Kreis Germersheim Internet ist 1A-Bestlage

Kandel: Die Südpfalz soll sich Gedanken über einen gemeinsamen Online-Marktplatz in der digitalen Welt machen. So das Fazit des ersten Wirtschaftsforums für Handel und Gewerbe im Kreis Germersheim.

Der lokale stationäre Einzelhandel leidet – zurzeit vor allem unter der Internet-Konkurrenz. Darüber kann man klagen oder etwas dagegen tun. Andreas Haderlein formulierte das so: „Digitalisierung geht nicht mehr weg – das ist keine Krankheit – wir müssen mit ihr umzugehen lernen.“ Der Wirtschaftspublizist, Innovationsberater und Autor referierte beim „ersten Wirtschaftsforum Landkreis Germersheim für Einzelhandel und Gewerbetreibende“ am Donnerstag. Rund 100 Zuhörer folgten der Einladung der Wirtschaftsförderung des Landkreises in die Stadthalle Kandel, Geschäftsleute, Banker, Politiker. Das Thema des Abends, „Im Netz säen – lokal ernten“, machte dessen Zielrichtung deutlich, die Haderlein dann auch schnell einschlug. Das Netz sei allgegenwärtig inzwischen; oft bemerkten es die Leute schon gar nicht mehr. Das gelte auch und gerade für den lokalen Handel, den Kunden aufsuchten, nachdem sie sich vorher in einem Internetportal gezielt über ein Produkt informiert hätten, um dann zum Händler um die Ecke zu gehen. Damit dies funktioniert, müsse der Händler aber auch im Internet zu finden sein. Denn für viele, die in der virtuellen Welt etwas nicht finden, gelte, dass es das generell nicht gibt. Das Internet sei 1A-Bestlage, weshalb sich der lokale Händler, Dienstleister, Gewerbetreibende dort zeigen und dieses Feld bespielen müsse. „Schließlich geht es ums Geschäft.“ Das hat laut Haderlein gerade im ländlichen Raum aber nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn man sich zu einem gemeinsamen Online-Marktplatz zusammenschließt – nicht nur in einer Straße, nicht nur in einem Viertel, sondern in einer Region. Für den Online-Marktplatz müsse das Rad nicht neu erfunden werden. Vieles ließe sich vom stationären Geschäft übernehmen: Dazu zählten besondere Angebote, guter Service. Für den Internetauftritt bedeute das zum Beispiel, dass der Kunde sich das Produktangebot anschauen, das sei viel wichtiger als die Adresse, und sich über dessen Verfügbarkeit informieren kann, um es dann im Laden abzuholen. Denn viele Kunden wollten das Produkt vor dem Kauf noch einmal in Natura anschauen oder anfassen. Dieser Wunsch ist laut Haderlein der Vorteil des stationären Handels, weshalb große Internethändler nun stationäre Filialen eröffneten. Sollte der Kunde indes online bestellen, sei es wichtig taggleich auszuliefern, um sich vom normalen Internethändler abzugrenzen und auch sonst besser zu sein. Haderlein warnte davor, dass der einzelne kostspielige Individuallösungen auf sich zuschneidern lässt. Vielmehr gebe es bereits viele fertige Angebote auf dem Markt. Andernfalls fehle dem Betrieb eventuell das Geld für denjenigen, der sich ums Onlinegeschäft kümmern soll – und ein Kümmerer 2.0 sei ganz wichtig. Haderlein wies auch darauf hin, dass die herkömmlichen Instrumente des Handels nicht ausgedient hätten. Vielmehr gelte es sie mit den neuen digitalen Instrumenten zu verknüpfen. Seine Forderung lautet deshalb: „Lokale Gewerbetreibende müssen im Hinblick auf die neuen Herausforderungen geschult werden.“ Das soll auch geschehen, sagten Landrat Fritz Brechtel und Maria Farrenkopf, Vorsitzender und Geschäftsführerin am Rande der Veranstaltung. Seminare und Workshops würden geplant. Mehrarbeit für die Wirtschaftsförderung, die eventuell mehr Personal erfordere. Damit der digitale Markt florieren kann, muss die Infrastruktur besser werden, sagte Brechtel in der von Farrenkopf moderierten Podiumsdiskussion; so sollen bis 2019 im Kreis fast flächendeckend 30 bis 50 Mbit möglich sein. Ferner soll in Fördertöpfe geschaut werden, aus denen Geld ins Projekt fließen könnte. Tobias Baumgärtner vom kommunalen Beratungszentrum Kobra, Landau, empfahl den Gemeinden miteinander zu reden, sich Ziele zu setzen und festzulegen, wie sie diese umsetzen. Man dürfe digital nichts versprechen, was man stationär nicht halten kann, so Anja Wittmann, Inhaberin der Agentur für visuelle Kommunikation in Klingenmünster. Dieter Frey, Geschäftsführer des gleichnamigen Küchenzentrums, sagte, viele vom Internet informierte Kunden kämen mit genauen Vorstellungen von Geräten. Diese gelte es in die zu planende Küche zu integrieren, was gut geschulte Mitarbeiter erfordere. Guido Pausch, Inhaber des gleichnamigen Kandeler Buchladens mit Online-Shop sagte, jede Generation habe den Familienbetrieb so geführt, dass genug Kunden kamen; deshalb existiere er noch.

x