Rhein-Pfalz Kreis Huh-huh und huschhusch

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Ludwigshafen. Riesige Knopfaugen, ein weiches Federkleid – der Waldkauz ist ein hübscher Vertreter nachtaktiver Vögel. Er gilt als häufigster Eulenvogel in Deutschland, gesehen haben ihn die meisten allerdings höchstens im Vorbeihuschen. Vielleicht mag sich ja 2017 jemand auf die Lauer legen und Ausdauer zeigen, um den Jäger etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, immerhin ist er Vogel des Jahres.

Der Vollmond scheint auf ein verfallenes Schloss, es ist von Nebel verhangen. Ein Mensch irrt durch den Wald und dann erklingt dieser schaurige Ruf: „huh-huh-huuuh, huh-huh-huuuh“ – klassisches Gruselfilmmaterial. Dabei ist eben dieser Ruf Experten des BUND zufolge der Liebesgesang des heimischen Waldkauzes. Die Männchen buhlen damit um die Gunst der Weibchen, die mit einem „Ku-witt, Ku-witt“ antworten. In klaren kalten Januarnächten ertönt das Duett, das für Menschenohren unheimlich klingt. „Fest steht, dass wir den Vogel eher hören als sehen“, sagt Volker Westermann, der beim Forstamt Pfälzer Rheinauen für die Waldpädagogik zuständig ist. Der Waldkauz ist ein Fall für Nachteulen und sehr ausdauernde Beobachter. Nur mit Glück lassen sich die nachtaktiven Tiere auch tagsüber beim Sonnen erspähen, wenn Singvögel etwa durch Zetern den Aufenthaltsort des Jägers verraten. Bei unserem Streifzug durch den Winterwald um 11 Uhr vormittags bleibt uns allenfalls, nach Spuren der letzten Nacht zu suchen: gelassene Federn oder gefallene Reste. Die unverdaulichen Teile wie Knochen und Zähne würgt der Waldkauz wieder raus. Die Klumpen werden Gewölle genannt. Als Lebenszeichen muss uns das reichen. Um uns ein Bild von dem Eulenvogel machen zu können, muss ein Foto her. Wie eingangs beschrieben, fallen sofort die großen Augen auf. „Die sind toll, nicht wahr?“, sagt Westermann. „Damit können sie auch mit ganz wenig Licht noch etwas sehen, viel wichtiger ist jedoch der Gehörsinn. Und das ist wahrlich erstaunlich: Aus hundert Metern Entfernung hört der Waldkauz beim Fliegen das Rascheln einer Maus.“ Unser Bildungsförster ist begeistert von der Natur, die die Ohröffnungen am Käuzchenköpfchen etwas versetzt angebracht hat, so dass ein Geräusch mit minimaler Zeitdifferenz an die Ohren kommt und Geräuschquellen exakt lokalisiert werden können. Käuzchen? Köpfchen? Die Verniedlichungsform ist bei diesem Vogel noch angebracht. Er besitzt ungefähr die Größe einer Krähe, wird also nicht größer als 40 Zentimeter und wiegt nur etwa 600 Gramm. Zum Vergleich: Sein Verwandter, der Uhu, bringt es auf 70 Zentimeter. Allerdings wird ein Rotkehlchen von 14 Zentimetern den Kauz kaum komisch oder niedlich finden, wenn er einen Angriff startet. Exemplare, die im städtischen Bereich der Parklandschaften leben, ernähren sich häufig bis zu 70 Prozent von Singvögeln. Als „echter“ Waldkauz ist er normalerweise eher an Mäuse-, Kaninchen-, oder Eichhörnchenfleisch interessiert. Aber auch Ratten, Frösche, Käfer und Fische stehen auf seinem Speiseplan. Das Fiese für die Beutetiere: Waldkäuze erscheinen auf ihren Suchflügen wie aus dem Nichts , denn sie fliegen fast geräuschlos, dank eingebauter „Schalldämpfer“. Die Flügel haben auf der Vorderseite einen Kamm aus steifen Federn, auf der Hinterseite des Flügels sind die Federn stark ausgefranst. Und die Flügeldecke ist feinsamtig und flaumig. Die Kombination dieser drei Faktoren bedingt einen fast lautlosen Flug. „Den man nicht wahrnimmt und deshalb von den Vögeln erschreckt werden kann. Den Mäusen allerdings bleibt meist keine Zeit mehr zu erstarren ...“, erklärt Westermann. „Eine perfekte Strategie in der Natur, die so manche Anwohner von Flughäfen wohl auch Flugzeugen wünscht.“ Der Förster lacht. Aber ein heikles Thema müssen wir bei ihm noch ansprechen – von wegen Schloss, huh-huh und Grusel: Gilt der Waldkauz nicht als Todesvogel, der sich zuweilen zeigt, wenn jemand im Sterben liegt? „Das war zumindest früher so“, sagt der Förster. Um den Sensenmann abzuwehren, seien die Vögel mitunter sogar getötet und an die Tür genagelt worden. Der einzige Grund, warum sich der unschuldige Vogel aber überhaupt genähert habe, seien die „leckeren“ Nachtfalter gewesen, die das Licht der Nachtwachen angelockt hatte. Wir sind beruhigt und bereit, den Kauz in seinem puscheligen Felderkleid goldig zu finden und als Vogel des Jahres anzuerkennen. Wenn er auch huschhusch und damit schwer zu entdecken ist. Damit er nicht still und leise für immer verschwindet, gibt es beim Landesforst ein Totholzkonzept. „Die Förster lassen bewusst alte Bäume, Höhlenbäume und ganze Waldstücke unbewirtschaftet, damit diese Strukturen langfristig erhalten bleiben. Und zwar möglichst dort, wo für Leute, die den Wald besuchen, keine Gefahr besteht, etwa weitab von Wanderwegen“, sagt Westermann. Solche Strukturen brauche der Waldkauz, sie sicherten die Vielfalt in der Natur – und dass diese im Gleichgewicht bleibt, liege wiederum im Interesse der Menschen.

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