Neustadt Neustadt: Bürgermeister weiterhin gegen Neubau-Vorhaben am Bahnhof

Ingo Röthlingshöfer schlägt den Bereich um die ehemalige Bahn-Kantine, das flache Gebäude im Hintergrund, als Standort für den k
Ingo Röthlingshöfer schlägt den Bereich um die ehemalige Bahn-Kantine, das flache Gebäude im Hintergrund, als Standort für den künftigen Busbahnhof vor.

Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer plädiert weiter dafür, dass die Wohnungsbaugesellschaft ihr Neubau-Vorhaben am Bahnhof abbläst. Er will noch vor der Oberbürgermeisterwahl den Stadtrat damit befassen.

Ingo Röthlingshöfer (CDU) gegen Pascal Bender (SPD) und Marc Weigel (FWG). Wenn die drei Oberbürgermeister-Kandidaten derzeit aufeinander treffen, dann gibt es viele gleichlautende Aussagen und vor allem einen Punkt, der als Wahlkampfthema immer mehr in den Blickpunkt rückt: der geplante Bau eines Geschäftshauses mit Parkdeck auf dem Bahnhofsvorplatz durch die Wohnungsbaugesellschaft (WBG), den Röthlingshöfer immer vehementer kritisiert, während seine beiden Kontrahenten unbedingt an dem Vorhaben festhalten wollen, um nicht noch weitere Zeit bei der Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes zu verlieren. Röthlingshöfer kündigte gestern an, nicht bis zur Oberbürgermeisterwahl am 24. September warten zu wollen, sondern schlägt vor, bereits nach der Sommerpause, wenn die neue Kalkulation der WBG vorliegen soll, im Stadtrat darüber abzustimmen, ob nicht die Suche nach einem privaten Investor intensiviert wird. Auf den Vorhalt, damit seien die bereits verausgabten Planungskosten der WBG in Höhe von fast 300.000 Euro verloren, schlägt er vor, das Konzept an einen Investor zu verkaufen. Das sei üblich in der Branche. „Es gibt einen vagen Interessenten, der sich bei der WBG gemeldet hat. Warum warten wir nicht ab, bis belastbare Zahlen auf dem Tisch liegen und fordern dann Private auf, sich zu melden“, so der politische Geschäftsführer der WBG. Melde sich niemand, dürfe ja wohl auch die Frage erlaubt sei, warum ein öffentliches Unternehmen die Investition von vielleicht zwölf Millionen Euro auf sich nehmen solle. „Die oft zitierte Aussage, der Bahnhofsvorplatz braucht eine Raumkante, ist mir da als Argument zu dünn“, so Röthlingshöfer. Der Sozialdezernent verweist zum wiederholten Male auf die große Wohnungsnot in Neustadt. Nach der neuen Baubedarfsanalyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft (wir berichteten am Dienstag auf der Politikseite 1) sei der Bedarf an Zwei-Zimmer-Wohnungen in Neustadt nur zu 71 Prozent gedeckt, nach Drei-Zimmer-Wohnungen zu 84 Prozent. „Die WBG hat in den kommenden zehn Jahren einen Spielraum für Investitionen von 24 Millionen Euro. Da können wir nicht für die Hälfte ein Geschäftshaus bauen.“ Die Situation spitze sich dramatisch zu und sei im Mai 2015, als der Stadtrat dem Planungsauftrag für die WBG zugestimmt habe, noch nicht absehbar gewesen. „Heute haben wir vollkommen neue Fakten“, erklärt Röthlingshöfer sein damaliges Schweigen. Röthlingshöfer geht sogar noch weiter und fordert, dass der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs für den neuen Bahnhofsvorplatz vom Februar 2016, dem ebenfalls der Stadtrat zustimmte, auch in Frage gestellt wird: „Wir haben mittlerweile die Esso-Tankstelle gekauft, die Bahn bietet weiteres Gelände im Bereich der Kantine hinter dem Gebäude der Bundespolizei zum Verkauf. Das ist doch eine neue Planungsgrundlage.“ Es gebe erstmals die Chance, den Busbahnhof vom Vorplatz in den Osten zu verlegen. Damit gebe es auch keine Überschneidungen mehr beim Weinlesefest. Und ein Parkhaus, wenn es sich denn rechne, könne in dem Bereich auch gebaut werden. Alternativ würde sich auch das Brachgelände westlich der Zwockelsbrücke neben der Bahntrasse anbieten, das zum Abriss anstehe. Da sei die Anbindung an die Fußgängerzone sogar noch viel besser gegeben. Röthlingshöfer wirft vor allem Marc Weigel vor, blauäugig zu glauben, das Land stelle vor 2021 Städtebaumittel für den Bahnhofsvorplatz zur Verfügung. „Wo soll denn das Geld im Haushalt herkommen?“, fragt er. Die Freien Wähler haben gestern für die Stadtratssitzung am Dienstag beantragt, dass eine parteiübergreifende Delegation der Stadt in Mainz mit Innen- und Verkehrsministerium über die Zuschusssituation verhandelt, um für das Projekt offensiv zu werben und zu kämpfen. Röthlingshöfer rät „dringend“ davon ab: „Das ist doch gleich die höchste Eskalationsstufe. Wer glaubt, mit Druck, Zuschüsse beim Land zu bekommen, verringert seine Chancen eher.“

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