Neustadt „Ein schöner Beruf, reizvoll und abwechslungsreich“

Über 16 Jahre lang „zweiter Mann“ in Haßloch: Jochen Gleich.
Über 16 Jahre lang »zweiter Mann« in Haßloch: Jochen Gleich.

Eigentlich wäre Jochen Gleich, Spross einer Winzerfamilie aus Edenkoben, auch gerne ein Weinbauer geworden. Mit seiner Berufswahl ist der heute 61-Jährige dennoch zufrieden: 43 Jahre lang war er Polizeibeamter. Jetzt ist er als Erster Kriminalhauptkommissar bei der Haßlocher Polizeiinspektion (PI) in den Ruhestand gegangen. Bei einem Pressegespräch erinnerte er sich an die vielen Stationen seiner beruflichen Laufbahn.

1973 beginnt Jochen Gleich bei der Polizei, zunächst in Schifferstadt bei der Bereitschaftspolizei. Es ist eine aufregende Zeit: Es sind die Jahre der Terroranschläge der RAF, die der junge Polizist gleich zu Beginn miterlebt. In diese Zeit fällt einer seiner aufregendsten Einsätze, als 1974 – Gleich ist nach Mainz abgeordnet – zwei RAF-Terroristen in den Hungerstreik treten. 1977 kommt er nach Edesheim zur Schutzpolizei, 1979 für anderthalb Jahre nach Pirmasens, bevor er in Edenkoben die Bereiche Ausländer- und Umweltkriminalität bearbeitet. Schon damals trägt Gleich keine Uniform mehr, sondern ist im Dienst in Zivilkleidung unterwegs. 1982 bis 1986 absolviert Gleich ein Studium für den gehobenen Dienst und wird 1986 stellvertretender Kommissariatsleiter in Edenkoben. 1993, im Jahr der Polizeireform, wird Gleich in Neustadt Leiter des Kommissariats für Umweltdelikte und baut die AG Asylbetrug auf, um Flüchtlingen mit Doppelidentität in der damaligen Aufnahmeeinrichtung auf die Spur zu kommen. 2001 bekommt er die Stelle des stellvertretenden Leiters bei der Haßlocher Polizeiinspektion. Über 16 Jahre lang bleibt Jochen Gleich der „zweite Mann“ in der Führung der 50-köpfigen Haßlocher PI und erlebt in dieser Zeit mit Wolfgang Zöller, Andreas Müller und seit Ende 2014 Wolfgang Brunke drei Polizeichefs in Haßloch. Viele Jahre ist Gleich in Personalratsgremien aktiv: So gehört der engagierte Christ 18 Jahre lang dem Polizeiseelsorgebeirat an, davon die letzten sechs Jahre als Vorsitzender. Sein christlicher Glaube, sagt Jochen Gleich, hat ihm geholfen, manche schlimmen Erlebnisse und Einsätze zum Beispiel bei Mord, Totschlag oder erweitertem Suizid zu verarbeiten. Und manche Todesfallermittlungen „gehen unter die Haut“: Beispielsweise erinnert sich Gleich an den plötzlichen Kindstod eines erst drei Monate alten Jungen 1991 – zu einem Zeitpunkt, als sein kleiner Sohn exakt das gleiche Alter hatte. Die Bandbreite der Fälle, bei denen er an Ermittlungen beteiligt war, reicht vom spektakulären Frauen-Mord bis zum Todesfall an einem Fahrgeschäft im Holiday Park 2014, als Gleich die Pressearbeit erledigte. Auch Betrugs- und Vermisstenfälle hat er bearbeiten müssen. „Ich habe nie schießen müssen“, ist er im Nachhinein erleichtert. Nur einmal in den 70er Jahren macht er beinahe von der Schusswaffe Gebrauch. Aber der flüchtende Autofahrer, der auf ihn zukommt, biegt noch ab und wird wenig später festgenommen. „Ich bin ein Verfechter kleiner Polizeiinspektionen“, betont mit Jochen Gleich ein Polizeibeamter, dem der Kontakt zu den Bürgern immer besonders wichtig war. Die Perspektiven für die Polizei insgesamt bewertet er angesichts rückläufiger Bewerberzahlen als „nicht rosig“. Aber der Beruf ist seiner Einschätzung nach „gefährlicher geworden“: Polizeibeamte werden häufiger als früher angegriffen und provoziert: „Der Respekt ist kleiner geworden“, hat er festgestellt. Dennoch bilanziert Gleich: „Es ist ein schöner Beruf, reizvoll und abwechslungsreich.“ Gewöhnungsbedürftig sei aber gerade für junge Polizisten der Schichtdienst. Einer, der bedauert, dass Gleich in den Ruhestand geht, ist der Leiter der PI, Wolfgang Brunke. Ein „außergewöhnlich kompetenter, vielschichtiger und interessierter Mensch“: So charakterisiert er seinen aus dem Dienst scheidenden Stellvertreter – „einen besseren konnte ich mir nicht wünschen“. Obwohl dieser Beruf viel mit Durchsetzen zu tun habe, sei es Gleich gelungen, sich das Christsein auch als Polizeibeamter zu bewahren: „Dafür bewundere ich ihn.“ Gleich, dem in Haßloch Manfred Husch (bisher Leiter des Betrugskommissariats in Neustadt) nachfolgt, hat sicher im Ruhestand keine Langeweile: Er engagiert sich im Evangelischen Gemeinschaftsverband, Arbeitskreis Asyl, Partnerschaftsbeirat, Arbeitskreis Wolczyn sowie im Umweltforum. Und dann ist da noch die Familie mit vier Kindern und fünf Enkeln. Nebenberuflicher Winzer ist Jochen Gleich übrigens dann doch noch geworden: In seiner Edenkobener Zeit bewirtschaftete er seit 1989 mit Kollegen einen brachliegenden Wingert hinter der Polizeidienststelle. Treffender Name für den Polizei-Wein: „Mords-Schoppen“.

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