Ludwigshafen Rockparts und sphärische Klänge

Hat ein Händchen für hymnische Stücke: die Band Lion Lion.
Hat ein Händchen für hymnische Stücke: die Band Lion Lion.

Da sich der Sommer eine kurz Verschnaufpause gönnt, ist der Auftritt der Band Lion Lion ins Innere der Alten Feuerwache in Mannheim verlegt worden. Die Fans der Sommerbühne-Konzertreihe ließen sich ihre gute Laune allerdings vom Regen nicht vermiesen und feierten ausgelassen zum träumerischen und sphärischen Sound des deutschen Quartetts.

„Kommt doch noch einen Schritt nach vorne, näher zu uns“, fordert Sänger und Keyboarder Michael Rückert die Zuschauer auf, die sich das nicht zweimal sagen lassen. Mit ihrer Mischung aus Melancholie und Zuversicht fesseln Lion Lion von der ersten Sekunde ihr Publikum, nehmen es mit auf eine träumerische Reise durch die Welt sphärisch anmutender Klänge. Dabei können sie mit dieser Klangkulisse durchaus auch mal brechen, denn unvorhergesehene Tempo- und Rhythmuswechsel durchbrechen immer mal wieder den Soundzauber ohne diesen jedoch zu zerstören – im Gegenteil: Die rockigen Parts fügen sich harmonisch in das Soundgefüge ein und verleihen den Stücken noch mehr Intensität. In den Texten geht es teilweise weniger harmonisch zu. Zwischen all den träumerisch anmutenden Klängen verbergen sich tiefe Selbstzweifel und Verlustängste. Mit „What Remains“ oder „100 Miles Away“ betreten die Musiker eine Welt, die zunächst etwas düster erscheint, auf den zweiten Blick jedoch auch helle Funken versprüht. Kein Wunder: Immerhin war vor ein paar Jahren gar nicht klar, ob sich der Traum einer Musikerkarriere für das Quartett erfüllen würde. Nach etlichen Jahren des gemeinsamen Musizierens verlor Sänger und Songschreiber Michael Rückert 2013 seine Stimme. Da war er gerade mit seinem Zwillingsbruder Matthias (Gitarre), Andre Bayer (Schlagzeug) und David Laplant (Bass) im Studio, um intensiv am ersten Album zu arbeiten. Das war wohl zu viel für den sensibel wirkenden Musiker, der jedoch nicht aufgab und nach einer fast einjährigen Zwangspause wieder zurückgekehrt ist – mit einer eindrucksvollen Stimme, die passend zu den Songs zwischen Zerbrechlichkeit und Stärke hin und her wechselt. Diese prägende Erfahrung spiegelt sich in Rückerts Liedern wieder, der zusammen mit seinen Bandkollegen einen ganz neuen Lion-Lion-Sound kreiert hat. Und dieser erinnert phasenweise an Größen wie Coldplay. Genauso wie die britischen Weltstars haben die vier Musiker ein Händchen für hymnische Stücke – Lieder, die sich ganz unaufdringlich in den Gehörgängen der Zuschauer einnisten und dort wirkungsvoll nachhallen. Obwohl die jungen Künstler ernste, schwere Themen wie Enttäuschung oder Zweifel besingen, schwingt in den Texten immer ein Fünkchen Hoffnung mit. Die Zuversicht, dass alles irgendwie gut wird. So wie in ihrem Fall, denn nach jahrelanger Arbeit im Studio veröffentlichen Lion Lion im September ihr Debütalbum. Das erzählt von einem Neuanfang, dem Zauber des Durchhaltens und Vertrauens. Sie sind bei sich angekommen, haben ihren Bandfindungsprozess abgeschlossen und machen sich nun auf den Weg, mit ihrer neu gewonnenen Stärke das Publikum zu verzücken. In Mannheim ist es ihnen bestens gelungen. Der Auftritt ist für das Quartett auch ein bisschen wie nach Hause kommen. „Ich habe sechs Jahre hier gewohnt“, berichtet Michael Rückert, bevor er „Come Home“ anstimmt und die musikalische Reise fortsetzt. Eine Reise, die am Ende mit lautstarkem Jubel gefeiert wird.

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