Pirmasens Caprice-Chef Jürgen Cölsch ist von Pirmasens überzeugt

Schneller Weg nach Fernost: Geschäftsführer Jürgen Cölsch (rechts) konferiert per Skype und Videowand mit den Technikern Peter D
Schneller Weg nach Fernost: Geschäftsführer Jürgen Cölsch (rechts) konferiert per Skype und Videowand mit den Technikern Peter Dengel (links) und Wolfgang Keller in der Fabrik in Myanmar.

„Pirmasens ist das Mekka der Schuhkompetenz“ – davon ist Caprice-Geschäftsführer Jürgen Cölsch überzeugt.

Hier rückt die Welt zusammen. Nur wenige Meter liegen noch zwischen Pirmasens und Myanmar, zwischen der Südwestpfälzer Unternehmenszentrale von Caprice und der Schuhfabrik in Fernost. In Pirmasens stehen sie gebannt vor einer Glasfront; sie gibt den Blick frei auf einen großen Raum, den sich gleich Arbeitswelten in West und Ost teilen werden. Unten im Erdgeschoss wird an neuen Kollektionen und Mustern gearbeitet, mit neuen Technologien getüftelt – im Pirmasenser Technikum und Produktionsraum. Oben drüber, auf einer unter der Hallendecke hängenden Videowand, wird sichtbar, wie Lederschuhe für Caprice entstehen – in der Schuhfabrik in Myanmar, nach Pakistan das zweitgrößte Werk, in dem 1000 Menschen für Caprice arbeiten. Vor Ort sind gerade auch die Techniker Wolfgang Keller und Peter Dengel aus Pirmasens, die die Produktion dort betreuen und nun bei 39 Grad Fragen aus dem morgendlich kühlen Pirmasens beantworten. Jürgen Cölsch, geschäftsführender Gesellschafter bei Caprice, ist zufrieden mit der Live-Schaltung nach Fernost. Wenn alles klappe, dann könne man in Pirmasens die Naht an einem Schuh bewerten, der in Myanmar gefertigt sei, hat er angekündigt. Und es hat geklappt. Dank digitaler Vernetzung: Während bisher Techniker oft über 10.000 Kilometer weit fliegen mussten, lässt sich nun in Echtzeit, von Mensch zu Mensch und direkt an Produkt und Maschine, alles bereden, ein Problem schnell lösen. Eine Ersparnis an Zeit und Kosten für das Unternehmen. Und mehr Transparenz, stellt Cölsch fest. Denn jetzt könne jeder sehen, wie ihre Schuhe gemacht würden: unter modernen Bedingungen, ohne Kinderarbeit. Das ist übrigens möglich für alle fünf Produktionen, an denen jährlich die insgesamt etwa 3,3 Millionen Paar Lederschuhe entstehen: in Myanmar ebenso wie in Bangladesh, China, Pakistan und Albanien. Vor der Ersparnis stehen freilich die Ausgaben. Über drei Millionen Euro hat Caprice investiert in die Modernisierung vor allem seines Hauptsitzes Pirmasens, wo Entwicklung, Design, Technik, Beschaffung, Klein- und Muster-Produktion sowie Geschäftsführung angesiedelt sind. Beschäftigt sind hier 57 Mitarbeiter, darunter eine Auszubildende. Dort, in der Blocksbergstraße, wo sich ebenfalls das Outlet befindet, hat sich einiges getan. So wurde der Eingangsbereich umgebaut, mit neu gestaltetem Logo und mit neuen Leuchtelementen versehen, die den Luft-Halbkugeln für die Schuhe nachempfunden sind. Doch nicht nur dem Auge soll etwas geboten werden: Ein speziell für Caprice entwickelter Aromastoff soll neue Akzente setzen – Duftmarketing für die Schuhmarke. Erneuert wurden außerdem die Sozialräume, die Produktionshalle und andere Arbeitsbereiche; weiteres Geld floss in den Maschinenpark und die Anschaffung neuer 3D-Drucker und -Scanner, womit vor Ort digitale Modelle von Sohlen und Absätzen gestaltet und Prototypen erstellt werden können. Den Kern der Investitionen bildet das neue Technologie- und Schulungszentrum – für Cölsch der neue Knotenpunkt zwischen den Modellabteilungen und den Produktionen. Dafür wurde in der Fertigungshalle auch eine Zwischenebene mit 40 Sitzplätzen und großer Glaswand eingezogen, die als Schulungsplattform dient – für eigene Nachwuchskräfte, Schuhhändler oder Verkaufspersonal. Von dort aus lässt sich der gesamte Produktionsprozess in der Halle unten verfolgen. Ausgestattet wurde die Plattform mit modernster Kommunikations- und Informationstechnologie, wie Cölsch betont. Dazu gehört dann eben auch jene an der Hallendecke befestigte acht Quadratmeter große LED-Videowand, die es ermöglicht, sich mit allen Produktionsstandorten weltweit zu vernetzen. Mit der Modernisierung stärkt der Damenschuhhersteller den Standort Pirmasens. Bewusst, wie Jürgen Cölsch verdeutlicht. Denn für ihn ist Pirmasens, die einstige Produktions-Hochburg, nach wie vor ein Zentrum für Schuhkompetenz. Er komme viel herum auf der Welt, sagt Cölsch, und kenne kein anderes vergleichbares Zentrum, wo Schuhkompetenz so geballt und qualifiziert zu finden sei wie in Pirmasens – „Pirmasens ist das Mekka für Schuhkompetenz“. Dies sei übrigens auch mit ein Grund dafür, dass Caprice sich so stetig gut entwickelt habe, meint Cölsch: Trotz schwieriger Bedingungen in der Branche habe man erneut Umsatz und Absatz gesteigert, liege nun bei über 100 Millionen Euro Jahresumsatz. Allerdings sei die Schuhbranche heute nichts mehr für Leute, die schnell angelernt würden, sondern etwas für Hochqualifizierte. Und der Bedarf an diesen, davon ist Cölsch überzeugt, werde zunehmen. Wer in der Branche eine Ausbildung absolviere, dazu Fremdsprachen beherrsche und reisefreudig sei, der habe sozusagen eine Job-Garantie. Ganz ohne Fernreisen dürfte es also in der digitalen Zukunft nicht gehen. Auch wenn die Welt in der Blocksbergstraße ein Stück mehr zusammengerückt ist.

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