Karlsruhe Reifen-Werk endgültig ausgebremst

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Mit der Unterschrift unter den Interessenausgleich nebst Sozialplan wurde am vergangenen Mittwoch das endgültige Aus für das Goodyear-Reifenwerk in Philippsburg besiegelt. Trotz vielfältiger Versuche seitens der Arbeitnehmervertreter und politischer Interventionen hielt die Geschäftsführung an den Schließungsplänen fest.

Für über 800 Beschäftigte heißt es nun Abschied nehmen von einer zum Teil Jahrzehnte langen Verbundenheit mit dem Reifenwerk. Auf einer Betriebsversammlung wurden sie gestern über die Schließung und das nun folgende Prozedere informiert. „Das war schon ein sehr emotionaler Moment“, sagt Karsten Rehbein, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). „So etwas steckt man nicht so einfach weg, obwohl nach der Verabschiedung eines Eckpunkteprogramms im März schon klar war, wohin die Reise gehen wird.“ Ähnlich ging es wohl auch den Beschäftigten – der große Aufschrei bei der Betriebsversammlung blieb aus. Aber natürlich haben die Beschäftigten zahlreiche Fragen ihre Zukunft betreffend. Schon ab nächster Woche wird es so genannte Perspektivworkshops geben, in denen die Fragen zu den Inhalten des Sozialplans und die Funktion der Transfergesellschaft erklärt werden. In Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit werden dort auch Hilfen in Bezug auf Weiterqualifizierung oder Neuorientierung gegeben. Für ältere Beschäftigte wurde ein Modell entwickelt, das mit seinem Instrumentarium eine Neuheit in der Region sei, sagt Rehbein. Seitens des Unternehmens werden Zeitwertkonten an die Deutsche Rentenversicherung übertragen. Wenn ein älterer Beschäftigter nach Ablauf der Transferzeit und Arbeitslosengeld noch nicht das rentenfähige Alter erreicht hat, werden ihm von der Rentenversicherung 80 Prozent seines bisherigen Einkommens bezahlt. Dieses Angebot schließt alle Beschäftigten bis Jahrgang 1960 ein. Die Auszubildenden des Werkes sind mittlerweile in anderen Betrieben untergekommen. „Die Rückmeldungen, die wir bekommen, sind positiv, und die jungen Menschen sind in ihren neuen Betrieben gut angekommen“, berichtet Karsten Rehbein. Nur ein Azubi, der demnächst seine Prüfungen ablegen wird, sei noch im Werk, hat Rehbein vom Ausbildungsleiter Manfred Urban erfahren. Bürgermeister Stefan Martus zeigt sich angesichts der Vereinbarungen zufrieden: „Der Sozialplan enthält einige Highlights. Die Beschäftigten haben genug Zeit sich ohne Geldsorgen einen neuen Job zu suchen oder eine zweijährige Ausbildung zu beginnen.“ Trotzdem kann er die Vernichtung von Hunderten Arbeitsplätzen nicht gutheißen, zumal bei entsprechenden Umstrukturierungen die Wirtschaftlichkeit des Reifenwerkes gegeben sei. Einig ist sich Martus mit der Gewerkschaft, dass das Werk hätte erhalten werden können, wenn man gewollt hätte.

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