noch Grenzkontrollen gab. „Ich war damals Student, hatte lange Haare und meine riesige, gepackte Sporttasche im Kofferraum“, erinnert er sich. Was drin sei, hätten die Grenzbeamten gefragt. „Waffen“, habe er – wahrheitsgemäß – gesagt. Dass das keine gute Antwort war, hat er sofort begriffen. Seine gesamten Fechtutensilien musste er ausräumen; passiert ist nichts. Die Verbindung zu Theuerkauff kam durch gemeinsames Fechten im Nationalteam. Der Kontakt zu Médoc wiederum hat mit Theuerkauffs Vorliebe für Frankreich zu tun. „Er ist sehr frankophil, hat in Bordeux studiert, seine Frau dort kennengelernt und ist in Saint Sauveur hängen geblieben“, berichtet Engelhard. Der persönlichen Freundschaft hat das nie geschadet. Im Gegenteil. Die nachfolgenden Generationen profitierten davon. „Irgendwann hat mein Freund den FC Médoc gegründet und wir beschlossen, die französische Fechtjugend zu unserem Turnier in Speyer einzuladen“, sagt Engelhard. Ein kleiner Austausch entstand, der kontinuierlich gewachsen ist. Im Wechsel besuchten sich die Fechter bei Turnieren. Wichtig für beide Initiatoren, so der Speyerer: „Der kulturelle Aspekt war immer fester Bestandteil, um die Verbindung zu festigen.“ Ein Hauptziel war, die Kinder und Jugendlichen an die typischen Gepflogenheiten der beiden Länder heranzuführen, betont Engelhard. Dass es Unterschiede gibt, die gerade den Sprösslingen zunächst seltsam vorkamen, macht er an einem Beispiel fest: „Das fängt bei der Begrüßung an. Bei uns gibt’s Handschlag, bei den Franzosen Küsschen.“ Das den Kindern – gerade Jungs – beizubringen, sei nicht immer einfach. Aber es hat funktioniert. „Jeder hat gemerkt, dass keiner anders ist als der andere“, stellt Engelhard fest. „Ob der Europagedanke dadurch geformt worden ist, weiß ich nicht. Aber ich denke schon, dass das Erfahren einer anderen Kultur dauerhaft positiv geprägt hat“, führt der Fechttrainer aus. Vor der Verantwortung, die er dafür im Ehrenamt übernahm, hatte er stets Respekt, wie Engelhard versichert. Generell ist der Trainer überzeugt, dass der Sport es leichter macht, über die heute geöffneten Landesgrenzen zu gehen: „Wir haben etwas gemeinsam, wofür man keine Worte braucht. Alles funktioniert über Gestik – da entstehen Freundschaften von ganz alleine.“ Nicht zuletzt die vollgepackten Freizeitprogramme seien bei den völkerverbindenden Begegnungen immer ein Höhepunkt, betont er. Er habe den Kindern die Hemmschwelle vor dem Fremden, dem Ungewohnten nehmen können, betont Engelhard. Nach einem Tief nach dem zehnjährigen Bestehen im Jahr 2014 aufgrund fehlender Nachwuchsathleten soll die Partnerschaft jetzt neuen Antrieb bekommen. „Wir haben wieder Kinder, die gerne mitmachen wollen beim Austausch“, merkt Engelhard an. Die nächste Trainingsfreizeit beim FC Médoc – wie alles vom Förderverein der TSV-Fechtabteilung unterstützt – für 2018 steht fest. Ein Traum Engelhards: „Mir würde es gefallen, ein weiteres nicht deutschsprachiges Land einbeziehen zu können.“ Dass das Mehraufwand bedeutet, ist ihm klar. Daher soll erst der Kontakt zu den Franzosen wieder gefestigt werden – der eigenen kulturellen Bildung und Europa zu Liebe. Die Serie Was haben die Speyerer von Europa und wie betrifft es sie im täglichen Leben? Dieser Frage geht die RHEINPFALZ seit dem Europatag am 9. Mai in dieser Serie nach.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x