Rheinpfalz Gänsehaut selbst noch zum „Silbernen“

Kurt Freund (rechts neben Julia Klöckner) bei der Wurstmarkt-Eröffnung 2010. Mit dabei waren auch der damalige Ministerpräsident
Kurt Freund (rechts neben Julia Klöckner) bei der Wurstmarkt-Eröffnung 2010. Mit dabei waren auch der damalige Ministerpräsident Kurt Beck (links) und Dürkheims Altbürgermeister Wolfgang Lutz (vorn).

«Bad Dürkheim.» „Hopp, Winzermäschter, dra(n) ans Fass, jetzt mache mer de Worschtmark nass!“ 25 Mal seit 1993 ist Kurt Freund dieser Aufforderung im Laienspiel zum Wurstmarkt-Auftakt nachgekommen. Zuletzt vor acht Tagen – und dies wird auch das letzte Mal für ihn gewesen sein. Nach dem Silberjubiläum als Wurstmarkt-Winzermeister gibt der 68-Jährige sein Amt weiter an Helmut Darting.

„Ich habe einen tollen Nachfolger“, sagt Freund in seinem Bekenntnis, dass er nach dieser Zeit keineswegs wehmütig ist. Sondern „glücklich! Es waren unwahrscheinlich interessante Jahre, ich habe tolle Leute kennengelernt. Jetzt ist es die richtige Zeit aufzuhören“. Im Stadtrat hatte Freund damals unter drei Bewerbern den Zuschlag bekommen bei der Auswahl für die Nachfolge von Heinz Karst, der noch als Wurstmarkt-Küfermeister fungierte. An dieser Stelle musste der Text von Helmut Metzger im Eröffnungsspiel in die richtige Berufsbezeichnung geändert werden, denn Freund ist kein Küfer, sondern Winzer und Rebveredler. Einen Küferschlegel hatte er natürlich trotzdem, den wird er auch mit in den Ruhestand nehmen – es ist ein Familienerbstück, das schon sein Großvater benutzt hatte. Weinbau wird bei den Freunds, die aus der Kallstadter Linie des Stammbaums kommen, seit vierter oder gar fünfter Generation betrieben. Das „Fässchen“ – das immerhin 32 Liter fasst – gehört den Vier Jahreszeiten Winzern, über seine Weiterverwendung beim ersten Anstich ist noch nicht gesprochen worden. Das hat Freund immer sauber hingekriegt. Es sei halt auch kein Druck drauf wie beim Oktoberfestbier, das je nach Geschick des Münchner OB schon mal ordentlich gespritzt hat. Gute Tropfen verloren gehen können hätten beim Weinfass allenfalls, wenn Freund den Spund auseinandergehauen hätte. Den einzigen Fauxpas hat der damals 44-Jährige ausgerechnet bei seiner Premiere eben noch vermieden. Da war plötzlich das Fässchen weg, das auf dem VJW-Gespann im Umzug hatte mitgenommen werden sollen. Als er es in Empfang nehmen wollte, hieß es, die Stadt habe es geholt und auf den Platz gebracht. Doch niemand wusste wohin. Erst zehn Minuten vor der Eröffnung entdeckte man es: Der Baubetriebshof hatte es versteckt unter der Bühne deponiert ... Ein Routinejob war es bis zuletzt nicht, sagt Kurt Freund. „Die Spannung ist da, wenn es auf den Platz geht“ in der Mitte der Jungwinzer mit ihren Schubkärcheln. Wenn die Leute am Straßenrand winkten, wenn er dann auf der Bühne stand und die erwartungsvollen Gesichter der Leute sah, die auf den ersten Schluck warteten – „das war auch nach 25 Jahren noch Gänsehaut“. Und jedes Jahr die Frage, wer von den Weinköniginnen kommt. Freund freut sich, welchen Sprung die jungen Frauen in dieser Rolle in seiner Ära gemacht haben, wie gut ausgebildet und flexibel im Umgang mit den Menschen sie geworden sind. Klar, seine „Königin“ war natürlich Tochter Sonja, mit der zusammen er viermal den Wurstmarkt eröffnet hat. „Das wird es auch nicht mehr geben“, ist er sicher. Ansonsten hat er die Größen dieses Landes persönlich kennengelernt, allen voran Kurt Beck, der sehr häufig da war (und beim Weinstraßentag eigens über die Straße kam, um ihn zu begrüßen), zuletzt Malu Dreyer. Natürlich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die 2008 da war. Und Helmut Kohl, ihn allerdings beim Eintrag ins Goldene Buch abseits vom Wurstmarkt. Außerhalb Bad Dürkheims trat das Wurstmarktfass nur noch in Kempten auf, wo Freund in seiner Originalrolle jedes Jahr zum Auftakt der Allgäuer Festwoche auftrat. Dort gab’s dann jeweils den Patenwein der bayerischen Partnerstadt aus dem 27 Ar großen Wingert am Dürkheimer Steinberg, den Freund von Anfang an betreut. Termin Verabschiedung von Kurt Freund als Wurstmarkt-Winzermeister und Amtseinführung von Helmut Darting, heute, 16.17 Uhr, am Riesenrad des Bad Dürkheimer Wurstmarkts.

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