Kreis Südwestpfalz Raumspray, Schießpulver und Putzmittel

Heike Burkhardts Eltern waren auch Apotheker, und sie hat schon als Kind einiges über Heilpflanzen gelernt. Hier zeigt sie einen
Heike Burkhardts Eltern waren auch Apotheker, und sie hat schon als Kind einiges über Heilpflanzen gelernt. Hier zeigt sie einen Acker-Schachtelhalm. Damit hat man früher Zinngeschirr geputzt.

Im Tal bei der Weihermühle wächst Raumspray, Schießpulver und Putzmittel. Was in vielen unscheinbaren Pflanzen am Wegesrand so alles drin steckt, das weiß die Wallhalber Apothekerin Heike Burkhardt. 50 Teilnehmer kamen am Montag zu ihrer naturkundlichen Wanderung am Wasserschaupfad. Drei solcher Wanderungen möchte sie künftig jedes Jahr anbieten – am Wasserschaupfad, am Hausgiebel bei Maßweiler und im Grenzland zu Frankreich.

Heike Burkhardt möchte mit ihrer Tour einen Beitrag für den Umweltschutz leisten, indem sie das Bewusstsein der Leute schärfen will, für das, was meist unbeachtet wächst und doch oft von Nutzen sein kann. Die Wallhalber Apothekerin beschränkte sich nicht auf die Pflanzen und ihre Verwendung, sondern erklärte auch die Besonderheiten der Geologie hier in der Westpfalz. Anschauungsobjekte waren die zahlreichen Felsen im Tal. Nirgendwo sonst grenzt Muschelkalk, wie er auf den Höhen des Westrichs vorkommt, an Buntsandstein, wie er im Pfälzerwald vorherrscht. Die Pflanzenführung hat Burkhardt eingebettet in den Rahmen einer Zeitreise durch die Geologie, wobei das Vorkommen einzelner Pflanzen auch abhängig ist von der Bodenbeschaffenheit. Nicht alle vorgestellten Pflanzen besitzen eine medizinische Wirkung. Zum Beispiel die Breitblättrige Stendelwurz, eine unscheinbare Orchidee, die gerne den Mäharbeiten zum Opfer fällt, weil sie im Bankett des Fahrwegs wächst, oder die Glockenblume: „Die kann nix, die ist nur schön.“ Die Brennnessel ist bekannt, die harntreibende oder Blutreinigende Wirkung eines Brennnesseltees und dass man aus den Blättern ein dem Spinat ähnliches Gemüse zubereiten kann, auch. Dass es aber männliche und weibliche Pflanzen gibt, hörten wohl die meisten zum ersten Mal. Das Pfaffenhütchen wurde früher zur Herzstärkung verwendet. Auch der Fingerhut wird in der Herzmedizin eingesetzt, allerdings nur von Fachleuten in homöopathischen Dosen, sonst ist er tödlich giftig. Der gelb blühende Odermennig hat wundheilende Eigenschaften, kann aber auch bei Magen-Darm-Erkrankungen eingesetzt werden. Die zerriebenen Blätter des Breitwegerichs trägt man bei Mückenstichen und Verletzungen wie Blasen an den Füßen auf. Als Tee wirkt er gegen Husten und Halsentzündungen. Vom Baldrian kennen alle die beruhigende und schlaffördernde Wirkung. Einen Tee kann man sowohl aus der Wurzel, als auch aus der Blüte bereiten. Der Engelwurz wiederum ist bei Magen-Darm-Beschwerden hilfreich. Aber Vorsicht: Hier besteht Verwechslungsgefahr mit dem tödlich giftigen Wasserschierling. Beide sind Doldengewächse, und gerade in dieser Gruppe gibt es einige giftige Arten. Viele Heilpflanzen sind für viele Beschwerden einsetzbar, doch gibt es auch solche, die einen ganz besonderen praktischen Nutzen mitbringen. Das Mädesüß enthält Salicylsäure, bekannt aus dem Arzneimittel Aspirin. Dementsprechend wirkt die Pflanze entzündungshemmend, schmerzlindernd und fiebersenkend. Unsere Vorfahren nutzten das Mädesüß zur Lufterfrischung wie wir heute Raumspray, wie Heike Burkhardt erklärt. Die süß duftenden Blüten wurden in der guten Stube verteilt und am nächsten Tag ausgekehrt. Und der Faulbaum: Die Rinde, die getrocknet und ein Jahr lang gelagert werden muss, findet als Abführmittel Verwendung, und mit der Holzkohle verbrannter Bäume hat man früher Schießpulver hergestellt. Keine Heilwirkung hat der Acker-Schachtelhalm, auch Zinnkraut genannt. Der Beiname verrät es: Die Pflanze hat man zum Putzen von Zinngeschirr verwendet. Möglich macht das die enthaltene Kieselsäure. Am Ziel der Wanderung, im Kessel des Odenbachs, zeigt Heike Burkhardt einen Eichenfarn. Sie kennt nur zwei Standorte in der Umgebung des Wallhalbtals. Der Vertreter der urtümlichen Pflanzenart, die vor Millionen von Jahren, als es noch keine Bäume und Gräser auf der Erde gab, riesengroß wurden, versteckt sich unter einem Felsvorsprung. Heilkräuter sollte man nur für den Hausgebrauch sammeln, rät Heike Burkhardt. „Ich habe es nicht vor“, sagt Hildegard Speicher, Teilnehmerin der Führung aus Herschberg. „Mich interessiert aber, was hier in meinem Hauswald so alles wächst und wie die Leute früher das alles genutzt haben.“ Roland Kennel aus Maßweiler könnte sich vorstellen, mal was auszuprobieren, „um sagen zu können, ob’s hilft oder nicht“. Interessant findet er, wie sich das Wissen um die heilende Wirkung angesammelt hat, und er schätzt die Möglichkeit, bei leichten Erkrankungen nicht gleich auf die „Hämmer“ aus der Apotheke zurückgreifen zu müssen. Selbstverständlich könne man die Heilkräuter auch als Tee in der Apotheke kaufen, sagt Heike Burkhardt. Allerdings sammelt auch sie nicht selbst, sondern bezieht ihre Ware aus kontrolliertem Anbau. Dass sie zur Not aber die benötigten Kräuter selbst sammeln könnte, steht außer Frage. „Meine Eltern waren auch Apotheker, und ich habe schon als Kind einiges über Heilpflanzen gelernt und natürlich später im Studium.“

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