Speyer Fünf Musiker, 13 Instrumente

Akkordeon und „Waschbrettbauch“ (von links): Anja Baldauf als Zydeco Annie und Rolf Frederic Berger, im Hintergrund Tobias Andre
Akkordeon und »Waschbrettbauch« (von links): Anja Baldauf als Zydeco Annie und Rolf Frederic Berger, im Hintergrund Tobias Andrelang am Kontrabass.

Die typische Honkytonk-Kneipenatmosphäre der amerikanischen Südstaaten haben Zydeco Annie & The Swamp Cats am Donnerstagabend zum Auftakt des 24. Speyerer Oldtime Jazz Festivals in den Rathaushof gebracht. An dicht besetzten Biertisch-Garnituren reiste das Publikum mit dem Quintett musikalisch vom Rhein an den Mississippi.

„Wir kommen auch aus dem Süden“, wies Anja Baldauf alias Zydeco Annie auf die bayerischen Wurzeln der ungewöhnlichen Formation hin. In einer Mixtur aus Hochdeutsch, Bayerisch, Englisch, Französisch und Kreolisch sang sich Rolf Frederic Berger oktavenübergreifend die Seele aus dem Leib. Dazu tanzte er einen fast perfekten Moonwalk, lag auf den Knien oder verzweifelte mit „Salut Madeleine“ an der Liebe. Berger – halb Elsässer, halb Deutscher – verlieh dem Begriff „Waschbrettbauch“ eine ganz neue Dimension. Auf seinem umgehängten „Louisiana-Washboard“ begleitete er die selbst ernannte Südstaatenlady mit bayerischem Zungenschlag und ihr Knopf- oder One-Row-Akkordeon. Die meisten Stücke stammten von der Band selbst, sagte Zydeco Annie. Entstanden seien sie vorwiegend in der Schweiz: am Bodensee oder in den Bergen. Mit seinen präzisen Riffs und rasanten Soli blieb Gitarrist Marco Piludo vom Beleuchter unbeachtet im Bühnendunkel verborgen. Annie und ihr zitronengelbes Kleid hingegen standen stets im Rampenlicht. Ob sie das Lied von der Hintertür mit dem Akkordeon anstimmte oder den Blues „Baldhead“ (Glatzkopf) am Klavier begleitete. Mit einem Instrument brachte sie völlig neue Töne in den Oldtime Jazz: Wo sonst die Mundharmonika zu hören ist, bemühte sich Anja Baldauf um Melodica-Melancholie. Der von vielen Zuhörern erwartete Jazz aus alter Zeit blieb weitgehend aus. „Haben Sie kein Saxofon?“, fragte ein Besucher in der Pause ziemlich ratlos. Schlagzeuger Stefan Baldauf musste ihn enttäuschen. Zum Trost zählte er irische Bouzuki, arabische Handtrommel, Triangel und Rumbakugeln als Ersatz fürs Blech auf. Fünf Musiker, 13 Instrumente: Auch das war ungewöhnlich am Donnerstagabend. Annie betonte nach dem zweiten Konzertdrittel: „Zydeco ist Tanzmusik, keine Sitzmusik.“ Damit konnte sie das Publikum zum Aufstehen bewegen, einige auch zum Tanz auf dem Rathaushof-Pflaster. „You Are My Sunshine“, sang Berger wunderschön, gefühlvoll begleitet von Kontrabassist Tobias Andrelang. Afrikanische Klänge wurden laut, als Zydeco Annie & The Swamp Cats Voodoozauber dramatisch aus dem Bühnennebel aufsteigen ließen. Den Refrain von „O When The Saints“ sangen am Ende alle mit.

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