Ludwigshafen Weitere Zeugen notwendig

Der Prozess gegen einen jungen syrischen Flüchtling aus Ludwigshafen wegen versuchten Totschlags ist gestern fortgesetzt worden. Der 21-Jährige soll bei einem Streit an der Rheinpromenade im November 2016 einen anderen Flüchtling aus Afghanistan mit dem Messer lebensgefährlich verletzt haben. Der Angeklagte beruft sich auf Notwehr.

Nach den bisherigen Feststellungen des Gerichts traf der Beschuldigte am Abend des 16. November 2016 mit anderen Asylbewerbern an der Rheinpromenade zusammen. Nachdem sie Alkohol getrunken hatten, kam es in der Gruppe zum Streit. Die mündete in eine Schlägerei mit einem afghanischen Flüchtling. Wie ihm die Anklageschrift vorwirft, hat der Angeklagte dabei ein Taschenmesser mit einer neun Zentimeter langen Klinge gezogen und seinen Gegner mit drei Stichen am Oberkörper verletzt. Dieser verlor viel Blut und konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Der Beschuldigte wurde kurz danach an der Rheinpromenade gefasst und sitzt seitdem in der Jugendstrafanstalt Schifferstadt. Gegenüber Ermittlern hatte er die Tat als Notwehrsituation beschrieben. Bei der Rekonstruktion der Tatumstände ist das Gericht im Wesentlichen auf Zeugenaussagen der beteiligten Flüchtlinge angewiesen. Licht in den Ablauf der Ereignisse zu bringen, erwies sich jedoch im Verlauf der bisherigen Verhandlung als schwierig. Tatzeugen konnten sich nur schlecht erinnern oder gaben an, den entscheidenden Hergang nicht gesehen zu haben. Der verletzte Flüchtling aus Afghanistan sagte, er habe nach den Operationen die Erinnerung an den Vorfall verloren. Die Strategie der Verteidigung zielt daher offenbar darauf ab, zu hinterfragen, ob der verletzte Kontrahent glaubwürdig ist. Insgesamt gestaltet sich der Gerichtsprozess zäh und kommt nur schwer voran. Das galt auch für den gestrigen Verhandlungstag. Als Zeugin sagte eine Mitarbeiterin des Vereins für Jugendhilfe aus Ludwigshafen aus, die den verletzten Flüchtling längere Zeit betreut hat. Über den tätlichen Vorfall habe dieser in der Zeit danach ihr gegenüber nichts erzählt. Er habe sich mit dieser Sache nicht mehr beschäftigt, sei darüber auch nicht wütend gewesen, sagte die Erzieherin. Dass sein Verhalten sich nach den Klinikaufenthalten verändert habe, konnte sie nicht bestätigen. „Er war schon immer mit dem Kopf woanders, es war schwer, mit ihm was festzulegen“, ergänzte sie. Sie habe ihm bereits zuvor wichtige Dinge zur Erinnerung aufschreiben müssen. Wie Rechtsanwältin Gabriele Haas beklagte, habe der Vormund des verletzten Afghanen bisher keine Erlaubnis für ein psychologisches Gutachten erteilt. Deshalb könne nicht darauf verzichtet werden, weitere Zeugen zu laden. Der Prozess wird am 10. August fortgesetzt.

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