Neustadt Mehr als nur ein Spiel

Tipps für die Bewerbung und die Ausbildung: Nicole Graf, Lehrerin an der Siebenpfeiffer-Realschule plus, berät Schüler Niklas Os
Tipps für die Bewerbung und die Ausbildung: Nicole Graf, Lehrerin an der Siebenpfeiffer-Realschule plus, berät Schüler Niklas Oster.

Schulabschluss, Praktikum, Bewerbung und Ausbildung an nur einem Tag – mit diesem „Zeitraffer“ muss man erstmal fertig werden. Mit fragenden Blicken schauen zwei Achtklässler der Siebenpfeiffer-Realschule plus Haßloch ihre beiden Mitschülerinnen an, die gerade aus einem „Bewerbungsgespräch“ im Sitzungssaal des Rathauses kommen. An der Tür ist zu lesen, dass sich dort heute eine Drogeriemarktfiliale und die Berufsbildende Schule befinden, außerdem sucht der Pflegedienst „Pflegeleicht“ nach motivierten Auszubildenden. Beim Planspiel „Ready-steady-go“, das man mit dem sportlichen Ausruf „Auf die Plätze, fertig, los!“, legen die rund 150 Schüler der Realschule plus ganz wörtlich einen echten Sprint ein, denn an nur zwei Tagen erleben sie in Gruppen, wie ihr beruflicher Werdegang von der Schulabschlussfeier bis zur Festanstellung nach einer erfolgreichen Ausbildungszeit aussehen kann. „Dazu müssen sie jetzt schon üben, wie man sich richtig bewirbt“, sagt Lothar Zwing. Der Ortsvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) ist zugleich Vorsitzender des DGB-Arbeitskreises Schule und Arbeitswelt, der für den Bereich Vorder- und Südpfalz tätig ist. Hier ist man vom Nutzen des Planspiels überzeugt – wenn es unter möglichst realistischen Bedingungen stattfindet, so Zwing: „Außerdem ist es für die Schüler eine ganz andere Sache, vor echten Ladeninhabern oder Geschäftsführern zu sitzen und mit ihnen zu reden.“ Lehrer Tobias Böhn stimmt zu: „Das ist eine wertvolle Angelegenheit, da wir im Unterricht auf diesen Eindrücken aufbauen können.“ Rund 80 Prozent der etwa 14-Jährigen haben noch keine festen Pläne, was sie einmal werden wollen, erzählt Zwing. Vier von fünf Schülern soll deswegen ein „Einstellungstest“ zu Beginn helfen, in welche Richtung es überhaupt gehen könnte. Mechanikerin oder Friseurin? Hörgeräteakustiker oder Maler? Schülerin Milana ist für ihre 14 Jahre schon sehr festgelegt: Zahnmedizinische Fachangestellte möchte sie werden. Wer in diesem Alter überhaupt schon eine so konkrete Vorstellung hat, kennt meistens jemanden, der sich bereits in diesem Berufsfeld bewegt. Doch die Realschülerin hat sich ganz allein informiert, wie der Beruf überhaupt korrekt heißt und was man täglich macht. Sogar ein Praktikum hat sie längst absolviert. Entsprechend ist „Arbeitgeber“ Rüdiger Stein beim Planspiel zufrieden: „Die Bewerbungsmappe ist gut, und die Noten auch“, sagt der DGB-Regionsgeschäftsführer Vorder- und Südpfalz. Heute versucht er als Planspielhelfer, Milana mit einem Beruf in der Krankenpflege einen Alternative aufzuzeigen. Schließlich kann es sein, dass sie in ihrem Wunschberuf keine passende Ausbildungsstelle findet, oder dass sie mit einem allgemeineren Berufsbild mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt erzielen könnte. Die Schülerin hält konsequent an ihrem Wunsch fest, nimmt aber Tipps zum optimalen Auftreten an und denkt über das Gespräch noch eine Weile nach. „Trotzdem macht eine Krankenpflegerin halt etwas ganz Anderes“, resümiert sie. Dennoch freut Milana sich über den fiktiven „Praktikumsvertrag“, den sie im Planspiel durch ihre gute Bewerbung bekommen hat: „Das gibt einem schon mehr Sicherheit für eine echte Bewerbung.“ Nicht selten können Kontakte für die „echte“ Bewerbung geknüpft werden. Auch die Betriebe sollen durch das Planspiel Vorteile bekommen, sagt Lothar Zwing: „Nicht immer sind die Bewerber mit den allerbesten Noten später auch automatisch die besten Auszubildenden. Wir wünschen uns, dass alle eine Chance bekommen.“

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