Neustadt „Unser Leben muss weitergehen“

Zart wie eine Feder: Nachwuchsartistin Olga Mak.
Zart wie eine Feder: Nachwuchsartistin Olga Mak.

In der Rudolf-Diesel-Straße gastiert noch bis einschließlich Sonntag der „Moskauer Circus“. Auf den Einsatz von Tieren verzichtet das Unternehmen. Ausgenommen sind eine muntere Pudeldressur und das Angebot von Ponyreiten für Kinder in der Pause. Der Zirkus setzt auf Artistik. Die Premiere am Donnerstagabend hätten allerdings gern noch mehr Zuschauer besuchen können.

Dabei habe man sich, da am Samstag keine Vorstellungen gegeben werden, schon sich für den Aufbau eines kleineren Zelts entschieden, sagt Fernando Frank, Zirkusdirektor des „Moskauer Circus“, im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Das Familienunternehmen unter deutscher Leitung beschäftigt „überwiegend russische Artisten“. Rund 40 Mitarbeiter sind bei dieser Tournee dabei, die eine Hälfte in der Manege, die andere hinter den Kulissen. An jeweils vier Tagen einer Woche gibt es Vorführungen, jede Woche an einem anderen Ort. Dass die für heute, Samstag, geplanten Vorstellungen ausfallen, ist einem tragischen Unglücksfall geschuldet: Heute findet die Beisetzung zweier Töchter, Enkelkinder und des Schwiegersohns von Franks Bruder statt, die am 11. August in Nagold in ihrem Auto unter einem umgekippten Müllfahrzeug begraben wurden. Sie seien unterwegs gewesen, um das drei Wochen alte Söhnchen zur Taufe anzumelden. Nein, so einfach wegstecken lasse sich das nicht. Ständig müsse er daran denken. Aber „unser Leben muss weitergehen“, sagt er, der selbst drei Söhne, zwei Töchter und sieben Enkel hat, die alle in das Zirkusleben integriert sind. Die Premierenvorstellung am Donnerstagabend sei daher fast eine Erleichterung, denn dabei müssten die düsteren Gedanken ausgeschaltet werden. „The show must go on“, und da ist hohe Konzentration vonnöten. Wer von Fernsehübertragungen artistischer Höchstleistungen verwöhnt ist, muss – zugegeben – seine Erwartungen einen Gang zurückschalten, doch atemberaubende Momente und viel Spaß bietet das Programm durchaus. Da der Zirkus seit 2016 keine Tiger und Löwen mehr zeigt, in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg „auf Druck von Tierschützern überhaupt keine Nummern mehr mit Tieren im Programm hat“, wie Frank sagt, kommt der Artistik ein höherer Stellenwert zu. Er und seine Artisten setzen bei dem 100-minütigen Programm auf Geschwindigkeit: „Es soll kein Leerlauf entstehen.“ Für den schnellen Auftakt sorgt Anton Tabeev, der „König der Diabolos“, mit seiner Partnerin Katarina Markevic. Die wirft ihm mit charmantem Lächeln immer weitere Diabolos zu, die er am Ende seiner Nummer, locker auf einem Einrad balancierend, wie ein buntes Einhorn auf seiner Stirn stapelt. Beinahe ganz ohne Utensilien und völlig ohne Worte kommt als Golfer ohne Ball der Clown Bolek aus. Der sibirische Artist Konstantin Besegonov, assistiert von seiner Frau Ariana, zeigt, welche Balanceakte mit glitzernden Röhren und Reifen auf einem Trike möglich sind. Julia Cernova entlockt den Zuschauern ein bewunderndes „Oah“, als sie zu spanischer Musik elegant an roten Tüchern unter der Zirkuskuppel turnt, kurz vor dem Abgang auf halber Höhe mal eben einen Spagat ausführt. Pudel Toscha, einziges Tier in der Schau, kann unter anderem wie eine Statue auf dem Kopf von Frauchen (Katarina Markevic) verharren, und mit strahlendem Lächeln schwebt Olexandr Mak scheinbar schwerelos an Bändern, den römischen Strapaten. Los Mexicanos (Natasha, Julia und Nikolei) wissen ebenso geschickt mit dem Lasso wie mit mexikanischen Wurfspeeren umzugehen, und Alexandra Hopecka hat sich dem Seiltanzen verschrieben. Die Spannung steigt, als Fernando Frank Olga Mak in die Manege begleitet. Gerade mal zehn Jahre alt ist die Nachwuchsartistin und wirkt so zart wie eine Feder, als sie auf einem Mond unter der Kuppel ihre Darbietung beginnt. Die kräftigere Leila dagegen dreht sich wenig später glitzernd wie eine Disco-Kugel am Seil, bevor Konstantin und Adriana zeigen, wie schnell ein Kleid gewechselt ist, wenn’s wirklich mal brandeilig ist. Zum großen Finale kommen alle Artisten noch einmal in die Manege. Als letzter steht dort völlig allein der Clown. Ihn holt ein ganz junges Nachwuchs-Engelchen ab. Vorstellung Letze Vorstellung: Sonntag, 14 Uhr. Kartenvorbestellung: 0177/6096410.

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