Speyer „Gemeinsam Reisen ist intensiv“

Am 28. März 1837 – also ziemlich genau vor 180 Jahren – heiraten Cécile und Felix Mendelssohn Bartholdy. Ihre Hochzeitsreise führte auch nach Speyer. Aus Céciles Tagebuch machen die Schauspieler Matthias Folz und Marion Bott am Samstag, 1. Juli, um 15 Uhr, im Historischen Ratssaal eine musikalische Lesung; Veranstalter ist die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Unsere Mitarbeiterin Antonia Kurz hat vorab mit Bott gesprochen.

Mainz, Worms, Speyer, Straßburg, Freiburg, Heidelberg – heute verbringt man seine Hochzeitsreise an einem Ort, aber Cécile und Felix sind 50 Tage lang gereist. Warum?

Damals kannte man sich bis zur Hochzeitsreise noch kaum. Die beiden haben sich ja in kürzester Zeit nachdem sie sich das erste Mal gesehen haben, auch schon verlobt. Die Hochzeitsreise diente den beiden zum Kennenlernen, außerhalb des Alltags. Und gemeinsam Reisen ist auf jeden Fall intensiver als die ganze Zeit an einem Ort zu verbringen. Wo haben die beiden Station gemacht? Vor allem in Hotels und bei entfernten Verwandten von Cécile. „Frische, heitere Luft und besonders am Abend“ ist der Titel der Lesung. Was macht das Tagebuch für Sie aufführungswert? Es ist spannend zu sehen, wie sich zwei Unbekannte, frisch verheiratet gemeinsam auf diese Reise begeben und durch die Augen von jedem kommt etwas Neues über die Umgebung, die Gefühlslage der beiden und die Sitten der damaligen Zeit zur Geltung. Es ist auch spannend zu lesen, wie unterschiedlich ihre Beziehungen zu den Familienmitgliedern sind. Das Verliebtsein findet oft bei frischer, heiterer Luft und besonders am Abend statt. Wurde es eine gute Ehe? Sie haben auf jeden Fall bis an Felix’ Lebensende die Zeit miteinander in Leipzig verbracht und fünf Kinder bekommen, und Cécile wurde nach seinem Tod schwer krank. Ich kann mir vorstellen, dass sie eine sehr innige Beziehung hatten. Merkt man dem Tagebuch der Frau an, dass sie mit ihrem Ehemann noch fremdelt? Es muss doch psychisch sehr herausfordernd gewesen sein, mit einem quasi Fremden zu reisen ... Ja, ihr merkt man es noch an. Es werden sehr höfliche Ausdrücke benutzt, und sie fokussiert sich auch meist auf den Reisebericht, indem sie die Städte beschreibt oder über ihre Zahnschmerzen klagt. Doch jedes Mal schreibt sie dazu, dass er sich sehr liebenswürdig um sie kümmert. Haben Sie das Original gelesen? Nein, es befindet sich heute im Nachlass von Mendelssohn in der weltberühmten Bodleian Library der Universitätsbibliothek von Oxford. Wenn sich auf der Hochzeitsreise die Gelegenheit bot, führte Cécile ein Tagebuch, das von Felix durch Zusatzbemerkungen und Federzeichnungen ergänzt wurde. Das „Hochzeitstagebuch“ ist 22 mal 14 Zentimeter groß, 160 Seiten stark, und in einen mit grünem Papier überzogenen Pappdeckel gebunden. Wirft das Tagebuch auch Schlaglichter auf die Zeit oder ist es ausschließlich privat? Das Tagebuch wirft viele Schlaglichter auf die Zeit. Es beschreibt die Städte und die Atmosphäre in den Kutschen sehr genau. Die Briefe sind sehr spezifisch an diese Zeit gebunden. Was wird an Ihrer Lesung musikalisch sein? Wir werden uns mit der Musik einklingen und schauen, wie der Text sich dem Rhythmus fügen kann. Das wissen wir erst, wenn wir proben. Jetzt geht es darum, eine theatralisch Form für die langen Texte zu finden. Ich werde gemeinsam mit Matthias Folz lesen und von einem vierköpfigen Orchester unterstützt. Vor vier Jahren sind Sie vom Speyerer Theater nach London gegangen, um im Globe Theatre in Shakespeares „Wintermärchen“ auf der Bühne zu stehen. Wie ist es Ihnen ergangen? Es war eine wundervoll lehrreiche Zeit. Ich habe dann noch in Berlin an der Filmuniversität Babelsberg Drehbuch studiert und bin jetzt sowohl am Spielen als auch am Schreiben. Der Ausgleich macht mich sehr glücklich. Was sind Ihre neuen Pläne? Meine neues Theaterstück wird 2018 in London am Arcola Theatre inszeniert, und momentan drehe ich mit Yilmaz Arslan an seinem neuen Film „1001 Nächte“. Ich habe viel erfahren und viel geschrieben. Ich plane jetzt auch die Gründung einer Frauentheatergruppe in Berlin, und wir sind schon dabei, unser erstes Stück gemeinsam zu entwickeln. Vorverkauf Eintrittskarten gibt es bei den RHEINPFALZ-Servicepunkten und beim RHEINPFALZ-Ticketservice unter der Telefonnummer 0631 37016618 sowie der Internetadresse www.rheinpfalz.de/ticket.

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