Rheinpfalz Eine neue Therapie bei Migräne

MANNHEIM. Auf dem Schmerzkongress im Mannheimer Rosengarten hat gestern Professor Andreas Straube, Präsident der deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, einen neuen Therapieansatz bei Migräne vorgestellt.

„Wir wissen, dass es eine Wechselwirkung zwischen Gehirn und Magen-Darm-Trakt gibt.“ Nur seien die Studien dazu noch „sehr dünn und Lückenhaft“, sagte Straube. Magen-Darm-Trakt, Leber und Gehirn seien über den Pfortader-Kreislauf miteinander verbunden. Migräne-Patienten litten so überdurchschnittlich oft an Funktionsstörungen des Magen-Darm-Trakts, und Menschen mit Erkrankungen wie Reizmagen oder Reizdarm seien wiederum häufig von Migräne betroffen. Daraus lasse sich der Schluss ziehen, dass Entzündungen im Magen-Darm-Trakt Migräne ungünstig beeinflussen. Es liege daher nahe, das Augenmerk auf die Darmflora zu richten und zu schauen, inwieweit die Bakterien, das sogenannte Mikrobiom, Einfluss auf Migräne haben. Bereits seit 1991 beschäftigt sich Anita Frauwallner in ihrem Institut in Graz mit dieser Spezies. Von den zwei bis drei Millionen Bakterien sind derzeit weniger als ein Prozent bekannt. Was man jedoch weiß, ist, dass ein „löchriger“, nicht ausreichend von „guten“ Bakterien besiedelter Darm Giftstoffe ungehindert über die Darmwand in den Blutkreislauf eindringen lässt. „Wenn die Leber im zweiten Schritt diese nicht schnell genug abbauen kann, werden die Gifte bis in unserer Gehirn weitergeleitet und unser Hirngewebe empfindlich gereizt“, sagte die Forscherin. Das Gehirn könne sich jedoch von den Giftstoffen befreien, beruhigte Frauwallner. Eher zufällig beobachtete ihr Team, dass ein ursprünglich von ihrem Institut entwickeltes Multispezies-Probiotikum zur Verbesserung der Leberfunktion sich zugleich günstig bei Migräne auswirkt. Seit 1. September 2015 ist nun ein neues apothekenpflichtiges Medikament auf dem Markt. „Neueste wissenschaftliche Studien mit Migräne-Patienten belegen, dass bereits durch die achtwöchige Einnahme des Synbiotikums die Häufigkeit von Migräneattacken um 23 Prozent gesenkt werden kann“, warb die Forschungsleiterin für ihr Medikament. „Zudem konnte die Intensität der Migräneattacken deutlich reduziert und eine starke Verbesserung der Lebensqualität bestätigt werden.“ Rund zehn Prozent der Bevölkerung leiden unter Migräne, Frauen dreimal häufiger als Männer. 80 Prozent der Bevölkerung hätten zudem eine eher ungesunde Darmflora, meinte die Forschungsleiterin. Noch heute und seit Mittwoch tauschen sich Ärzte verschiedener Fachrichtungen, Psychologen, Pflegeberufe und Grundlagenwissenschaftler auf dem Kongress über das Symptom Schmerz aus. (waz)

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