Pirmasens Prunk und Schlichtheit

Architekt Christoph Arnold (links) weiß viel über die Alte Post.
Architekt Christoph Arnold (links) weiß viel über die Alte Post.

Wo einst Kutschen durch die prächtige Kuppelhalle fuhren und unzählige Pakete abgefertigt wurden, wird heute gefeiert und Hochkultur geboten. Interessierte erhielten am Sonntag bei einer Führung mit dem Architekten Christoph Arnold viele Informationen über das denkmalgeschützte Prachtgebäude. Auch Anekdoten gibt es en masse. Eine Stunde lang führte der Mann, der für entscheidende Arbeiten im Forum Alte Post zuständig war, ein Dutzend Architekturbegeisterte durch und rund um das ehemalige königlich-bayrische Postamt.

Heute ist es unvorstellbar, dass früher Kutschen und Fahrzeuge durch die drei großen Portale fuhren, um ins Innere der Post zu gelangen. „Der Eingang war nur vergittert, Fenster gab es keine“, erzählt Christoph Arnold – und die Besucher staunen. Die beiden Skulpturendamen aus Renaissance und Barock an der Fassade verkörpern den einstigen wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt, erzählt der Architekt weiter. Besonders spannend sei der rasante Aufstieg der Alten Post gewesen, die paradoxerweise nur eine kurze Blütezeit genoss, bevor sie eine Ewigkeit auf eine angemessene Umnutzung warten musste. Dank der aufstrebenden Schuhindustrie wurden dort im Jahr 1890 jährlich 400.000 Pakete versandt. 1913 waren es bereits eine Million Pakete und 1925 stieg die Zahl dann sogar auf zwei Millionen Pakete pro Jahr an. Im Jahr 1926 wurde das Post-Gebäude zugunsten der neuen Hauptpost im Bauhausstil aufgegeben. Es wurde zum Fernmeldeamt mit Kraftpost, nach Arnolds Kenntnisstand einem der größten Standorte deutschlandweit. Der Prachtbau, der von 1891 bis 1893 erbaut wurde, kostete seinerzeit laut überlieferter Kalkulation 237.000 Deutsche Mark. Das Budget der Sanierung umfasste schließlich 12,8 Millionen Euro. Davon trug die Stadt Pirmasens 20 Prozent der Kosten, der Rest kam aus der Landeskasse, informierte Arnold, der die Rolle von Elisabeth Hoffmann betonte, nach der der Kuppelsaal benannt ist. Weil sie ihr gesamtes Vermögen der Stadt vermachte, konnte mit diesem Budget fast der städtische Anteil bezahlt werden. Die Stadt erbte damals laut Arnold doppelt, weil eine Schweizer Bank ein anonymes Schließfach mit Elisabeth Hoffmann in Verbindung brachte, das in das Erbe an die Stadt mit einfloss. „Das Schließfach war voller Goldbarren“, verriet Christoph Arnold. Das Vermächtnis sei so um einige hunderttausend Deutsche Mark gestiegen. „Das Gebäude wirkt zwar massiv, ist in sich aber durchaus filigran“, benennt Arnold eine der größten Überraschungen der Umbauphase. Die Platten an der Prunkfassade zum Joseph-Krekeler-Platz seien zwar statisch einwandfrei, aber in sich gar nicht so wuchtig, wie sie wirkten. Das gelte auch für das reliefartige Löwenpaar, das nicht mehr auf dem Portal thront, sondern im Eingangsbereich im Freien seinen Platz gefunden hat. Besonders freue ihn der gelungene Dialog von Alt und Neu, von Prunk und Schlichtheit, der durch den Glasanbau betont werde, in dem sogar die Treppen aus Glas seien, und der mit seiner „eingehausten Treppe“ auch dem Brandschutz gerecht werde. Eine der größten Überraschungen sei die aufwendige Stuckdecke gewesen, die das heutige Trauzimmer schmückt. „Dabei hat man das Kleinod zufällig gefunden, als die Zwischendecke herausgenommen wurde“, erzählt Arnold, dessen Urgroßvater in gewisser Weise auch schon mit dem Umbau zu tun hatte. Sein Name fand sich in den Unterlagen. Der Stuckateurmeister hatte an einer Ausschreibung teilgenommen, aber den Auftrag nicht bekommen.

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