Rheinpfalz „Mein Lebensgefährte kocht“

Erst mal arbeiten und mit den Mitarbeitern feiern. Und gestern Abend schön essen mit Lebensgefährte Volker Krebs. So sieht das G
Erst mal arbeiten und mit den Mitarbeitern feiern. Und gestern Abend schön essen mit Lebensgefährte Volker Krebs. So sieht das Geburtstagsprogramm von Theresia Riedmaier aus.
„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an ...“, singt Udo Jürgens. Mit 65 Jahren fängt jetzt für Sie ein neues Leben an. Nach 20 Jahren werden Sie keine Landrätin mehr sein. Welches Gefühl haben Sie, wenn Sie daran denken?

Ein gutes. Und ich habe ganz stark das Gefühl, dass es genau passt. Es war eine bewusste Entscheidung, wenn auch gesundheitsbedingt nicht ganz freiwillig. Aber ich erkenne, es ist richtig, dass ich die Entscheidung getroffen habe. Sie sind in einem kleinen bayerischen Dorf aufgewachsen – sozusagen zwischen Kühen und Kirche. Hätten Sie damit gerechnet, dass Sie einmal 350 Kilometer entfernt einen ganzen Kreis führen würden, Chefin von 500 Mitarbeitern sein würden? Nein, überhaupt nicht. Und ich denke auch oft, dass ich großes Glück hatte. Ich konnte viel gestalten und ich habe viele Möglichkeiten und Chancen gehabt. Und einige davon habe ich genutzt. Meine Mutter hat mir immer mitgegeben, dass es wichtig ist, einen guten Beruf zu erlernen. Lernen, Abschluss machen, berufstätig sein, unabhängig sein. Diese Haltung meiner Mutter war zu der Zeit etwas Außergewöhnliches. In meinem Kopf war schon der Weg: Beruf, heiraten, Kinder bekommen. Dass es dann ganz anders geworden ist, war weder geplant noch erwartbar; dafür bin ich aber sehr dankbar. Die Pfalz ist für Sie schon lange zu einer zweiten Heimat geworden. Aber Ihr Herz hängt sicherlich noch an Bayern. Gibt es Momente mit Heimweh? Einen Geruch, einen Geschmack, den Sie vermissen? Ja. Ich bin in einer Hopfengegend aufgewachsen – Hallertau, Holledau. Dieser Geruch von Hopfen und von Feldern, das ist etwas, das ich ganz stark mit meiner Heimat und meiner Kindheit verbinde. Ich bin hier Weinliebhaberin geworden, aber ab und zu trinke ich eine Radler. Und bei diesem Hopfengeruch im Bier, da fühle ich mich sofort zurückversetzt. Da kommt so ein Gefühl von wirklicher Heimat. Sie sind die wohl meist fotografierte Frau in SÜW. Kann man da auch mal in Jogginghose zum Bäcker gehen oder sind sie immer so adrett gekleidet? Nee. Wenn ich Freizeit habe, bin ich ganz locker gekleidet. Ich trage gerne Jeans oder Jeansrock. Sie leiten die Verwaltung, halten Sitzungen, sind bei Terminen unterwegs – wie lange ist eigentlich Ihr durchschnittlicher Arbeitstag? Frühstück und Zeitung lesen mache ich gegen 7 Uhr, etwa um 8 Uhr bin ich im Amt. Dann bin ich oft bis 21, 22 Uhr unterwegs. Das ist nicht jeden Tag so, manchmal komme ich auch um 19 Uhr heim. Oft nehme ich dann Sachen mit nach Hause, weil noch viele Unterschriften zu erledigen sind. Bei solch langen Arbeitstagen: Schwingen Sie zu Hause selbst den Kochlöffel oder bleibt dafür keine Zeit? Nein, das mache ich nicht. Ich habe zum Glück einen Lebensgefährten, der gut und gerne kocht. Und wenn ich heimkomme, esse ich mit, was er gekocht hat. Und ich esse das immer gerne. Wenn ich koche, dann nur am Wochenende. Dann mache ich auch Frühstück, das ist meine Aufgabe. Oder ich koche, wenn Freunde kommen. Aber das ist leider selten. Und was ist Ihr Lieblingsgericht? Das wenige, was ich kochen kann und gut mache, ist Schweinebraten mit Semmelknödeln. Typisch bayerisch. Was ich auch mag, ist Ratatouille. Ich esse gerne Gemüse. Ihr Lebensgefährte ist der Künstler Volker Krebs. Gibt es eine Statur von Ihnen oder die Ihnen gewidmet ist? Ja. Es gibt eine, die heißt „Die Tanzenden“. Das ist eine sehr schöne Doppelfigur – Frau und Mann, aus weißem Marmor. Das sind wir als Paar. Die habe ich mal zu Weihnachten von ihm geschenkt bekommen. Kiffen, klauen, Tattoo stechen – waren Sie immer brav oder haben Sie auch mal was Ungezogenes getan?“ Diese drei Dinge: nie. Meine Mutter sagte oft, ich sei ein widerspenstiges Mädchen gewesen. Mein Kommentar dazu: Bei vier Brüdern kein Wunder. In der Schule wurde ich eher als strebsam und angepasst gesehen. Etwas wildere Zeiten kamen dann, als ich vom Dorf in die Stadt umzog und in die politische Szenerie mit Jugendzentrum, Bürgerinitiative gegen den Großflughafen München, Jusos, Frauentreff eintauchte. Es hat mir nicht geschadet. Mozart, Helene Fischer oder AC/DC - was hören Sie eigentlich privat so für Musik? Ich höre sehr gerne klassische Musik, und ich gehe auch gerne zu Konzerten. Ich habe zu Hause eine große Sammlung von Anne-Sophie Mutter über Nigel Kennedy, Vivaldi, Mozart, Bach. Ich habe ein sehr eindrückliches Konzert von Pinchas Zukermann in Karlsruhe in Erinnerung. Er hat Mozart gespielt. Ich habe mir die CD gekauft und kann mich so immer wieder an das Konzert erinnern. Wenn ich zu Hause bin, an einem gemütlichen Sonntagvormittag, höre ich immer klassische Musik. Sehr gerne mag ich auch Sol Gabetta, eine wunderbare Cellistin, die unbekannte Kompositionen von Vivaldi spielt. Ich habe einige CDs von ihr und viele Konzerte besucht. Von ihr bin ich sehr begeistert. Sie haben sich damals hier in einer noch ziemlich verkrusteten Männerwelt durchgesetzt. War das anfangs schwierig? Ich fand es nicht schwierig. Ich war vorher im Landtag und Mitglied einer Fraktion. Da waren wir mehr Frauen, man ist nicht nur auf sich gestellt. Aber dieses selbstständige Arbeiten und Entscheiden und in einem Team zu wirken, das kannte ich. Was für mich wirklich neu war, war Verwaltung. Da gab es auch einige Vorbehalte hier im Haus. Ich glaube, viele haben mir nicht zugetraut, dass ich eine Verwaltung führen kann. Und ich hatte, ehrlich gesagt, auch großen Respekt davor. Heute kann ich sagen, das Schwierigste in einer solchen Führungsposition ist es, die richtigen Personalentscheidungen zu treffen. Da muss man sich richtig mit befassen, und trotzdem kann es sein, dass man die falsche Entscheidung trifft. Verwaltung zu lernen, das habe ich mir gleich am Anfang vorgenommen. Ich habe im ersten Jahr wirklich nächtelang gearbeitet. Und ich habe alles gelesen, was bei mir auf den Schreibtisch kam. Jede Akte. Das hatte die Vorteile: Erstens habe ich viel gelernt, zweitens wusste ich, was ich unterschreibe und drittens wussten die Mitarbeiter: Die liest alles, und es kann sein, dass man ihr begründen muss, warum diese Empfehlung auf dem Vermerk steht. Aus diesem Dialog habe ich viel gelernt – wie die Mitarbeiter arbeiten, denken. Das war die beste Lehrzeit, die ich mir verordnen konnte. Es war eine harte Zeit – ich bin oft nach Mitternacht hier raus – aber es hat sich absolut gelohnt. Sie haben viel gelesen, haben Sie gesagt. Und wer Sie kennt, weiß auch: Sie haben sich das alles gemerkt. Eine ganz faszinierende Eigenschaft von Ihnen ist nämlich, dass Sie ein Gedächtnis wie ein Elefant haben. Sie können sich Namen, Dokumente, Ereignisse merken – ganz schnell abgespeichert und für immer verankert. Macht das den Menschen Angst? Ich weiß nicht, das könnte schon sein. Manche verlassen sich aber auch darauf, dass ich es schon weiß. Ich denke, darüber habe ich mir guten Respekt erarbeiten können. Es hilft wirklich sehr, dass ich dieses Talent habe. Damit muss man nicht angeben. Andere Menschen haben andere Talente. Aber so passt das. Sie haben aber noch ein weiteres Talent: Sie sind eine begnadete Rednerin. Sie sprechen frei, gehen auf Vorredner ein und kommen schnell auf den Punkt. Wie machen Sie das? Ich bekomme schon eine Vorbereitung. Keine fertige Rede, aber Vermerke zum Thema. Und dann ist es einfach Arbeit. Ich lese die Vermerke. Dann überlege ich, nach welcher Struktur ich vorgehe. Was möchte ich sagen und wie bringe ich es auf den Punkt? Es wirkt so, als wäre es spontan – bei leichteren Sachen ist es auch spontan – aber ich habe mittlerweile eine große Übung. Ich denke vorher darüber nach: Was ist meine Botschaft? Mir war es immer wichtig, das zu lernen, um den Menschen etwas sagen zu können, mit dem sie auch etwas anfangen können. Ich habe in meinen fast sieben Jahren als Abgeordnete so oft Grußwort- und Festredner erlebt. Dabei verging Zeit, es verging viel Zeit, und am Ende blieb die Frage: Was habe ich mitgenommen? Ich fand, die Bilanz war oft zu wenig. Deswegen habe ich mir vorgenommen, als ich in der Situation war, dass ich die Menschen erreichen, sie nicht langweilen möchte und dass sie den ein oder anderen Gedanken mitnehmen. Das ist mein Anspruch. | Interview: Judith Hörle

x