Neustadt Tastenzauber am laufenden Band

Technische Meisterschaft, aber auch slawische Seele: Soo Jeong Choi spielt die „Dumka“ von Tschaikowsky.
Technische Meisterschaft, aber auch slawische Seele: Soo Jeong Choi spielt die »Dumka« von Tschaikowsky.

«Neustadt». „Virtuose Tasten“ war am Dienstag der letzte Saison-Termin in der Reihe der „Kurpfalzkonzerte“ im Neustadter Saalbau überschrieben, und virtuose Stücke hatten die Studierenden der Fachgruppe Klavier an der Mannheimer Musikhochschule an diesem Abend tatsächlich reichlich mitgebracht. Eine besondere Note erhielt das Konzert auch durch den Umstand, dass ausschließlich koreanische Studierende zum Zuge kamen.

Dass die Studenten aus Südkorea an deutschen Musikhochschulen sehr zahlreich vertreten sind, ist kein Zufall, sondern liegt an der profunden Ausbildung dort, die schon in Kindertagen sehr intensiv beginnt. Und meist haben die Südkoreaner schon in ihrer Heimat ihr Studium begonnen, bevor sie sich hierzulande noch den meisterlichen Schliff holen. Sunghyun Kim machte im Saalbau den Anfang mit der Rhapsodie aus op. 119 von Johannes Brahms: Resolut wurden da die Akkorde in die Tasten eingraviert, dazwischen zeigte der junge Mann aber auch romantische Gefühle. Die „Dumka“ von Tschaikowsky wählte Soo Jeong Choi für ihren Auftritt. Sehr gefühlvoll ließ die Pianistin, die bei Prof. Andreas Pistorius studiert, die Lyrik der slawischen Volksweise einherschweben, um dann temperamentvoll aufgewirbelten Schwung folgen zu lassen. Tiefsinniges Innehalten wechselte dabei mit tänzerisch-lustvoller Vitalität. Ihre Kollegin Jiye Jang ließ anschließend ganz große Meisterschaft hören in einer wunderbaren Wiedergabe von Franz Liszts „Venezia e Napoli“, die zu einem besonderen Höhepunkt dieses Abends geriet. Denn die Künstlerin verfügt über eine fabelhafte Technik: Federleicht ließ sie die eröffnende „Tarantella“ einherrasen, servierte jagende Läufe in erlesener klanglicher Feinabstimmung. Zwischen markant eingravierten Akkorden und glitzernden Arabesken eröffnete sie eine delikate Anschlagskunst, ließ wunderschöne Lyrik blühen. In der „Canzone napoletana“ gelang dies besonders beglückend, als sie die terzenselige Innigkeit in wunderschöner Farbdosierung förmlich hinblätterte. Eine fabelhafte Repetitionstechnik tat ein Übriges. Dass seelenvolle Poesie und blitzende Virtuosität bei Liszt eine Einheit bilden, das machte diese vortreffliche Musikerin ganz hinreißend bewusst. Weiter ging der virtuose Tastenzauber, als Dawoon Chung die Ungarische Rhapsodie Nr. 12 von Liszt spielte. Mit stolzen, markanten Rhythmen und beredter Rhapsodik brachte er die magyarische Glut in Wallung, um dann ohne spürbare Anstrengung die hochvirtuose Herausforderung spielerisch leicht zu zelebrieren. Große Eleganz gab er den rasenden Läufen und filigran hingetupften Kapriolen. Aus der Klasse Prof. Paul Dan folgte Minju Song, die große Poesie entfaltete in Maurice Ravels „Jeux d`eau“. Warm getönte Wasserspiele inszenierte die Pianistin dabei, ließ die Klänge wunderbar atmen, wogen. Blätterte dabei schönsten glitzernden Klangzauber auf die Tasten. Mit „Alborada del gracioso“ (aus dem Zyklus „Miroirs“) folgte ein weiteres Werk von Ravel, das einem Virtuosen alles abverlangt an Technik, Gefühl und Temperament. Youngseob Jeon näherte sich dem Werk etwas vorsichtig und ehrfürchtig, auch wenn er es technisch gut bewältigte. Der junge Pianist ist ein feinsinniger Gestalter, sein Vortrag aber hätte mehr offensive Lust nötig gehabt, um die Glut der spanischen Tanzrhythmen Feuer fangen zu lassen. Aus der Klasse Prof. Robert Benz war er ebenso wie Yeseul Kim, die das Finale besorgte mit Béla Bartóks Suite op. 14. Sehr souverän und sicher musizierte die Pianistin, auch in den rasant hochgetriebenen Beschleunigungen. Geheimnisvolle, schön abschattierte Klänge entlockte sie dem Flügel, aber ebenso auch schwungvoll folkloristische Melodien. Alle Darbietungen riefen im prächtig gefüllten Saalbau große Publikumsbegeisterung hervor. Für einen gemeinsamen Schluss-Applaus-Auftritt aller sieben Pianistinnen und Pianisten als würdiges Finale aber hatte leider niemand gesorgt.

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