Ludwigshafen Wanderer zwischen den Stilen

Ein ureigener Sound: Vincent Hall haben sich um den Sänger und Texter Louis Leibfried (Mitte) geschart.
Ein ureigener Sound: Vincent Hall haben sich um den Sänger und Texter Louis Leibfried (Mitte) geschart.

Erst in der vergangenen Woche ist die Indie-Popband Vincent Hall auf der „Sommerbühne“ der Alten Feuerwache in Mannheim aufgetreten. Zuvor ließ ihr Auftritt beim Semesterabschlusskonzert der Mannheimer Popakademie im Capitol aufhorchen. Vorerst bleibt die Band in Mannheim. Aber langfristig hat sie eine große Karriere im Auge.

Nach dem Abschluss eines Studiums an der Popakademie in Mannheim kann es mit der Musikkarriere steil nach oben gehen. Dies haben in jüngster Zeit die Neulinge am Popstar-Himmel Joris und Alice Merton bewiesen. Der Beginn einer Karriere könnte direkt von der Popakademie in die bundesdeutschen Charts führen. Ein Blick auf neue, interessante Bands aus Mannheims Talentschmiede ist stets lohnend. Auch die fünf Jungs von Vincent Hall haben an der Popakademie zusammengefunden. Vor Kurzem haben sie ihr erstes von insgesamt drei Livesession-Videos namens „Red Light“ beim Online-Musikkanal You Tube veröffentlicht. Drehort war die Alte Sternwarte in Mannheim. Ihre EP „Vincent Hall“ ist gerade ein paar Tage alt. In „Red Light“ besingt Frontman Louis Leibfried mit markanter und zugleich seltsam unaufdringlicher Stimme wahre Lebensskizzen einer Prostituierten. Sublim bohrt sich sein bisweilen zarter, gefühlvoller Gesang in den Gehörgang, der genauso unvermittelt in kraftvoll-rockige Gefilde wechseln kann. Von langsam wechselnden Basslinien (Patrick Gruber) getragen verschmelzen Gesang, Keyboards (Basti Horn) und Gitarre (Jonathan Schmid) in eine Harmonie, die Gleichberechtigung ausstrahlt. Auch wenn einige der Songs vokal geprägt sind und der Bandname zunächst einen Solokünstler auf der Bühne vermuten lässt, ist Vincent Hall kein Soloprojekt, sondern eine Band, unterstreicht Drummer Andreas „Andi“ Polke. Vincent Hall sehen sich selbst als Wanderer zwischen den Genres. „Ich finde es wichtig, dass man seine Schublade selber macht“, sagt Andreas Polke. Auch wenn Sänger Louis Leibfried die Songtext-Feder weitgehend alleine führt und seine englische Muttersprache den Texten Tiefe und Authentizität verleiht, offenbart ein Live-Auftritt von Vincent Hall, dass hier fünf Musiker gemeinsam auf der Bühne stehen und einen handgemachten, ureigenen Sound produzieren, der jedem Bandmitglied den nötigen Raum lässt und gerade nicht in einen Einheitsbrei verschmilzt. Stets auf das bereits Dagewesene fixiert, kann das musikalische Gedächtnis bei Vincent Hall zumindest in deren Anfangssongs Anklänge von John Mayer, Bon Iver oder James Blake erahnen. Seit 2015 spielen sie in der aktuellen Bandkonstellation und haben sich stetig weiterentwickelt. Vielleicht ist es Frontmann Louis Leibfried zuzuschreiben, der mütterlicherseits in der Beatles-Stadt Liverpool verwurzelt ist, dass in ihrer Musik zudem eine gewisse Nostalgie oder Old-School-Haftigkeit mitschwingt. Auf Refrains möchte Leibfried die Songs nicht reduziert sehen. „Ich finde es verschwenderisch“, meint er auf die Frage nach einer typischen Textzeile. Für ihn macht die Gesamtaussage eines Songs den Geist von Vincent Hall aus. Nur so könnten durch das gesamte Gefüge Emotionen transportiert werden. Von München über den Schwarzwald, den Rhein-Pfalz-Kreis bis nach Bonn und Liverpool reichen die heimatlichen Verwurzelungen der Bandmitglieder, die schließlich die Popakademie in Mannheim zusammengeführt hat. Eine Weile zumindest werden sie auch noch in Mannheim heimisch bleiben verrät Drummer Andreas Polke weiter. „Mannheim ist ein sehr kreativer Raum für unsere Bandentwicklung“, lautet sein Fazit über die Quadratestadt. Dennoch sprechen die Bandvisionen für mögliche Standortänderungen. Die Band möchte auf dem internationalen Markt funktionieren, das sprachliche Rüstzeug dazu wurde dem Frontmann ja in die Wiege gelegt. Im nächsten Jahr steht erst einmal der Beginn der Produktion ihres Debütalbums an. Der Bandname und dessen Herkunft sei an dieser Stelle nicht verschwiegen: Leibfrieds Opa, der Vincent Hall hieß, brachte seinen Enkel zur Musik. Dieser versprach seinem Opa, sollte er je die Musik machen, die er wirklich machen wolle, werde er seine Band nach ihm benennen. Das Versprechen hat er früh eingelöst. Ein gutes Zeichen.

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