Pirmasens Emotionaler Spaziergang

Das für einen Abend entstandene Sextett tauchte in Musik und Atmosphäre ein, so dass der Funke auf das Publikum übersprang.
Das für einen Abend entstandene Sextett tauchte in Musik und Atmosphäre ein, so dass der Funke auf das Publikum übersprang.

Das Quartett Le Quatuor Debussy, Jean-Louis Rassinfosse und Jean-Philippe Collard-Neven traten am Freitagabend den Beweis an, dass man klassische Musik und Jazz wunderbar kombinieren kann. Das Konzert war ein sensationelles Musikereignis, weil die Musiker mit musikalischen Genres brillant jonglieren und ihr Publikum mit auf einen emotionalen Spaziergang nehmen: zwischen Realität und Emotion sowie zwischen klassischer Musik und Jazz. 150 Musikliebhaber waren am Freitagabend in die Kirche in Schorbach gekommen und haben das Konzert in vollen Zügen genossen.

Das Quartett Le Quatuor Debussy benennt sich nach dem französischen Komponisten Claude Debussy (1862-1918), einem der Hauptvertreter des musikalischen Impressionismus, für den es ein musikalisches Anliegen war, äußere Umstände in einen inneren Ausdruck zu verwandeln. Und genau diese Fähigkeit beherrschen Christophe Collette und Marc Vieillefon an der Violine, Vincent Deprecq an der Bratsche und Cellist Cédric Conchon mit Bravour. Dies wird gleich beim ersten Musikstück deutlich, mit dem das Streicherensemble den Konzertabend eröffnete. Und das, obwohl die Musiker Haydn Opus 51 ausgewählt haben, das arrangiert von ihnen „Seven last words“ heißt. Es sind die ausdrucksvollen Tempiwechsel, die das Spiel der vier Musiker aus Lyon ausmachen. Klingt ihre Musik in einem Moment noch energiegeladen und energisch, was die Vier von Le Quatuor Debussy durch Zupfen der Saiten erreichen, wechselt sie im Nu hin zu geschmeidigen Tönen, die die Seele ruhen lassen, um dann wieder flirrend aufzuleuchten. Mit „Autour de Maurice“, ein Stück nach einer Komposition von Maurice Ravel (1875-1937), kommt Bewegung ins Spiel. Die Streicher hält es sogar nicht mehr auf den Stühlen. Im Stand lassen sie ihre Instrumente mit dem Geigenbogen erzittern, bevor das belgische Duo mit jazzigen Klängen den Ausflug in die klassische Musik beendet. Gemeinsam steigern die Musiker Geschwindigkeit und Intensität, schwenken in langsame harmonische Töne und das Duo spielt in Jazzmanier einen Solopart. Dann setzen die Streicher wieder ein. Sie zupfen die Saiten, erzeugen durch flimmernde Töne einen schwebenden, jazzigen Rhythmus, ja sie scheinen zu säuseln wie ein Windhauch. Ein wahres Wechselbad der Gefühle. Der 1952 in Brüssel geborene Kontrabassist Jean-Louis Rassinfosse gilt als großer Lyriker der europäischen Jazzszene. Er bereicherte das Konzert mit seinem „Walking Bass“, mit dem er eine rhythmische Linie vorgibt. Er spielte im Laufe seiner Karriere mit Jazzmusikern wie Toots Thielemans, Jacques Pelzer, Fats Sadi, Philip Catherine, Michel Herr und Steve Houben. International bekannt wurde er in den 70er-Jahren als Begleiter von Chet Baker, mit dem er zehn Jahre lang tourte und sechs Alben einspielte. Auch wirkte er in den Bands von Michel Petrucciani, Joe Henderson, Pepper Adams und Archie Shepp. Er lehrt am Brüsseler Konservatorium. Kopf der zum Sextett vereinten Musiker ist der 1975 geborene Pianist und Komponist Jean-Philippe Collard-Neven, der auch die Stücke für die Formation arrangiert hat. Er bewegt sich zwischen Klassik, Jazz, zeitgenössischer Musik, Chanson und Filmmusik. Und das spürt man. Oft fühlt man sich wie in einem französischen Film der Novelle Vague, fühlt sich leicht und unbeschwert. Seine Stücke tragen Namen wie „Etoile filante“ (Sternschnuppe), „Filigrane“ und „A kiss by the sea“. Die klangsinnliche Qualität verwundert daher kaum. Doch sie ergreift die Konzertbesucher ganz und gar, weil Collard-Neven mit seiner Musik Geschichten erzählt. Geschichten, die in den Köpfen durch sinnliche Musik entsteht. Manchmal erinnern die Stücke des Sextetts an die minimalistische Musik von Michael Nyman, die bei Le Quatuor Debussy, Jean-Louis Rassinfosse und Jean-Philippe Collard-Neven allerdings mit der vollen Harmonie der Streicher bereichert wird. Für das großartig gelungene Konzert war letztendlich auch der Konzertsaal, die Kirche im lothringischen Schorbach, von großer Bedeutung. Denn die mittelalterlichen Gemäuer lieferten einen wunderbaren Klangkörper. Eine solch optimale Akustik hört man selten. Ein brillantes Konzert mit exzellenten Musikern – zum Eintauchen schön. So schön, dass die sechs Musiker Mühe hatten, das Konzert zu beenden. Zwei Zugaben gewährten sie ihrem begeisterten Publikum, das den Abend nach dem Konzert bei einem kleinen Empfang im Foyer der Schule ausklingen ließ.

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