Rheinpfalz Seelenpflege via E-Mails

Schreibt mit Menschen, die sich scheuen, offen über ihre Probleme zu reden: Gabriele Bamberger.
Schreibt mit Menschen, die sich scheuen, offen über ihre Probleme zu reden: Gabriele Bamberger.

«Speyer/Klingenmünster.» Einsamkeit, Angst, Scham – es gibt Gefühle, die einem das Leben schwermachen können. Vor allem nachts und am Wochenende. Dann bekommen Gabriele Bamberger und ihre Kollegen von der Internetseelsorge die meisten E-Mails. Die 53-Jährige aus Klingenmünster weiß, worauf es bei den Antworten ankommt.

Anne hat Angst. Sie hat morgen einen Arzttermin und will nicht vor die Tür. Anne hat Angst vor größeren Menschenansammlungen, weshalb sie schon alle ihre sozialen Kontakte abgebrochen hat. Sie hat niemanden, mit dem sie reden kann. Aber sie muss reden. Im Internet stößt sie auf eine Seelsorgeseite, über die sie schriftlich und anonym Rat suchen kann. Gott sei Dank. Anne fängt sofort an zu schreiben. Gabriele Bamberger von der Internetseelsorge hat täglich mit Menschen wie Anne zu tun, die über ihre Probleme reden wollen. Über Gewalt in der Ehe, Missbrauch, schwere Traumata. Aber eben anonym, ohne Namen oder andere Daten über sich preiszugeben. Zumindest nicht, wenn sie nicht wollen. „Ich weiß nur das von den Leuten, was sie mir mitteilen wollen“, sagt Bamberger, die beim Bistum Speyer eine halbe Stelle als Seelsorgerin hat. Das sei oft das Alter und der Wohnort. Aus ganz Deutschland bekommt sie Anfragen, seit anderthalb Jahren. Die Internetseelsorge ist ein Angebot von sechs Bistümern aus ganz Deutschland, darunter Speyer, finanziert von deren Diözesen. Dabei müssen die Ratsuchenden, wie die 53-jährige Bamberger ihre Gesprächspartner nennt, nicht fromm sein; das Angebot ist für alle da. Sie können sich einen von insgesamt 40 Ratgebern auf der Internetseite aussuchen. „Onlineberatung mit Gesicht“, nennt Bamberger das, denn von jedem Ratgeber gibt es auch ein Foto und ein kurzes Porträt. Weil sie in ihrem Profil angegeben hat, über 20 Jahre in der Psychiatrie und auch in der Behindertenseelsorge gearbeitet zu haben, habe sie entsprechend oft mit Menschen mit psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen zu tun. Vier bis sechs Mails beantworte sie pro Tag in ihrer 20-Stunden-Woche. „Das geschriebene Wort wirkt“, sagt sie. Deshalb lässt sie sich auch gerne ein bisschen Zeit mit einer Antwort. Es geht ihr nicht darum, kluge Ratschläge zu geben, sondern ihre eigene Sicht der Dinge darzulegen und Denkanstöße zu geben. „Die meisten schreiben mir zurück, dass sie sich leichter fühlen. Dass es ihnen schon geholfen habe, ihre Gedanken aufzuschreiben. Das ist ein bisschen wie ins Tagebuch schreiben“, weiß Bamberger. Andere melden sich nicht mehr. „Das treibt mich dann schon um, und ich hoffe, dass sie ihren Weg auch ohne mich gut weitergehen.“ Im Internet www.internetseelsorge.de/seelsorge

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