Speyer Der Baum, der niemals aufgibt

Am Mitfahrerparkplatz in Speyer-Nord: wuchernde Götterbäume.
Am Mitfahrerparkplatz in Speyer-Nord: wuchernde Götterbäume.

Salz und Abgase stören ihn nicht, er stellt keine besonderen Ansprüche. Wo er einmal ist, geht er nicht weg. Der Götterbaum breitet sich aus und könnte in sensiblen Biotopen zum Problem werden. Um den Park-and-Ride-Platz am nördlichen Ortsausgang Speyers stehen die Bäume ebenso wie auf dem Mittelstreifen der B 9 Richtung Ludwigshafen.

Vermutlich stammt der Götterbaum aus China und wurde als Zierbaum im 18. Jahrhundert erst in England, dann in Frankreich eingeführt. So steht es auf der Neobiota-Internetseite des Bundesamts für Naturschutz. Neobiota bezeichnet Pflanzen und Tiere, die nicht zur heimischen Flora und Fauna gehören. „Seit tausenden von Jahren werden Arten von Menschen verbreitet“, erklärt Förster Ernst-Christian Driedger, der beim auch für Speyer zuständigen Forstamt Pfälzer Rheinauen das Ressort Öffentliche Planung und Umweltvorsorge leitet. Waldabschnitt Neubronner Heide im Schifferstadter Stadtwald: Rechts und links des Weges wachsen Götterbäume. Driedger, einst Revierförster dort, zeigt auf eine Stelle: „Hier hat vor etwa 20 Jahren jemand Gartenabfälle in den Wald geschüttet. Im Grünschnitt waren offenbar Teile von Götterbäumen – und das reicht schon.“ Aus jedem Teil des Baumes könne ein neuer wachsen. Dazu kommt, dass der Götterbaum schnell geschlechtsreif werde und Samen trage. Er sei eine Pionier-Baumart, die sich schnell auf freien Flächen ansiedele, erläutert Driedger. Kleinste Ritzen genügten ihm. „Er ist ein Baum, der niemals aufgibt: Abgesägt schlägt er aus dem Stock aus. Wird er ausgegraben, genügt ein kleiner Wurzelrest im Boden, um neu auszutreiben. Salzwasser und Abgase können ihm nichts anhaben. Er braucht keine besondere Pflege. Extrem schnell wachsend kann er bis zu 30 Metern hoch werden“, sagt der Förster. Diese Eigenschaften hätten das Gewächs als Stadtgrün beliebt gemacht. Das Klima in der Rheinebene gefalle dem Götterbaum. „Nicht nur auf öffentlichen Flächen wurde er gesetzt, auch in privaten Gärten.“ Seine Verbreitung und sein schnelles Wachstum könnten allerdings im Ökosystem Wald zum Problem werden, sagt Driedger. Er zeigt auf eine Eiche und einen Götterbaum, die nebeneinander wachsen. Beide sind gleich alt. Die Eiche ist kaum 30 Zentimeter hoch. Ein Reh hat an ihr geknabbert, was sie etwa 20 Zentimeter hinter ihrer eigentlichen Höhe lässt. Der Götterbaum ist 1,50 Meter hoch. Er ist leicht giftig und muss deshalb keinen Verbiss fürchten. „Wir sollten die Ausbreitung des Götterbaums im Auge behalten“, fordert Driedger. In bewirtschafteten Wäldern können die Förster den Bestand kontrollieren. Schwierig könnte es in den Auwäldern werden, fürchtet Driedger. Dort seien Schutzzonen ausgewiesen, die Wildnis ohne menschliche Eingriffe werden sollen. Folglich könnte der Götterbaum sich ungehindert ausbreiten. Durch sein schnelles Wachstum verdränge er die langsamer wachsenden Bäume der Auwälder. Das Konzept der absoluten Schutzzonen, das viele Förster kritisch sehen, erlaube nicht, dagegen vorzugehen. Ringeln – das ringförmige Einschneiden der Rinde –, das den Nährstofftransport zwischen Wurzel und Krone unterbricht, ist laut Driedger die einzige ökologisch verträgliche Methode im Kampf gegen die Ausbreitung. Beim Ringeln stirbt der Götterbaum nach einigen Jahren ab. Er kann dann gefällt werden, ohne wieder auszuschlagen. Driedger warnt: „Verzichtet man in den Auwäldern auf Eingriffe, wird sich der Götterbaum ausbreiteten und die vorhandene Pflanzenwelt massiv beeinträchtigen.“ Unterstützt wird er von Jürgen Walter (Harthausen). Der Biologe ist für den BUND und weitere Naturschutzverbande tätig: „Den Götterbaum gibt es schon länger in Speyer. Auf Flächen von hohem Naturschutzwert muss man ihn im Auge behalten und so früh wie möglich gegen ihn vorgehen. Er gefährdet den Bestand anderer Arten. Es wäre ratsam, ihn nicht weiter in Gärten und Parks anzupflanzen.“ Im Auwald sei er ihm noch nicht aufgefallen, aber man müsse dort wie in anderen ökologisch wertvollen Flächen rechtzeitig auf ihn achten, so Walter. Steffen Schwendy, bei der Stadt Speyer für die Planung öffentlicher Grün- und Spielflächen zuständig: „Die weiblichen Exemplare produzieren Früchte, die sich massenhaft verteilen. Etwa an der Schifferstadter Straße, in der Nähe des Bauhauses, ist der Götterbaum an den Straßenrändern inzwischen vorherrschend.“ Aufgrund seines außerordentlich schnellen Höhenwachstums von durchschnittlich einem Meter pro Jahr verdränge der Baum zunehmend einheimische Verwandte wie etwa die Eiche, so der Stadt-Mitarbeiter. „Im Baumkataster der Stadt sind zwar nur 15 bis 20 Götterbäume erfasst. Doch das sind nur die großen Bäume“, informiert Schwendy. Die kleineren Exemplare würden von den Stadtgärtnern entfernt.

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