Ludwigshafen Welt im Miniaturformat

„Amazing Story“, Miniskulptur von Peter Saurer.
»Amazing Story«, Miniskulptur von Peter Saurer.

„Wechselwirkung“ heißt die aktuelle Ausstellung im Mannheimer Kunstverein. Sie zeigt Arbeiten von Peter Sauerer und Trude Friedrich. Alle sind klein, die meisten sind aus heimischem Holz geschnitzt. Dass die beiden Künstler auch im Leben ein Paar sind, dürfte so gesehen alles andere als nur Zufall sein.

Du siehst hin und denkst, du bist vielleicht im falschen Film. Peter Sauerer und Trude Friedrich tun das, was kaum einer sonst tut im Kunstbetrieb. Der wird immer monumentaler und lauter, das Duo aber bleibt leise und beim kleinen Format. Echte Miniaturisten sind sie, arbeiten mit Papier, Schnur, Blech, aber auch mit Buchsbaum, Haselnuss, Lindenholz und Walnussschale. Dass Arbeiten von Peter Sauerer (1958 in München geboren) mehrfach bei der Triennale der Kleinplastik in Fellbach zu sehen waren, versteht sich fast von selbst, ebenso die Ankäufe durch das Frankfurter Museum für Neue Kunst und die aufs kleine Format spezialisierten Städtischen Museen Heilbronn. Vergessen wir nicht Ausstellungsbeteiligen in der Ludwigshafener Rudolf-Scharpf-Galerie („Demolition Demon“ 2011) und zwei Jahre später im Mannheimer Kunstverein. Trotzdem ist der Ruf des in Walleshausen-Geltendorf im tiefsten Bayern lebenden Duos ein eher stiller, aber beständiger. Klein und unscheinbar? Aber auch ironiefrei? Ordnungssysteme sind selten ironiefrei, selbst wenn sie so tun als wären sie es. Was die kontrollierte Ablage von Dingen angeht, ist Peter Sauerer unschlagbar. Macht Kisten und Kästchen, um darin die Vergangenheit abzulegen: die Welt in Schachteln. In Mannheim hängen sie reihenweise geöffnet an der Wand, auf der Innenseite des Deckels sieht man im Miniaturformat Filmplakate, Pressefotos oder Gemälde. Im Kasten links daneben stehen zierlich geschnitzte und bemalte Figürchen, die das Personal der in den Deckel eingeklebten Szenen nachstellen. Daneben baumeln auf einer Schnur zur Kette aufgefädelte Goldzähne und Patronen. Ein Haus, maßstabgerecht verkleinert ist auch da, es ist das Nietzsche-Haus in Sils Maria. Hinten hat es keine Fenster. Warum? Weil es meistens nur von vorne fotografiert wird: Wieder etwas gelernt. Und wenn Peter Sauerer Walnussschalen mit kleinen Geschichten befüllt, geraten wir endgültig aus dem Häuschen. Trude Friedrich (1955 in Argentinien geboren) gibt sich fast noch bescheidener. Sie schnitzt Reliefbilder, Zäune, Mauern, Gitter und Gräser, die aussehen als seien es echte. Das meiste ist nicht größer als eine Postkarte, Lindenholz ungefasst oder dezent bemalt. Naturbelassene Ästchen aus dem heimischen Garten sind zu strudelnden Sonnenrädern gefügt, eine Wäscheleine baumelt an der Wand, die Klammern sind täuschend echte Schnitzarbeiten. Ein Hauch von anachronistischer Handarbeit liegt in der Luft, dies allen Ernstes anzunehmen, würde die meditative Haltung der famosen Schnitzerin allerdings unziemlich herabsetzen. Trude Friedrich ist eine Meisterin der ruhigen Hand, ihr Tun ein unheilbar romantisches. Da war doch einmal was mit der romantischen Ironie? In beidem ist das Duo Sauerer-Friedrich unschlagbar. Selbst wenn es auf den ersten Blick gar nicht so aussieht. Von Ausstellungsleiter Martin Stather stammt der passende Schlusssatz, das beider Arbeiten ein wenig wie die Büchse der Pandora seien: „Öffnet man die Augen, kann man nie wieder in den Stand der Unschuld davor zurückfinden.“ Termine Mannheimer Kunstverein bis 15. Oktober, Dienstag bis Sonntag 12 bis 17 Uhr; Führung: Sonntag 15 Uhr.

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