Neustadt Kontroverse um „Pseudo-Radwege“

Von vielen Radlern gern genutzt: die roten Pflasterstreifen, hier in der Rennbahnstraße.
Von vielen Radlern gern genutzt: die roten Pflasterstreifen, hier in der Rennbahnstraße.

Merkel bezeichnet gegenüber der RHEINPFALZ die rote Pflasterung als „Pseudo-Radwege“, die nicht zulässig seien. Das habe er der Gemeinde bereits 2010 mitgeteilt, bevor im Lachener Weg der erste dieser Streifen angelegt wurde. In den Empfehlungen zur Anlage von Radwegen sei unter anderem festgelegt, wie breit Radwege sein sollen. Die Breite der roten Pflasterstreifen, die es im Lachener Weg, in Rennbahn-, Pestalozzi-, Wald- und Brahmsstraße auf einer Länge von insgesamt etwa 1,8 Kilometern gibt, entspreche nicht diesen Empfehlungen, so Merkel. Bevor der erste Streifen in Haßloch rot gepflastert wurde, habe er vermittelt, dass der zuständige Mitarbeiter der Verwaltung eine Weiterbildung des Verkehrsclubs Deutschland besuchen konnte: „Dort ist ihm gesagt worden, dass die Pflasterstreifen nicht zulässig sind. Die Gemeinde hat es trotzdem gemacht, das ist uneinsichtig“, so Merkel. „Wir sind nicht zu doof, Richtlinien zu lesen und zu verstehen“, entgegnet auf Anfrage Verkehrsplaner Elmar Walter. Verwaltung und Politik hätten sich „ganz bewusst“ für Radfahrerstreifen auf beiden Seiten der Straßen entschieden, sagt Bürgermeister Lothar Lorch (CDU). Denn sie „tragen zur Sicherheit für Radfahrer bei“. Viele Straßen seien nicht breit genug, um dort Fahrbahn, Rad- und Gehweg so anzulegen, dass deren Breite den Vorschriften entspricht. Deshalb wäre die Alternative, „nichts zu machen, und das wollen wir nicht“, so Walter. Aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts von 2010 dürfen Radfahrer grundsätzlich auf der Fahrbahn fahren. Doch viele Radler fühlten sich dort nicht sicher, wissen Lorch und Walter aus eigener Erfahrung und aus Gesprächen. Dagegen sei die Resonanz der Radfahrer auf die roten Pflasterstreifen sehr positiv. Entstanden sei die Idee im Lachener Weg, blickt Walter zurück. Dort mussten die Radfahrer früher auf der Fahrbahn fahren. Es habe immer wieder Beschwerden von Radfahrern gegeben, die sich auf dieser Straße, auf der pro Tag etwa 15.000 Autos und Lkw fahren, unsicher fühlten. Deshalb sei ein Teil des Gehwegs mit einem weißen Markierungsstreifen quasi abgetrennt und dort das Radfahren zu gestattet worden. Das sei sehr gut angenommen worden. Als der Lachener Weg dann erneuert wurde, habe man entschieden, einen Streifen rot zu pflastern. „Das ist ein Angebot für Radfahrer, niemand muss dort fahren“, betonen Lorch und Walter. Merkel ist der Ansicht, dass Radfahrer auf diesem Streifen gar nicht fahren dürfen, denn er sei Teil des Gehwegs – und den dürften nur Kinder bis zehn Jahre und Erwachsene, die Kinder begleiten, benutzen. Genau genommen sei das nicht verkehrt, sagen Lorch und Walter. Doch habe es hier noch nie Probleme oder Unfälle zwischen Radfahrern und Fußgängern gegeben. „Diese nehmen in der Regel Rücksicht aufeinander“, so Walter. Zudem biete die farbliche Markierung beiden eine Orientierung. Bei Begegnungen würden Radfahrer in den roten, Fußgänger in den grau gepflasterten Bereich ausweichen. Merkel weist darauf hin, dass Radfahrer eine Strafe riskieren würden, wenn sie auf dem roten Streifen fahren. Zudem würden sie haften, wenn es zu einem Unfall mit einem Fußgänger komme. Aus Gesprächen mit der Polizei wisse er, dass diese durchaus den Sicherheitsaspekt sehe, den der rote Streifen biete, sagt dagegen Walter. Merkel fordert, dass an den Streifen mit roten Pflasterungen zumindest ein Schild mit der Aufschrift „Fußweg, Radfahrer frei“ aufgestellt werde. Lorch sagt zu, dass die Verwaltung diese Möglichkeit prüfen werde. Wenn Radfahrer auf der Fahrbahn fahren, könne es zu Kollisionen mit Autos kommen – und die seien meist folgenschwerer als Kollisionen zwischen Radfahrern und Fußgängern, sagt Walter. Wenn er in der Rennbahnstraße auf der Straße radle, berichtet Merkel, werde er oft von Autofahrern abgedrängt, die ihm Zeichen geben, er solle auf dem roten Streifen fahren. Ein Fehler der Autofahrer, meint Walter, denn grundsätzlich sei Radfahren auf der Fahrbahn erlaubt. Merkel hat sich wegen der roten Pflasterstreifen auch an die Kreisverwaltung Bad Dürkheim gewandt. In dem Schreiben hat er unter anderem darauf hingewiesen, dass der Streifen in der Brahmsstraße nur 90 Zentimeter breit sei. So schmal sei nur eine etwa 100 Meter lange Strecke, an der es keine andere Möglichkeit gegeben habe, sagt Walter. Ansonsten seien die rot gepflasterten Streifen zwischen einem und 1,50 Meter breit. Walter nennt einen weiteren Aspekt: Wenn ein Radfahrer auf der Straße fährt und sich plötzlich die Tür eines geparkten Autos öffnet, sei die Gefahr groß, dass er beim Ausweichen mit einem Auto kollidiert. Auf dem „Angebotsstreifen“ könne er in diesem Fall leicht ausweichen.

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