Pirmasens Ein Porsche fährt im Stadtverkehr auch nicht schneller

Fühlt sich wohl in ihrer Ente: Die Pirmasenserin Lieselotte Jung.
Fühlt sich wohl in ihrer Ente: Die Pirmasenserin Lieselotte Jung.

Das Armaturenbrett ist in schlichtem Design gehalten, das Interieur besticht durch Einfachheit, dennoch verkörpert das Gefährt einen rudimentären Hauch von Luxus. Zwar sucht man ein Radio vergebens, dafür gibt es einen eigenen Hebel, an die Miniaturausführung eines Joysticks erinnernd, der die Lichthupe in Gang setzt. Ein Schalter darunter treibt die Scheibenwischanlage an. Schaut man genau hin, sieht man auf der steilen Frontscheibe ein paar Wasserspritzer niederprasseln. Ein zweiter Schalter gleicher Bauart dient dem Einschalten des Fernlichts. Viergang-Revolverschaltung zuzüglich einem Rückwärtsgang, der etwas schwergängig ist. Zudem eine elegante Cabrioausführung, als Regenschutz dient eine Art Zeltplane, bei Fahrten „oben ohne“ gehalten durch zwei Lederbändchen. Sie runden die Luxusausstattung ab. Der besondere Fahrkomfort besteht in einer extrem weichen Federung. Einmal in ein Schlagloch gefahren, schaukelt das Auto das nächste Schlagloch einfach weg. Autoliebhaber dürften es längst wissen: Hier wird ein französischer Autoklassiker beschrieben. Fachmännisch ausgedrückt handelt es sich um einen Citroën 2CV6 Club, umgangssprachlich als „Ente“ jedem ein Begriff. „Es ist keine einfache Ente“, charakterisiert Lieselotte Jung ihr knallrotes Gefährt. Jung, Generationen von Pirmasensern als Lehrerin und bis zu ihrer Pensionierung 2014 als Schulleiterin der Berufsbildenden Schule in Pirmasens bekannt, ist überzeugte „Entenfahrerin“. „Es gibt nichts Schöneres“, sagt sie mit einer Selbstverständlichkeit, als beschreibe sie einen Luxusschlitten. Seit 1990 ist die gebürtige Ruhbänkerin Enten-Besitzerin. 42.000 Kilometer in 27 Jahren Entenleben sind eine eher bescheidene Laufleistung. „Die meisten Kilometer habe ich bei der täglichen Fahrt zur Schule zurückgelegt“, stellt Jung fest. Immerhin rund drei Kilometer einfach, das ergibt sechs Kilometer täglich. Ehemann Fritz hat sich als Entenfahrer ebenfalls versucht, sein Bemühen jedoch „wegen Verletzungsgefahr“ frühzeitig aufgegeben, stellt die frühere Deutschlehrerin schmunzelnd fest, auf einige scharfkantige Stellen im Armaturenbrett der Ente zeigend. Die 27 Pferdestärken sind auch in der Horebstadt ausreichend. „Im dichten Stadtverkehr ist ein Porsche auch nicht wesentlich schneller“, lautet Jungs Vergleich. Sie hegt und pflegt ihre Ente, keine Stelle mit Rostanhaftungen ist zu finden. „Sie steht im Winter in der Garage, Ente wird im Sommer und vor allem bei gutem Wetter gefahren.“ Immer wieder kommt es zu amüsanten Verwechslungen, weil exakt die gleiche Ente, gleiche Farbe, fast identisches Kennzeichen, im Stadtgebiet unterwegs ist. „Ich werde immer wieder angesprochen, dass mich Leute an Stellen gesehen haben, an denen ich definitiv nicht gewesen bin, das war dann der Doppelgänger“, sagt Jung schmunzelnd. Vor 1990 war die Mutter dreier erwachsener Kinder übrigens Citroen-Fahrerin. Vom ersten Einkommen kaufte sich die angehende Lehrerin im Jahr 1974 eine „Dyane“, eine überdimensionierte Ente. Kostenpunkt seinerzeit: 3000 Mark. Ihr Urteil dazu: „Ein Traumauto.“ Die sportliche Jungpensionärin fährt mit ihrer roten Ente tagtäglich in den Pfälzerwald, um zu walken. In früheren Zeiten eine ambitionierte Joggerin, genießt sie heute die Bewegung an der frischen Luft. „Eine Quelle der Erholung“, sagt sie. Daneben spielt sie Tennis und macht Yoga, Gesundheit für Körper und Geist, während die Ente für das I-Tüpfelchen beim Wohlfühlfaktor von Lieselotte Jung sorgt. Unsere Serie In der Serie „Auf Oldtimer abgefahren“ stellen wir die Schmuckstücke unserer Leser und ihre Anekdoten dazu vor. Wer einen Oldtimer besitzt und gern Teil unserer Serie werden möchte, kann sich in der Redaktion melden: E-Mail redpir@rheinpfalz.de, oder Telefon 06331/ 800420.

x