Kreis Südliche Weinstraße Mit Kinderwagen auf Diebestour

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Wegen gewerbsmäßigen Diebstahls hat das Jugendschöffengericht Landau am Donnerstag eine 20-jährige Rumänin zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt. Fünf Trickdiebstähle gestand die Frau. Als Bettlerin getarnt flog sie irgendwann auf – etwa in Bad Bergzabern und Vollmersweiler. Bevor sie etwas stehlen konnte. Doch das gelang nicht immer: Besonders dreist stahl die Angeklagte einer 90-Jährigen aus Landau Schmuck aus dem Schlafzimmer. Zuvor hatte ihr die hilfsbereite alte Dame Essen und Trinken gegeben. In Ranschbach bat sie einen Mann um Wasser für ihr Baby, ihre sieben Monate alte Tochter, die sie stets bei ihren Touren im Kinderwagen dabei hatte. Während er gutgläubig eine Wasserflasche holte, huschte sie ins Haus und klaute 50 Euro aus einem Portemonnaie. Ein 53-Jähriger aus Leinsweiler allerdings scheuchte die Frau vom Hof, als sie ihren Bettel-Zettel, auf dem sie ihre Wunschliste präsentierte, vorzeigte. Aus Sorge um eine betagte Nachbarin verfolgte er die angebliche Bettlerin bis auf einen Parkplatz. Dort sah er sie in einem Wagen mit französischem Kennzeichen, in dem auch zwei Männer saßen, davonfahren. Auch in Hördt wurde sie zunächst abgewiesen. Doch dann lenkte ein Komplize die Bewohner ab. In einem anderen Haus in Hördt hebelte sie ein Fenster auf und stieg in das Gebäude ein. Die Beute, so gab die Angeklagte am Donnerstag an, sei jeweils nicht mehr als 50 Euro gewesen. Zwölf Familienmitglieder der Angeklagten, darunter ihre Mutter, verfolgten den Prozess. Als die 20-Jährige in Handschellen hereingeführt wurde, brachen alle in Tränen aus. Auf der Anklagebank steckte sich die junge Frau die Haare hoch und plauderte mit ihrem Verteidiger. Sie wirkte selbstbewusst. Als sie dann vom Gericht befragt wurde, sackte sie zusammen und antwortete knapp und kaum hörbar. Sie schien teilweise genervt. Als sie sieben Jahre alt war, sei die achtköpfige Familie aus wirtschaftlichen Gründen nach Frankreich gegangen. Sie lebe jetzt im nördlichen Lothringen. Die Mutter arbeite bis heute als Servicekraft, der Vater sei arbeitslos, gab sie an. Sie selbst habe die allgemeinbildende Schule in Frankreich besucht und danach ein Jahr lang ein Gymnasium. Sie hätte Sozialassistentin werden können, „dann habe ich nur Blödsinn gemacht“. Um ihre Zukunft habe sie sich keine Gedanken gemacht. „Die Jungs haben mich verrückt gemacht“, sagte sie. 2015 sei sie schwanger geworden, das Kind im November zur Welt gekommen. Mit dem Vater des Kindes habe sie zusammen in einer Wohnung gelebt, auch er sei arbeitslos gewesen. 2016 habe sie sich von ihm getrennt und sei nach Saarbrücken gezogen, wo sie im vorigen Sommer auch verhaftet wurde. Die Idee mit dem Bettel-Zettel sei ihr allein gekommen. Irgendwann habe sie „der Teufel geritten“ und sie habe gestohlen. Vom Hörensagen habe sie gewusst, dass „man im Saarland kein Geld machen“ könne, dort liefen die „Geschäfte“ schlecht. So sei sie in die Südpfalz gekommen. Sie seien in ihrem Auto so herumgefahren. Ihr Ex-Lebensgefährte sei gefahren, weil sie keinen Führerschein habe. Das Geld für den Ford-Focus habe sie sich von der Sozialhilfe in Frankreich zusammengespart. Wo ihr Ex-Lebenspartner und der andere Komplize geblieben sind, will die Angeklagte nicht wissen. Sie beharrte vor dem Landauer Gericht darauf, dass alles ihre Idee gewesen sei. Die Beute habe sie für Essen und Windeln gebraucht. Die Chance für eine Bewährungsstrafe sah das Gericht nicht. In die Überlegung sei auch eingeflossen, dass die Menschen in der Region von zahlreichen Einbrüchen und dem brutalen Mord an einer Rentnerin in Mörlheim sensibilisiert seien (wir berichteten). Da die Angeklagte und ihr Verteidiger das Urteil angenommen haben, konnte sie aus der Untersuchungshaft entlassen werden und mit ihrer Familie zunächst nach Frankreich zurückreisen. Sollte sie sich nicht zum Haftantritt melden, werde sie festgenommen, wenn sie sich in Deutschland aufhalte.

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