Speyer Ein Professor für 102 Studenten

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Landau. Die Universität Landau thront auf einem Hügel über der Stadt. Und doch ist die Hochschule untrennbar mit dem Ort verbunden: Studenten tingeln durch die Innenstadt, füllen die Radwege und Kneipen, überfluten Jahr für Jahr den Wohnungsmarkt – und es werden immer mehr. Doch wie steht es um das Innenleben der Institution? Probleme, wohin man schaut. Seit drei Jahren ist die Universität Koblenz-Landau die zweitgrößte im Land. Mit 16.461 Studenten liegt sie deutlich hinter der Uni in Mainz (32.407), aber vor Trier (13.192) und Kaiserslautern (14.450, davon zirka 4000 Fernstudenten). Trier hat seit 2012 etwa 2000 Studenten verloren – Koblenz-Landau hat fast 2500 hinzugewonnen. Dieser Trend setzt sich fort: Die Doppeluni steigerte ihre Studienanfängerzahl zum Wintersemester um 21 Prozent. Das Statistische Landesamt schreibt dazu Ende November: „Zum Anstieg der neu eingeschriebenen Studierenden (Anmerkung der Redaktion: in ganz Rheinland-Pfalz) trägt im Wesentlichen die Universität Koblenz-Landau bei.“ Der Leiter der Hochschulverwaltung, Kanzler Michael Ludewig, mit Sitz am Verwaltungsstandort in Mainz, hält nichts davon, sich mit den Unis Mainz oder Kaiserslautern zu vergleichen. Mainz hat eine Uniklinik, Kaiserslautern ist eine Technische Universität. Die Kosten in den Naturwissenschaften und im Technikbereich sind wesentlich höher. Den Vergleich mit Trier hält Ludewig dagegen für angemessen. Beide Hochschulen hätten ungefähr die gleiche Größe, und das Verhältnis von Geisteswissenschaftlern zu Naturwissenschaftlern sei ähnlich. Aber: Die Ausstattung der Doppel-Uni hält dem Vergleich bei Weitem nicht stand. Dabei steht der Verwaltung derzeit noch genügend Geld zur Verfügung. Das Land legt der Unileitung 60 Millionen Euro in die Kasse. Eigentlich 55 Millionen, denn fünf Millionen Euro muss die Uni selbst einwerben. Diese kommen meist von der Wirtschaft, in deren Auftrag die Forschungseinrichtung Projekte übernimmt. Dabei ist sie sehr erfolgreich: Koblenz-Landau warb 2014 knapp 16 Millionen durch Aufträge ein. Eine Steigerung von knapp 20 Prozent gegenüber 2013, über eine Million Euro mehr als Trier. Ein Landauer Professor brachte im Schnitt rund 20.000 Euro mehr Drittmittel ein als ein Trierer Kollege. Doch die Drittmittel sind ein „durchlaufender Posten“, wie Ludewig erklärt: Solche Einnahmen würden wieder in die Aufträge investiert. Über den Hochschulpakt des Bundes bekommt die Uni zusätzlich eine Kopfpauschale von 13.000 Euro pro Student, die vom Land um 1000 Euro für Geisteswissenschaftler und 9000 Euro pro Naturwissenschaftler aufgestockt wird. Ludewig sieht darin – im Gegensatz zur intransparenten Grundfinanzierung – einen Vorteil: „Zumindest weiß ich hier genau, was ich tun muss, um Geld zu bekommen.“ 2016 wurden so knapp 21 Millionen Euro eingenommen. Der Betrag werde in den kommenden beiden Jahren recht stabil bleiben, erwartet der Kanzler. Doch der Hochschulpakt läuft 2020 aus. Die Förderung wird in Raten ausgezahlt, 2023 kommt die „letzte Rate für die letzte Kohorte“, sagt Ludewig. Aber Geld alleine behebt die Probleme nicht, denn die Uni darf es nicht so ausgeben, wie sie es für notwendig hält. Sie ist an den Stellenplan des Landes gebunden, Ausnahmen ausgeschlossen. 560 Stellen sind für die zwei Standorte vorgesehen, davon 161 für Professoren. Damit betreut ein Professor 102 Studenten. Schon beim großen Streik vor einem Jahr war das Thema. Damals lag die Quote sogar noch geringfügig besser: eins zu 95. Trier hat 933,5 Stellen, davon 186 für Professoren. Das entspricht einem wesentlich besseren Verhältnis von einem Professor pro 70 Studenten. Der Bundesschnitt liege bei eins zu 55, schätzt Ludewig. Verschärft wird die Personalsituation durch die Doppelstruktur der zwei Standorte: „Wir müssen beispielsweise viele Fachbereiche zweimal anbieten, auch wenn sie nicht ausgelastet sind.“ Dies bedeute nicht nur doppeltes Lehrpersonal, sondern auch mehr Verwaltungsstellen, von Hausmeistern über Sekretariate bis hin zu den beiden Bibliotheken. An der Doppelstruktur will Ludewig dennoch nicht rütteln, er hält sie für sinnvoll. Sie spare auch Steuergeld ein: eine gemeinsame Gesamtverwaltung, weniger teure Uni-Präsidenten, Vizepräsidenten und Kanzler, sagt er selbstironisch. Die Ursache der Probleme sei nicht die Doppelstruktur, sondern die Grundfinanzierung und der Stellenplan. Dieses Problem gebe es schon, seit die Erziehungswissenschaftliche Hochschule (EWH) zur Uni wurde. Die Mittel wurden nie angepasst. „Vielleicht hätten wir schon früher massiv werden sollen“, sagt Ludewig, „es ist ja schon ein Vierteljahrhundert her.“ Damals habe es nicht viel Geld gegeben, aber der Abstand zu den anderen Unis sollte nach und nach verringert werden. Das ist nicht geschehen: Er hat sich stattdessen vergrößert. Dies habe die Uni den Finanz- und Wissenschaftsministerien schon vorgetragen, aber sie sei „nicht durchgedrungen“. Zum nächsten Landeshaushalt habe die Uni eine „eingängigere Stellungnahme“ abgegeben und ihre „Beißhemmung“ zu den Akten gelegt. Die 60 Millionen Euro Grundfinanzierung „reichen nicht aus, um den Studienbetrieb aufrecht zu erhalten“, sagt Ludewig. Er fordert, Mittel in Höhe der bisher zusätzlichen Hochschulpaktmittel dauerhaft in die Grundfinanzierung zu übernehmen. Dann könne Koblenz-Landau langfristig für 16.500 Studenten einen Studienplatz zur Verfügung stellen – zu Bedingungen „auf niedrigem universitären Niveau“, wie Ludewig einschränkt. Aber zumindest das will der Kanzler erreichen. Über einen Zehn-Jahres-Plan, der auf eine Gleichbehandlung mit Trier hinausläuft, wäre er schon glücklich.

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