Rheinpfalz „Luxus ist nicht nötig“

Huckepack: Einen Miniwohnwagen hat Hille auf seine Ape gebaut. Auf Luxus will er im Urlaub eh verzichten, eine selbstgebaute Dus
Huckepack: Einen Miniwohnwagen hat Hille auf seine Ape gebaut. Auf Luxus will er im Urlaub eh verzichten, eine selbstgebaute Dusche mit Flusswasser reicht da völlig aus.

Rainer Hille ist leidenschaftlicher Bastler. Wenn ihn die Abenteuerlust überkommt, überquert er mit seiner elf Pferdestärken „flotten Biene“, einem Umbau der Piaggio Ape, schon mal die Alpen. 2500 Kilometer legte der Enkenbacher im Mai mit dem eher gemütlichen Gefährt zurück.

„Weil ich so langsam bin, kann ich mir alles schön betrachten“, schwärmt Hille. „Diese Fahrten sind für mich Urlaub und Hobby zugleich“. Der 53-jährige hat seine Leidenschaft für die italienische „Biene“ entdeckt, denn das bedeutet „Ape“ auf Deutsch. Als „fleißiges Bienchen“ oder „Lastesel“ ist das auch „Vespacar“ genannte Nutzfahrzeug ursprünglich konzipiert worden. „Ich habe schon immer mit einem Minifahrzeug geliebäugelt“, bekennt der gelernte Kraftfahrzeugmechaniker. Vor 15 Jahren sieht er diese Art von Kleintransporter zum ersten Mal bei Bekannten. „Weil er so extrem klein ist, hat er etwas Besonderes.“ Hille erfährt von einem Unfallfahrzeug der Mainzer Uni, das mit einem Fahrradständer kollidiert war, einen Frontschaden aufwies und günstig erstanden werden konnte. „Eigentlich wollte ich es nur notdürftig reparieren. Um mit den Hunden auf der Ladefläche in den Wald zu fahren oder Grünabfall wegzubringen“, erinnert er sich. Doch es kam anders: „Das ist bei mir immer so“, erzählt er grinsend. Der Kastenaufbau wird abgesägt, Bordwände drangesetzt. Zuhause in seiner Hobbywerkstatt nimmt das Gefährt alsbald Gestalt an. Im Internet findet Hille letztlich die durchschlagende Idee: Das Gefährt wird zu einer Art Miniwohnmobil umgebaut. Als Aufsatz dient ein Detleffsen Miniglobe. Das Chassis dieses Miniwohnwagens ist von der Größe her wie für die Ladefläche der Ape gemacht. Ein „richtiges Bett“, 90 auf 200 Zentimeter, ist fast schon der Gipfel an Luxus, auf den er ansonsten im Urlaub bewusst verzichten wolle. Hille baut sich selbst eine Dusche, für die ein Plastikkanister – mit Flusswasser – als Wasserreservoir dient. Eine Zwölf-Volt-Pumpe, gespeist aus dem Zigarettenanzünder, und ein Brausekopf, der bei Bedarf an der Außenwand des Chassis’ aufgehängt wird, komplettieren die „sanitäre Einrichtung“. Die Produktion der Piaggio Ape wurde Ende 2016 eingestellt. Die Zweitakter erfüllen nicht mehr die Anforderungen der Abgasnorm. „Sie stinken und knattern“, gibt der Bastler unumwunden zu. Ein Benzin-Öl-Gemisch dient als Treibstoff. „Die festen Kosten für das kleine Fahrzeug sind enorm. Versicherung und Steuern auch nicht billig“, räumt Hille ein. Dennoch überwiegt bei ihm die Faszination der Fortbewegung mit der Ape. „Man erkennt, worauf es im Leben ankommt. Wert hat, was kein Geld kostet. Luxus ist nicht nötig.“ Vor zwei Jahren im August 2015, wollte Hille zu seiner ersten Tour in den Süden aufbrechen, musste sie jedoch aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. 2016 startete er zu seiner ersten größeren Tour über den St.-Bernhard-Pass nach Italien ans Mittelmeer. Im Mai dieses Jahres ging es dann vom Bodensee über Meran, Genua, Nizza, St. Tropez, Monte Carlo und durch die Provence zurück. Zehn Tage dauerte die Fahrt. Genua sei „der absolute Horror“. Verkehr ohne Regeln, Gefahr lauere an jeder Ecke. Deshalb nahm er in diesem Jahr sicherheitshalber den Montblanc-Tunnel. „Ich bin so langsam. Das ist besonders an Steigungen gefährlich, wenn Lkw überholen wollen.“ Einziger Wermutstropfen seiner Ape sei, dass sie keine passive Sicherheit bei Unfällen biete. Einige brenzlige Situationen habe er bereits erlebt. Froh, dem Alltagsstress zu entkommen, genießt er die Landschaft. „Davon zehre ich.“ Viele nette Begegnungen hat Hille auf seinen Fahrten erlebt. „Es hupt niemand, weil ich so langsam bin. Im Gegenteil: Daumen hoch, winken, Fotos machen – die Leute finden mich in meinem Vehikel sympathisch.“ Seine Frau Renate unterstützt ihn bei seinem Hobby. Doch selbst dabei sein möchte weder sie noch Sohn Ralf. Während der Abenteurer auf die Hupe drückt und durchdringend laut „La Cucaracha“ ertönt, erzählt er von seinen Plänen für die nächste, größere Tour. Das schottische Hochland spukt ihm bereits im Kopf herum.

x