Karlsruhe „Nur studieren, das kann jeder“

Leichtbau mit Kohlefaser und Spitzentechnologie: Der neue Renner der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft.
Leichtbau mit Kohlefaser und Spitzentechnologie: Der neue Renner der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft.

An dem Wettbewerb „Formula Student“ nehmen rund 600 Teams aus der ganzen Welt teil. Hauptaufgabe der Studenten ist es, einen Rennwagen herzustellen, der auch für die Produktion in Kleinserie geeignet wäre. Die Geschwindigkeit ist dabei nur ein kleiner Teilaspekt – bewertet wird das Gesamtkonzept wie auch die Beschleunigungs- und Bremsleitung, die Konstruktion, das Gewicht und nicht zuletzt die kalkulierten Produktionskosten. Aber natürlich muss das Auto auch fahren. Beispielsweise bei den „Formula Student“-Rennen auf dem Hockenheimring, in Österreich und in Barcelona. Dafür soll auch Stefan Hiller aus Landau sorgen. Der 20-Jährige kennt das Metier, fährt er doch in seiner Freizeit für den AC Maikammer Autoslalom mit einem BMW 318. Er ist bei dem Projekt der Hochschule im Fahrerteam. Dafür hat es bei dem Speyerer Raphael Ibanez-Frank nicht gereicht, obwohl der Bachelor in Mechatronik, der jetzt im Herbst seinen Master beginnen will, bereits um zweiten Mal an dem Projekt teilnimmt. Das er sein fahrerische Klasse nicht bewiesen kann, hat aber einen einfachen Grund: „Ich bin einfach zu groß und zu schwer“, gibt Ibanez-Frank offen zu, hofft aber dennoch, vielleicht irgendwo mal ein, zwei Runden mit dem Rennwagen drehen zu dürfen. Insgesamt haben 61 Studenten, darunter fünf Frauen, aus vielen Fachbereichen bis jetzt über neun Monate an dem Projekt gearbeitet. Die neuen Rennwagen bauen immer auf den Erfahrungen der Vorgänger auf, werden aber weiterentwickelt. Eine Neuerung ist beispielsweise ein selbst entwickeltes „Dash Panel“. Mit diesem Kombiinstrument im Lenkrad kann der Fahrer alle nötigen Informationen über das Fahrzeug auf einen Blick sehen und sofort auf veränderte Situationen reagieren, erklärt Hiller. Wie in den Vorjahren haben die Studenten weiter auf Leichtbau gesetzt. In diesem Jahr ist die Kohlefaserverstärkte (CFK) Voll-Monocoque-Karosserie nochmals um etwa zwei Kilo leichter und trotzdem robuster. Fast alle Teile wurden selbst gefertigt, immer wieder wurde getestet, unter anderem auch bei der Firma des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters Keke Rosberg, TRE in Neustadt. In den letzten Monaten seien die Studenten zu einem richtig guten Team zusammengeschweißt worden, berichtet der „alte Hase“ Ibanez-Frank. Aber auch Seadon Musa aus Landau, der die Karlsruher Hochschule auf Anraten seines Schulfreundes Hiller anderen Hochschulen vorgezogen hat, hat weder diese Wahl („Eine tolle Hochschule mit vielen Möglichkeiten!“) noch die Teilnahme am Projekt bereut. Zwei Stunden Freizeit am Tag, in der heißen Phase aber auch deutlich mehr, haben sie dafür eingesetzt. „Wenn man gut organisiert ist, leidet das Studium aber nicht darunter“, meint Hiller. Auch wenn der Nutzen für das Studium nicht sehr groß ist: Vier „Credit Points“ gibt es, wertig etwa wie vielleicht Gutscheine in der Schule für einmal Hausaufgaben nicht machen. Und so bringt dass Projekt außer dem Spaß die Möglichkeit, dass im Studium gelernte in der Praxis umzusetzen. „Was es den Studenten dann wirklich bringt, merken viele erst, wenn sie in einem Personalbüro bei einem Vorstellungsgespräch sitzen“, berichtet Oliver Stumpf, der das studentische Team bereits zum 11. Mal betreut. Denn erzählen die Bewerber von dem Projekt, dann hören die Verantwortlichen plötzlich richtig zu. „Denn nur studieren, das kann schließlich jeder“, so Stumpf. Für ihn wäre es ein großer Erfolg, wenn das „Formula Team“ der Hochschule beim Rennen in Hockenheim wie im letzten Jahr wieder unter die ersten Zehn käme. Das sei für eine Fachhochschule hervorragend, denn die teilnehmenden Universitäten hätten viel bessere Voraussetzungen und viel mehr Mittel zur Verfügung. Und nicht zuletzt findet das Rennen kurz nach der heißen Prüfungsphase an der Hochschule statt. Und da sollten die Studenten tatsächlich weniger schrauben und tüfteln – selbst wenn das auch lehrreich ist.

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