Neustadt „Wir sind kein Chaotenladen“

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Hassloch: Noch ist die Verhandlung gegen drei Mitarbeiter des Holiday Parks wegen fahrlässiger Tötung nicht terminiert. Der Tod einer Elfjährigen im August 2014 war für die RTL-Sendung „Team Wallraff“ Aufhänger, den Park unter die Lupe zu nehmen. Das Management ist mit dem Ergebnis alles andere als zufrieden.

Kritik üben Park-Manager Bernd Beitz und Steve van den Kerkhof, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der belgischen Plopsa-Gruppe, die den Park 2010 gekauft hat, daran, dass das Team des Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff in dem Beitrag den Eindruck erwecke, der Park vernachlässige die Sicherheit. „Ein Großteil der 25 Millionen Euro, die wir seit der Übernahme investiert haben, sind in Sicherheit, Wartung und Infrastruktur gesteckt worden. Wir sind kein Chaotenladen und keine Cowboys. Wir und unsere Mitarbeiter müssen jeden Tag aufs Neue mit dem schrecklichen Unfall leben“, erklärt van den Kerkhof. Die technischen Überprüfungen im Haßlocher Park gingen weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus und umfassten neben intensiven Schulungsmaßnahmen für die Mitarbeiter interne und externe Überprüfungen und regelmäßige „Sicherheits-Meetings“. Jeder einzelne Mitarbeiter bedaure den Vorfall vom 15. August 2014, als eine Elfjährige auf dem Fahrgeschäft „Spinning Barrels“ zwischen zwei Plattformen geraten war und getötet wurde (die RHEINPFALZ berichtete mehrfach). Obwohl der Park die drehenden Fässer nach den Ermittlungen längst hätte wieder eröffnen können, sei die Anlage verkauft und nach wie vor geschlossen. „Wir warten mit dem endgültigen Abbau ab, bis alle Ermittlungen abgeschlossen sind“, so van den Kerkhof. RTL habe dem Park-Management einen schriftlichen Fragenkatalog vorgelegt, der auf 19 Seiten „offen und intensiv“ beantwortet worden sei. Trotzdem habe der Sender behauptet, keine Stellungnahme erhalten zu haben. RTL sagt auf Anfrage, die Stellungnahme von Plopsa zu spät erhalten zu haben: „Wir haben dem Holiday Park am 3. August unseren Fragenkatalog geschickt mit Fristsetzung bis 17. August. Leider ist bis zum Fristablauf nichts eingegangen. Eingegangen ist am 1. September ein Antwortschreiben, das auf den 24. August datiert war“, heißt es auf Anfrage. Die Sendung „Team Wallraff“ wurde am 31. August ausgestrahlt. Aus der Antwort der Plopsa-Gruppe, das der RHEINPFALZ vorliegt, geht hervor, das dem Einsatz von Mitarbeitern ein intensives Schulungsprogramm vorausgeht, das en détail dokumentiert werde. Vorfälle jeglicher Art würden in- und extern genauestens analysiert; die jeweiligen Ergebnisse flössen ins Sicherheitssystem aller sechs Themenparks der Plopsa-Gruppe ein und mündeten in verbindliche Vorgaben, die ein Höchstmaß an Sicherheit an allen Standorten gewährleisten sollen. Da das Opfer des Unfalls neben der deutschen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft hatte und ein Elternteil bei der US-Army beschäftigt ist, habe neben den deutschen Behörden auch die Army ermittelt, berichtet von den Kerkhof. Eine sechsköpfige Expertenkommission sei an zwei Tagen im Holiday Park gewesen und habe sämtliche Attraktionen auf ihre Sicherheit überprüft. Das Ergebnis dieses Gutachtens, das ebenfalls der RHEINPFALZ vorliegt, besagt, dass es im Holiday Park keinerlei gefährliche Sicherheitslücken gebe. Es seien lediglich kleinere, leicht zu behebende Mängel festgestellt worden, die Standards im Park seien hoch. Auch habe der Park die Untersuchung offen unterstützt und keinerlei wie auch immer gearteten Versuche unternommen, die Meinung der Kommission zu beeinflussen. „Wir bedauern diesen Vorfall außerordentlich und tun alles in unserer Macht stehende, die Sicherheit unserer Besucher zu gewährleisten“, betont van den Kerkhof. Allerdings könne man auch nicht die Augen davor verschließen, dass Unfälle passieren könnten – ob nun im Holiday Park oder im Straßenverkehr. Unabhängig vom laufenden Verfahren merkt er an, dass Fahrgeschäfte wie die „Spinning Barrels“ auf Jahrmärkten gänzlich ohne Absicherungsmaßnahmen betrieben würden und das Unfallrisiko dort deutlich höher sei. Das sei unerheblich, sagt Hubert Ströber, Leitender Oberstaatsanwalt der ermittelnden Staatsanwaltschaft Frankenthal. Für den vorliegenden Fall seien nur die für den Holiday Park geltenden Vorschriften relevant, und die sähen nun einmal vor, dass eine Verletzung von Sicherheitsvorschriften durch Mitarbeiter des Parks nicht ausgeschlossen werden könnten. Die Staatsanwaltschaft habe deshalb Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben. Der Inhalt des US-Gutachtens sei in die Ermittlungen bislang nicht eingeflossen, weil die Staatsanwaltschaft keine Kenntnis davon gehabt habe. Er würde sich allerdings für die Inhalte interessieren, sagte Ströber, der von den Ermittlungen der Amerikaner erst durch die RHEINPFALZ erfahren hat. Wann das Verfahren vor dem Amtsgericht Neustadt eröffnet wird, war gestern noch nicht klar. „Die Terminierung findet erst statt, wenn alle Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahmen hatten“, erläutert Amtsgerichtsdirektor Matthias Frey auf Anfrage.

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