Kultur Südpfalz Spielfreude und Interaktion

Jutta Brandl
Jutta Brandl

Das fünfte Open-Air-Jazzfestival im Stiftspark Klingenmünster begann am Freitag in der Remise – das Wetter war für ein Konzert unter freiem Himmel gar zu schlecht. Eröffnet haben Johannes Mann und Paul Janoschka als Duo mit kammermusikalischem Jazz. Das Jutta Brandl Quartett begeisterte die Zuhörer mit Spielfreude und Interaktion.

Johannes Mann an der Gitarre und Paul Janoschka am Klavier sind zwei junge Musiker, die in Mannheim Jazz studieren. Es gehört zum Konzept des Klingenmünster’schen Festivals, auch jungen Künstlern eine Plattform zu bieten. Das Verhältnis zwischen Klavier und Gitarre ist im Jazz oft heikel: Beides sind Instrumente, die zu dichten Harmonien fähig sind. Da kommt man sich leicht ins Gehege. Mann und Janoschka haben eigene Stücke gespielt und auch den ein oder anderen Standard arrangiert. Die Arrangements sind eng verwoben. Die harmonische Sprache ist farbig, und so klingen die Stücke von der Anlage her auch immer interessant. Gelegentlich wirkt das Duo ein bisschen kopflastig und introvertiert. Das Zusammenwirken der Instrumente ist manchmal etwas überladen. Der Pianist spielt volle Akkorde und verwendet noch Pedal – da wird es beim Zuhören etwas anstrengend, weil die Textur der Musik so enorm dicht wird. Für die warm und dezent klingende Gitarre gibt es dann keinen Raum mehr im Klangbild. Mit dem buchstäblichen „Mut zur Lücke“ wäre das aber leicht zu lösen. Dann kommen die spürbar vorhandenen Ideen und Fähigkeiten noch deutlicher zum tragen. „Weltenwandel“ heißt das diesjährige Motto des Festivals. Es gehe dabei um Wandel, Transformation, Re-Formation, Neuformung, heißt es in der Ankündigung. Das Jutta Brandl Quartett passte da besonders gut – es ist nämlich neu formiert und hatte hier Premiere. Die gut aufgelegte Sängerin und ihre Begleiter eroberten aus dem Stand das Publikum. Dirik Schilgen am Schlagzeug versteht es wie kaum ein anderer Drummer, Entspannung und Energie zugleich zu versprühen. Am Kontrabass zupft Hannes Höhn, den man unter anderem von Tango Transit kennt. Piano spielt Martin Preiser, der, ebenso wie Schilgen, schon in verschiedenen anderen Projekten mit Brandl zusammengearbeitet hat. Die Sängerin hat mit dem Programm in Klingenmünster auch einen Querschnitt ihres musikalischen Schaffens präsentiert: Klassiker aus dem Great American Songbook finden sich da ebenso wie eigene Stücke und im Scat gesungene Instrumentaltitel. Brandl stammt aus einer musikalischen Familie, in der viel gesungen wurde. Das war so selbstverständlich, dass sie erst nicht auf die Idee kam, daraus einen Beruf zu machen. Sie studierte Bautechnik in Kaiserslautern und sang in einer Folkband. Brandl entdeckte Jazz über Kommilitonen. Und der Jazz entdeckte Brandl am Baggerweiher. Dort nämlich hörte der Jazzgitarrist Ralf Herrnkind zufällig, wie Brandl zu Jazz aus dem Radiorekorder sang. Er nahm sie auf eine Session mit, vier Wochen später stand der erste Gig als Jazzsängerin. Bald hatte sie Formationen unter eigenem Namen. Mit Susan und Martin Weinert entstand das Jutta Brandl Trio. In anderen Projekten arbeitete sie mit Frank Kuruc, heute Professor in Mannheim, und Klaus Wagenleiter, heute Leiter der SWR-Big-Band. Auch mit dem aktuellen Quartett hat sie wieder exzellente Musiker um sich geschart. Und die haben offenbar richtig Spaß. Sehr dynamisch und lebendig wirkte die Musik mitreißend auf die Zuhörer. Dazu kommt die erfrischend natürliche Art der Sängerin, das Publikum anzusprechen und teilhaben zu lassen am Spaß, den die Künstler auf der Bühne haben. Bemerkenswert ist auch, dass Brandl selbst wirklich schwere Sachen mit souveräner Selbstverständlichkeit vorträgt. Instrumentalstücke von Herbie Hancock, wie etwa „Butterfly“ hat sie neu arrangiert und die Instrumentalstimme zum Scat-Gesang gemacht. Das war nie für Gesang gedacht, und so kommen ungewöhnliche harmonische Wendungen und schwierige Intervalle en masse vor. Und es ist verblüffend, wie gut das klappt und wie spannend das klingt.

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