Neustadt Neustadt: Sanierung von Altdeponien gestoppt - Staatsanwaltschaft ermittelt

Seit Jahren wird die frühere Mülldeponie Haidmühle umgebaut. Dazu dient das vorhandene Material.
Seit Jahren wird die frühere Mülldeponie Haidmühle umgebaut. Dazu dient das vorhandene Material.

Die Sanierung der Altdeponien Haidmühle und Maifischgraben ist eingestellt. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd hat Strafanzeige erstattet.

Beigeordneter Dieter Klohr als Vertreter des städtischen Eigenbetriebs Stadtentsorgung Neustadt (ESN) ist entsetzt. Ebenso Andreas Gerst, einer der beiden Geschäftsführer der Gerst Recycling GmbH mit Sitz in der Neustadter Nachtweide. Denn die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd hat wegen des Verdachts einer größeren illegalen Abfallbeseitigung auf dem Gelände der ehemaligen Neustadter Mülldeponien Haidmühle und Maifischgraben Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Frankenthal erstattet. Ob sich die Anzeige gegen die Stadt, sprich: den ESN als Eigentümer des Areals, richtet oder gegen Gerst, ließ sie dabei offen. Darüber soll die Staatsanwaltschaft entscheiden, hieß es gestern auf Anfrage. Oberstaatsanwalt Kai Hempelmann bestätigte den Eingang des SGD-Schreibens, kann aber noch nicht mehr sagen, weil die Anzeige noch erfasst werden muss. Mitte Juni hatte ein anonymer Anrufer den ESN darüber informiert, dass illegal Abfall entsorgt worden sei. Dabei handelte es sich eher um einen Bagatellfall auf dem Firmengelände von Gerst, wie Dieter Klohr gestern auf Anfrage erklärte. Ein zweiter Anruf indes führte den ESN auf die Altdeponie Haidmühle, und auch dort wurde er fündig. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd sei umgehend eingeschaltet worden, so Klohr. Diese besichtigte am Wochenende das Areal und verfügte am Montag, dass niemand die Altdeponien betreten oder befahren darf, was einen Baustellenstopp bedeutet. Gleichzeitig erstattete die Behörde Anzeige. Hintergrund ist, dass die Deponie Haidmühle seit Jahren saniert wird, der Maifischgraben noch folgen soll. Damit beauftragt ist die Gerst Bau GmbH. Verfahren wird nach dem Prinzip, dass alles, was in der Vergangenheit dort landete, untersucht wird. Verwertbares wird aussortiert, der Rest neu geformt, darunter Bauschutt, Folien oder Holz. Dazu wird dieses alte Material auch oft umgesetzt, um an der einen Stelle Platz zu schaffen oder an einer anderen Stelle aufzufüllen und abzustützen. Frischer Abfall, wie er im Abfallwirtschaftszentrum von Gerst angeliefert wird – beispielsweise Bauschutt oder teerhaltiger Straßenaufbruch – darf dafür nicht verwendet werden. Genau solches Material wurde indes auf der Haidmühle entdeckt. Und es kann laut ESN und Unternehmen nicht durch Dritte dort hingekommen sein. „Mehr wissen wir noch nicht, alles ist offen“, sagt Dieter Klohr, auch wenn er darauf hofft, dass es sich nicht um große Mengen handelt und dass diese, der bisherigen Einschätzung entsprechend, tatsächlich nicht umweltgefährdend sind. Der ESN sei jetzt außen vor, ebenso die Firma Gerst. „Die Staatsanwaltschaft wird sagen, was zu tun ist, und die SGD wird ermitteln“. Alles andere, so Klohr, sei derzeit reine Spekulation – sowohl, was das Ausmaß des möglichen Schadens angehe als auch die Motive für die mögliche illegale Entsorgung. Nachvollziehbare Gründe, wie es dazu kommen konnte, kann sich der Beigeordnete ohnehin nicht vorstellen. Er verweist auf die jahrzehntelange gute Zusammenarbeit mit der Firma Gerst. Dass er enttäuscht ist, will Klohr aber nicht bestreiten. Ähnlich geht es Geschäftsführer Andreas Gerst, der, wie er auf Anfrage versicherte, alles dafür tun will, dass Staatsanwaltschaft und SGD die Sache so schnell wie möglich restlos aufklären können. „Für uns ist das eine Katastrophe“, sagt er mit Verweis auf die langjährige Tätigkeit in Neustadt, während der sich das Unternehmen nie etwas habe zuschulden kommen lassen: „Alles war in Ordnung.“ Auch Gerst setzt darauf, dass es sich nicht um große Mengen illegal abgelagerten Abfalls handelt. Er kann sich nicht erklären, wie vermutlich etwas passieren konnte, „was eigentlich nicht passieren darf“. Mit dem verfügten Baustellenstopp dauert es nun noch etwas länger, bis der größte Teil der Haidmühl-Sanierung abgeschlossen ist. Der versuchsweise Start am Maifischgraben, von wo aus unter anderem ein Lärmschutzwall hin zu Teerhalle und Recyclinghof von Gerst modelliert werden sollte, wird ebenfalls warten müssen. Dass die Strafanzeige sich nicht automatisch gegen Gerst richtet, hat seine Gründe. Die Stadt, also der ESN, ist mehrfach mit im Boot: So gehört ihr das gesamte Gelände, jenes der Altdeponien und jenes, auf dem die Gerst Recycling GmbH sitzt. Bei der Deponiesanierung ist die Stadt zudem Bauherr. Und mit Blick auf das Gerstsche Abfallwirtschaftszentrum der sogenannte Bescheidinhaber. Denn für jede der Anlagen muss ein Bescheid gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz vorliegen. Diese Bescheide wurden der Stadt und nicht dem Unternehmen erteilt, sind also im Neustadter Fall unabhängig davon, wer die Anlagen betreibt. Sollte es nach Abschluss der Ermittlungen zu Verfügungen kommen, könnte diese gegen den ESN ergehen. Der ESN würde sie dann an die Firma Gerst weiterreichen – und damit auch die Kosten. Das, so Klohr, wäre im Fall des Falles ein ganz normaler Vorgang.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x