Kreis Germersheim „Jede Familie hat eigenen Erziehungsstil“

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Kandel. „Muss ich denn immer erst lauter werden?“ – diese Frage stellen sich viele Eltern, wenn ihre Kinder auch nach mehrmaligem Bitten das Zimmer nicht aufgeräumt, die Hausaufgaben nicht gemacht oder zu lange am Computer gesessen haben. Das Frauen- und Familienzentrum Kandel lädt am Mittwoch, 25. März, zu einem Elternabend mit Filmvorführung in seine Räume ein. Im Interview schildert Referentin und Diplom-Pädagogin Eva Gust, was die Teilnehmer erwartet.

Frau Gust, warum zeigen Sie an dem Abend einen Film? Inwieweit kann ein Film Eltern helfen, die mit dem Problem konfrontiert sind, dass sie sich bei ihren Kindern nicht durchsetzen können?

Der Film ist sehr lebenspraktisch. Es werden Alltagssituationen gezeigt, die in jeder Familie zu finden sind: Überlastung, Stress, der „normale Alltagswahnsinn“. Die Eltern sehen sich in täglich ablaufenden Szenen. Der Film hat einen hohen Wiedererkennungswert für die Eltern. Was wird genau gezeigt? Ohne zu theoretisch zu werden und auch ohne moralischen Anspruch wird gezeigt, wie Kommunikation auch in schwierigen Situationen besser gelingen kann. Auch vermittelt der Film ein besseres Verständnis für die Kinder. Er verschafft den Eltern einen anderen, verständnisvolleren Blickwinkel auf deren Verhalten. Damit wird der Umgang miteinander leichter. Eine der Fragen, die  viele  Eltern heutzutage  bewegt, ist: Wie soll man sich verhalten, wenn Kinder nach fünfmaligem Bitten immer noch nicht reagieren? Wenn das Kind nach fünfmaligem Bitten nicht reagiert, sollten sich die Eltern zum einen grundsätzlich die Frage stellen, ob ihr Kommunikationsstil dem Entwicklungsstand des Kindes entspricht, und zum zweiten wird der Film diesbezüglich eine klare Antwort geben. Wenn die Eltern fragen, wie sie aus der „Brüllfalle“ herauskommen, können Sie ihnen Ratschläge geben? Kann man überhaupt Richtlinien setzen? Hat nicht jeder auch seinen eigenen Erziehungsstil? Jede Familie hat ihren eigenen Erziehungsstil, schon aufgrund der eigenen, individuellen Sozialisation. Aus diesem Grund berate ich immer sehr individuell. In der Regel vermeide ich es, Ratschläge zu geben, ich arbeite eher damit, Denkanstöße zu geben. Der Film vermittelt grundlegende Hinweise, die für eine individuelle Beratung sehr sachdienlich sind. Ratsuchende Eltern können solche Kenntnisse oft nicht eins zu eins in ihren Lebensalltag integrieren. Das hat manchmal etwas mit ihrer eigenen, individuellen Geschichte zu tun. Das wird dann in einer Beratung beachtet und besprochen. Wo muss man sich als Eltern gewissermaßen an die eigene Nase fassen, beziehungsweise ist es sinnvoll, dass Eltern ihr eigenes Verhalten hinterfragen? Grundsätzlich macht es  für alle Menschen Sinn, ihr Verhalten zu reflektieren; aber natürlich erst recht für Eltern, die für andere Lebewesen, nämlich die eigenen Kinder, verantwortlich sind.  Sie haben dadurch die Chance,  gegebenenfalls ihr Verhalten situationsspezifisch zu korrigieren und anzupassen. Es gibt ein großes Angebot an Erziehungsratgebern und Zeitschriften zu dem Thema, aber auch im Internet findet man viele Informationen. Sind Eltern nicht überfordert mit dem großen Angebot? Wie wissen sie, was das Richtige für sie ist? Ratgeber sind sehr spannend und können sehr hilfreich sein in unserer komplexen Welt, in der sich die Familiensysteme grundlegend geändert haben. Trotzdem sollte man kritisch damit umgehen, da man oft perfektionistische Verhaltensweisen und Richtlinien serviert bekommt. Aber Menschen sind nicht perfekt, und ich glaube auch nicht, dass Kinder perfekte Eltern brauchen. Davon bin ich überzeugt. Ich sehe das Problem, dass Eltern aufgrund des perfektionistischen Anspruchs verunsichert sind und nicht mehr auf ihre Intuition vertrauen. Bei anhaltender Verunsicherung würde ich empfehlen, eine Beratungsstelle aufzusuchen, wie zum Beispiel das Projekt „bellA“ in Kandel, das von der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung von Kindern und Jugendlichen (AGFJ) angeboten wird. Interview: Mechthild Möbus TERMIN Der Elternabend mit Filmvorführung („Wege aus der Brüllfalle“) findet statt am Mittwoch, 25. März, um 20 Uhr im Frauen- und Familienzentrum Kandel, Luitpoldstraße 6, Kandel, Info und Anmeldung bei bellA. Kandel, Eva Gust, Telefonnummer 06235 4689398,  0152 56444363, oder per  E-Mail: e.gust@agfj-pfalz.de. Der Eintritt ist frei.

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