Neustadt Alte Erde - neue Erde

Luise Kött-Gärtner mit ihrem Werk „Gemeinsam sind wir stark“.
Luise Kött-Gärtner mit ihrem Werk »Gemeinsam sind wir stark«.

«Neustadt». Das Neustadter Otto-Dill-Museum präsentiert ab Sonntag nach langer Pause erstmals wieder eine Sonderausstellung: Die Gemälde des Pfälzer Spätimpressionisten aus Neustadt werden dabei ergänzt durch Plastiken der Bildhauerin Luise Kött-Gärtner, die in Zülpich zu Hause ist, wo auch die Manfred-Vetter-Stiftung, Trägerin des Museums, ihren Sitz hat.

Kött-Gärtner, Jahrgang 1953, zeigt in der Ausstellung vor allem Bronze-Arbeiten in kleinem bis mittlerem Format, präsentiert sich dabei stilistisch allerdings sehr vielfältig. Waren viele ihrer frühen Arbeiten aus den 80er und 90er Jahren noch ausgesprochen erzählfreudig und verspielt, so dass sich aus Neustadter Sicht fast eine gewisse Nähe zum Kollegen Gernot Rumpf konstatieren lässt, so zeichnen sich die jüngeren Werke durch eine merkliche Reduktion der Formensprache aus – bis hin zu so filigranen Varianten, dass die Grenzen der traditionellen Bronze-Gießtechnik erreicht oder gar überschritten werden. Beispiele für die erste Werkgruppe sind etwa „Mutter Erde“, eine wohlbeleibte Gaia, die sich aus dem Morast der menschgemachten Umweltskandale erhebt, oder „Heiliger Stuhl“, eine kirchenkritische Kleinbronze, die im Motiv an die Papst-Portraits von Velázquez und Bacon erinnert. Völlig anders sehen die Arbeiten der zweiten Gruppe aus: Sie bestehen zumeist aus kantigen, extrem schlanken, auf die wesentlichen Körpermerkmale reduzierten Kleinfiguren aus Bronze mit rauen Oberflächen auf Steinsockeln, die man ihrerseits schon fast wieder als abstrakte Skulpturen bezeichnen kann. Beispiele hierfür sind „Die Rettung“, bei der eine weibliche Gestalt eine männliche vor dem Absturz bewahrt, und „Alte Erde – neue Erde“, das der Ausstellung den Titel gegeben hat. In größere Dimensionen überführt ist diese Technik in „Gemeinsam sind wir stark“ – drei tanzende Frauengestalten, die eine Papierkugel hochhalten, auf der die Begriffe Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in verschiedenen Sprachen und Schriften zu finden sind. Das gleiche Motiv hat Kött-Gärtner für eine Großskulptur verwendet, die heute in Neckarsulm steht. Aber auch das gegenteilige Extrem findet sich in der Schau: Einige Bronzen sind so klein und zart, dass sie im Wachsausschmelzverfahren gar nicht herzustellen waren, so dass letztlich die Schmuckgießer mit ihren speziellen Techniken heran mussten. Der „Sonnengruß“ gleich rechts am Eingang gehört hierzu. Allen Arbeiten gemeinsam ist, dass die Künstlerin sie nicht als Kunst um ihrer selbst willen versteht, sondern mit einer Botschaft verknüpft, die auf Optimismus, Verständigung und spirituelle Offenheit abzielt. Dementsprechend hat sie einige von ihnen mit Zitaten etwa von Hildegard von Bingen, Rudolf Steiner oder John F. Kennedy versehen. Aber auch explizite Kritik ist ihr nicht fremd: In den Arbeiten der Serie „Im System“ aus den 90ern stehen in die Zange genommene Embryos für die Bedrohung des Lebens. Besonders stolz ist die Künstlerin auch auf eine ganz neue Arbeit, ein fast lebensgroßes Papiermodell aus alten Zeitungen in Gestalt einer Madonna, deren Bronze-Original schon bald in einem Zen-Kloster in der Eifel stehen wird. Die Ausstellung Die Ausstellung „Luise Kött-Gärtner: Alte Erde – Neue Erde“ wird morgen, Sonntag, im Neustadter Otto-Dill-Museum eröffnet und läuft bis 23. Juli. Öffnungszeiten: mittwochs und freitags 14–17 Uhr, samstags und sonntags 11–17 Uhr. Die Vernissage morgen um 16 Uhr wird musikalisch umrahmt von dem Kölner Jazztrompeter und Komponisten Markus Stockhausen, Sohn des Komponisten Karlheinz Stockhausen.

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