Rheinpfalz Nicht nur Nachhilfe in Deutsch nötig

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Mannheim. Ein Pilotprojekt, um Zuwanderern mit Hochschulabschluss einen Einstieg in den Arbeitsmarkt entsprechend ihrer Qualifikation zu ermöglichen, hat die Stadt Mannheim gemeinsam mit Kooperationspartnern gestartet. Bislang stehen dabei internationale Fachkräfte mit einem betriebswirtschaftlichen Abschluss im Fokus.

Am Arbeitswillen mangelt es Migranten, die in ihrer Heimat einen wirtschaftsakademischen Abschluss erlangt haben, offenbar kaum. Doch so einfach ist der ihrer Qualifikation entsprechende Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt nicht. Abgesehen von möglichen sprachlichen Barrieren, ist oftmals die Vergleichbarkeit der Abschlüsse eine Hürde. Denn die Firmen, die sich die Bewerber anschauen, möchten wissen, was sie wirklich können. „Wir brauchen diese Fachkräfte. Nicht nur in Mannheim, sondern in der gesamten Metropolregion Rhein-Neckar“, sagt Mannheims für Wirtschaft zuständiger Bürgermeister Michael Grötsch (CDU). Grund sei der demografische Wandel, der nach Ansicht des Bürgermeisters für einen Fachkräftemangel sorgt. Zudem sei die Wirtschaft in Mannheim und der Region gut aufgestellt, was für einen zusätzlichen Bedarf an Fachkräften sorge. Um dem entgegenzuwirken hat die Stadt eine Initiative gestartet, deren Name leicht sperrig daher kommt: „Anpassungsqualifizierung Betriebswirtschaftslehre für internationale Fachkräfte.“ Die Idee ist, ausgebildeten Migranten eine reelle Einstiegschance in den Arbeitsmarkt zu bieten. Gerade im Bereich der Betriebswirtschaftslehre gebe es keine Gleichwertigkeitsprüfung, die den Unternehmen einen Vergleich der Qualifikationen eines ausländischen Bewerbers erlaubt, erklärt Grötsch. Seit Ende September läuft das Projekt mit 18 Teilnehmern, die in verschiedenen Unterrichtseinheiten und im Wechsel zwischen Graduate School Rhein-Neckar und Welcome Center Rhein-Neckar/Heidelberger Dienste gGmbH fachliche, kulturelle, methodische sowie sprachliche Kompetenzen vermittelt bekommen. So etwas war laut Grötsch bislang am Wohnort nicht möglich. Dabei frischen die Teilnehmer innerhalb von sechs Wochen ihre BWL-Grundlagen auf. Sie beschäftigen sich mit Rechnungswesen, Marketing oder Statistik. Außerdem lernen sie Eigentümlichkeiten der deutschen Wirtschaft näher kennen wie öffentliches Recht oder Arbeitsrecht. Daneben stehen Deutsch als Fremdsprache, Bewerbungstrainings und die Besonderheiten der hiesigen Unternehmenskultur auf dem Stundenplan. Bei anschließenden Praktika können die Teilnehmer ihre Erfahrungen und das neue erworbene Wissen in Unternehmen der Region anwenden. Während Christiane Ram, Leiterin der Mannheimer Wirtschaftsförderung, den Projektteilnehmern eine hohe Motivation bescheinigt, verbinden diese große Hoffnungen mit dem Projekt. Die Brasilianerin Roberta Biasuz Fagherazzi zum Beispiel sehe es als eine gute Chance an in den hiesigen Arbeitsmarkt einzusteigen. Sie ist seit etwas über einem Jahr in Mannheim, hat in ihrer Heimat BWL studiert und beginnt demnächst ein Praktikum im Bereich „Human Resources“ bei der Unternehmensgruppe Diringer und Scheidel, die als erster Betrieb beim Pilotprojekt eingestiegen ist. „Die Unternehmenskultur in meinem Land ist ganz anders“, erklärt Biasuz Fagherazzi beispielhaft Unterschiede zwischen Brasilien und Deutschland. Für sie gilt es nun, Wissenslücken zu schließen, um später mit ihrer Ausbildung hier Fuß fassen zu können.

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