Pirmasens Nach vier Stunden „Hells Bells“ als Krönung

Grell geschminkt wie die Originale sind die Musiker der „Kiss“-Tributeband „Kiss Forever“ beim Konzert auf der Lemberger Burg.
Grell geschminkt wie die Originale sind die Musiker der »Kiss«-Tributeband »Kiss Forever« beim Konzert auf der Lemberger Burg.

Burg Lemberg von „Kiss Forever“ und „Sin City“ in den Grundfesten erschüttert

Das zweite Konzertwochenende des „Burg Lemberg Open Airs“ war ein Feiertag für die Hard-Rock-Fans aus der Region. Denn mit „Kiss Forever“ aus Ungarn und „Sin City“ aus Zweibrücken waren immens erfahrene und zudem sehr populäre Tribute Bands angekündigt. 500 Rockmusikfreunde fanden den Weg in die um das Jahr 1200 errichtete Burg in 458 Metern Höhe. Die Originalband „Kiss“ ist seit ihrer Gründung 1973 in New York ununterbrochen aktiv und zählt mit über 100 Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten Rockbands weltweit. Die Mitglieder fallen durch ihre Kostüme auf und zeigten sich bis 1983 in der Öffentlichkeit nur geschminkt, wobei jedes Bandmitglied eine eigene, festgelegte Schminkmaske hat, bezeichnet als Demon, Starchild, Spaceman und Catman.

Holpriges Zusammenspiel

Gegen 20.30 Uhr betraten auf der Burg die Musiker von „Kiss Forever“ in theatralischer Manier die Bühne – allein das war schon fast das Eintrittsgeld wert. Nach der Begrüßung der Besucher wurde zum Auftakt „Psycho Circus“ gespielt. Dieser Auftakt war jedoch soundtechnisch sowie instrumental erstaunlich unausgegoren und enttäuschend. Die Bassgitarre war viel zu laut, das Zusammenspiel der vier Musiker war holprig und die Gitarren tönten viel zu knarzig aus den Lautsprechern. Naturgemäß kann der Gesang eines Könners wie Paul Stanley von Vári „Starchild“ Zoltán nicht erreicht werden, doch er bekam die wohlbekannte Phrasierung „Starchilds“ im Laufe des Gigs ordentlich hin und auch Sound und Spiel besserten sich. Sein gesangliches Pendant Pocky „The Demon“, in der Rolle von Gene Simmons hingegen, reichte auch stimmlich ziemlich nahe an Simmons heran, ganz zu schweigen von seinem extrovertierten Bühnengehabe, das auch das Original heutzutage im Alter von 68 Jahren nicht mehr besser hinbekommt. Vervollständigt wird das ungarische Quartett von Márothy „Space Ace“ Zoltán als Kopie von Ace Frehley und Radek „Catman“ Zikl in der Rolle von Ur-Schlagzeuger Peter Criss.

Versöhnlicher Konzertabschluss

Leider hatten „Kiss Forever“ und ihr Soundmixer nicht die allerbeste Tagesform mit nach Lemberg gebracht und auch die Zusammenstellung der Songliste war etwas enttäuschend. Bei der Masse exzellenter Songs, die „Kiss“ bis dato komponiert hat, mutet es schon befremdlich an, höchst mittelmäßige Nummern wie „Deuce“, „Domino“, „Firehouse“ und „Calling Dr. Love“ an den Konzertanfang zu packen. Eigentlich ging es erst ab „C’mon And Love Me“ so richtig los mit den Hits. Normalerweise legt man als clevere Gruppe direkt mit drei oder vier Knüllern los, damit die Stimmung unmittelbar angeheizt wird. Nicht so die Ungarn, die jedoch mit authentischen Outfits, Instrumenten und einem großen Bewegungsradius auf der Bühne überzeugten. Schlussendlich verfehlten Klassiker wie „Crazy Nights“, „I Love It Loud“, „Gods Of Thunder“ und „Lick It Up“ aber keineswegs ihre Wirkung bei den gut gelaunten Fans. Auch die beiden Top-Zugaben „I Was Made For Lovin’ You“ und „Rock’n’Roll All Night“ sorgten für einen versöhnlichen und mit viel Beifall bedachten Konzertabschluss.

Schweizer Uhrwerk

Die „AC/DC“-Coverband „Sin City“, die zweite Band des Abends, spielt in einer höheren Liga als „Kiss Forever“. Dies machte der direkte Vergleich bei dem Open Air mehr als deutlich. Auch bei der Gestaltung der Songliste setzten sie neben den starken eigenen Liedern wie „Harder Than A Stone“ und „Tires On Fire“ vom aktuellen Album „Th13teen“ voll und ganz auf die größten Hits der Vorbilder aus Australien. So war schon der Einstieg mit „Hell Ain’t No Bad Place To Be“ vom „Let There Be Rock“-Album aus dem Jahr 1977 einen echter Knüller, bevor ab dem genialen „Shoot To Thrill“ und dem unverwüstlichen „Dirty Deeds Done Dirt Cheap“ der Stimmungspegel auf und vor der Bühne stetig anstieg. „Sin City“ präsentierte sich als eine derart eingespielte Einheit, dass schon ein Schweizer Uhrwerk als Vergleich herhalten muss.

Ausgelaugt, aber hochzufrieden

Lars Lunova trieb die Band mit seinem punktgenauen und dynamischen Schlagzeug-Spiel im Zusammenwirken mit dem grundsoliden Bassisten Patrik Apel unermüdlich nach vorne. Das Gitarrendoppel Jürgen Gegner und Frank Seiler versteht sich wie einst die Young-Brüder bei „AC/DC“ nahezu blind und Porty Portner singt mit seinem rauen, kraftvollen Organ einen Brian Johnson nun schon seit vielen Jahren locker an die Wand. Auch in der Bühnenpräsenz ist er ein absolut charismatischer Frontmann, der die Fans jederzeit fest im Griff hat. Letztlich servierte „Sin City“ mit dem grandiosen „Hells Bells“ und dem lediglich „AC/DC“-Insidern bekannten „Up To My Neck In You“ zwei Zugaben, die es wahrlich in sich hatten und die Anhänger von harter Rockmusik nach fast vier Stunden ausgelaugt aber hochzufrieden zurückließ. Und so war auch der dritte Teil des „Burg Lemberg Open Air“, was die Grundpfeiler Publikumsresonanz, Performance der Bands, Wetter und die Organisation betrifft, abermals ein voller Erfolg.

Und die Pfälzer Fans tun es ihnen gleich.
Und die Pfälzer Fans tun es ihnen gleich.
x