Pirmasens Pirmasenser Künstler Oss Kröher wird 90 Jahre alt

Ohne Schirm und Melone, aber mit viel Charme und der Klampfe unterhielt Oss Kröher im Juni sein Publikum in der Frankfurter „Brotfabrik“.

Anlass für seinen Auftritt war eine Lesung aus dem Morgenland-Buch, das er vor 20 Jahren herausgegeben hat. Wie Oss das Publikum immer noch fasziniert, beweist ein kleiner Film, den die Organisatoren von der Veranstaltung mitgeschnitten haben. Chapeau. Dabei steht der Mann kurz vor seinem 90. Geburtstag, den er am Sonntag feiern kann. Es berührt ihn allerdings tief, dass sich zu der Freude der Schmerz über den Tod seines Zwillingsbruders gesellt, von dem er im vergangenen Jahr Abschied nehmen musste. Den Tod seines Zwillingsbruders Heinrich im Februar 2016 habe er nicht so einfach wegstecken können, wie er es anfangs geglaubt hat, gestand Oss Kröher in der RHEINPFALZ-Sommerredaktion im vergangenen Jahr ein. Die Trauer habe sich im Unterbewusstsein abgespielt und auch zu temporären gesundheitlichen Problemen geführt.

Enge Bindung an Heimatstadt

Aber entmutigen ließ er sich nicht. Er spricht vom Singen mit seinem Bruder, „durch das wir uns verwirklichen konnten“, von seinen Büchern, die zum Teil im renommierten Klett-Verlag erschienen sind – und immer wieder von seiner Heimatstadt Pirmasens. In seinem 1994 herausgegebenen Buch „Mein Pirmasens“ beschreibt Oss die enge Bindung an seine Heimatstadt: „Hier kamen meine Kinder auf die Welt, liegen meine Vorfahren und mancher Freund begraben. Hier in Pirmasens lernte ich die ersten Lieder aus dem Munde meiner Mutter und dem der Schwester, später von älteren Kameraden aus der Bündischen Jugend... Weil wir auf weltweiten Gastspielreisen viele Städte kennenlernten, weiß ich, wie schön unsere Heimat ist. ..“

Familie steht vor dem Nichts

Von den Nazis um die Jugend betrogen, im Krieg verwundet und nach der Gefangenschaft in eine weithin zerbombte Stadt zurückgekehrt, stehen Oss und sein Bruder sowie auch die gesamte Familie vor dem blanken Nichts. Der Vater ist und bleibt arbeitslos, die Mutter stirbt zwei Jahre nach dem Krieg. Die Brüder holen erst mal ihr Abitur nach und schlagen sich dann zwei Jahre durch. Oskar wird nach Wanderjahren, die ihn zusammen mit seinem Freund Gustav Pfirrmann „vom Rhein zum Ganges“ führen, schließlich Lehrer. Dem Lied der frühen Jahre bleibt das Gesangs-Duo Hein und Oss treu – auch in Zeiten, in denen deutsche Lieder nicht viel gelten. Zugleich erweitert sich der musikalische Horizont: der amerikanische Soldatensender AFN bringt Ende der 40-er, Anfang der 50-er Jahre bis dahin unerhörtes Klanggut in die Südwestpfalz. Und mit dem AFN kommt auch der Folk nach Deutschland. Volkslied als Lied des Volkes, des einfachen Mannes, das wird in der Ära der Liedermacher wie Hannes Wader oder Franz-Josef Degenhardt auch in Deutschland populär. Zusammen mit dem Genre werden auch die Zwillingsbrüder populär.

Künstler aus ganz Europa

Hein und Oss gehören zu den Gründervätern des „Festival Chanson Folklore International“ auf Burg Waldeck. Unter einer europäischen Idee traten dort seit 1964 Künstlerinnen und Künstler auf, die aus ganz Europa kamen und aus den USA und nicht zuletzt auch aus Deutschland. Joana, deutsche Sängerin, Liedermacherin und Moderatorin, würdigte die Leistung der beiden Pirmasenser mit dem Satz: „Nach Irrungen und Wirrungen galt es für die Brüder Pionierarbeit zu leisten, mitzuarbeiten am Wiederaufbau und vor allem am Aufbau der Grundwerte für eine demokratische Gesellschaft, für ein lebendiges Europa. Lieder haben immer wieder dabei mitgeholfen.“

Bundesverdienstkreuz für künstlerisches Schaffen

Der Bundespräsident verlieh dem Duo das Bundesverdienstkreuz für ihr künstlerisches Schaffen. Vom Land Rheinland-Pfalz erhielten sie den Verdienstorden. Die Stadt Pirmasens zeichnete die beiden mit der silbernen und goldenen Ehrenplakette aus und und und... Der Mindener Kreis, ein Zusammenschluss von Angehörigen der Vor- und Nachkriegsjungenschaften, widmet dem Jubilar die Nummer seiner Schriftenreihe anlässlich des 90. Geburtstages des Volkssängers, Liedermachers, Liedersammlers, Wegbereiters des neuen Singens, Kolumnisten, aktiven Naturfreundes und Geschichtenerzählers.