Karlsruhe „So ähnlich wie ein Fahrschulauto“

Der Weg bis zum komplett autonom fahrenden Auto ist noch weit, davon ist Professor Marius Zöllner vom Forschungszentrum Informatik am KIT überzeugt. Einige hierfür nötige Technologien würden aber bereits sinnvoll eingesetzt, beispielsweise Tempomaten, Abstandswarner und Spurhalter. Bis zur Praxistauglichkeit, in der ein autonom fahrendes Fahrzeug tatsächlich alle „normalen“ Situationen beherrscht, werden – so Zöllner – wohl aber noch Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte vergehen.

Im Rahmen eines Bürgerforums zum „Testfeld autonomes Fahren in Karlsruhe“ wurde jetzt erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt, was sich in den kommenden fünf Jahren in Karlsruhe sprichwörtlich bewegen wird. Gut 100 Menschen hatten sich in einem Bürgerzentrum der Südstadt versammelt, um den Experten zu lauschen und um eigene Fragen aufzuwerfen. Drei große Blöcke waren es letztlich, um die sich der Abend drehte. „Sicherheit und Technik“, „Recht und Datenschutz“ und vor allem darum, wie die Testkulisse in Karlsruhe und der Region aussehen wird. Wie Baubürgermeister Michael Obert erläuterte, werden mit dem Testfeld völlig verschiedene Bereich abgedeckt. Auf der Autobahn geht es von Karlsruhe über Stuttgart nach Heilbronn und Bruchsal, wo eigene Testbereiche eingerichtet werden, in Karlsruhe selbst ist es eine Strecke mit „hochkomplexen Kreuzungen“, Fußgängerübergang und Bahnübergängen. Außerdem sollen in ungefähr zwei Jahren autonom fahrende Busse Fahrgäste zur nächsten Stadtbahnhaltestelle bringen. Betrieben wird das Testfeld vom Karlsruher Verkehrsverbund und damit soll sicher gestellt werden, dass der öffentliche Nahverkehr weiterhin eine wichtige Rolle spielt. „Wenn jeder autonom im eigenen Fahrzeug unterwegs wäre, würden am Ende alle im Stau stehen, auch wenn es dann ein autonomen Stau wäre“, wie Mentrup ausführt. Was letztlich alles mit eingebunden werden soll, ist absolut offen. „Genau deshalb testen wir“, sagt Zöllner, Firmen und Forschungseinrichtungen seien eingeladen, sich mit ihren Ideen und Vorstellungen zu beteiligen. Das Interesse ist tatsächlich sehr groß. Über 50 Firmen und Forschungseinrichtungen haben schon ihr Interesse bekundet. „Ohne IT und Fahrzeugtechnologie wird es nicht gehen, in beiden Gebieten sind wir besonders kompetent“, habe Karlsruhe sich nicht zuletzt deshalb gegen die Konkurrenz durchgesetzt, sagt Mentrup. Derzeit werden die ersten Kreuzungen in der Oststadt mit der nötigen Technologie ausgestattet. Intelligente Ampeln werden aufgestellt, stationäre und mobile Sensorik und Messtechnik kommt zum Einsatz und hochgenaue Karten müssen erstellt werden. Die verschiedenen Fahrstreifen im Kreuzungsbereich müssen genau abgebildet sein. Auf welchen Spuren, man sowohl geradeaus fahren wie auch links abbiegen kann, welches die Geradeausspuren und Rechtsabbiegespuren sind, Fahrradstreifen, Fußgängerüberwege und Bahnübergänge müssen erkannt werden. Mobile Messtechnik ist nötig, um Verkehrsteilnehmer zu erfassen, die nicht mit dem System vernetzt werden – Fahrradfahrer und Fußgänger beispielsweise. Um den Datenschutz zu gewährleisten müssen die Daten zudem verschlüsselt werden. Dies dient sowohl dem Persönlichkeitsschutz wie auch dem Wettbewerbsschutz. Die erste Phase soll Anfang kommenden Jahres starten. Die Fragen aus dem Publikum beschäftigten sich auch mit ganz profanen Dingen: Wie reagiert ein autonomes Fahrzeug auf Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht, wie auf die Kelle eines Polizeibeamten. Und ein wichtiger Punkt ist natürlich die Sicherheit. Doch da müsse sich niemand Sorgen machen, sagt Mentrup, denn immer sei ein Fahrer mit an Bord, der im Notfall eingreifen kann. „Das ist dann so ähnlich wie beim Fahrschulauto. Die sind ja auch nicht als besonders gefährlich bekannt, höchstens als etwas langsam.“ Kommentar

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x