Ludwigshafen „Es war Liebe auf den ersten Blick“

Für den Pressetermin haben sie sich freigenommen – arbeiten also gerade nicht in der Werkstatt wie sonst an jedem Tag. Beate und Eugen Fels nehmen in einem Besprechungsraum der Ludwigshafener Werkstätten in der Oggersheimer Rheinhorststraße Platz. Die beiden haben sich vor dreieinhalb Jahrzehnten hier bei der Arbeit kennengelernt, sich sofort ineinander verliebt, und schließlich vor sieben Jahren auf dem Standesamt das Jawort gegeben. Dann ist das Paar in Friesenheim in eine Zwei-Zimmer-Wohnung gezogen. Die Eheleute teilen sich die Arbeiten im Haushalt und sind zufrieden, sagen sie. „Es war Liebe auf den ersten Blick.“ Eugen Fels erzählt, wie sie sich nähergekommen sind. Seine Frau sieht ihn voller Stolz an, nickt heftig. „Die Pausen haben wir immer miteinander verbracht“, ergänzt sie. „Wir haben ja in einer Gruppe gearbeitet, als Beate hierhergekommen ist“, fügt der Ehemann hinzu. Das war im Jahr 1983. Sie war 22. Eugen Fels, der damals 30 Jahre alt war, ist seit 1971 in der „Werkstatt“, wie der Arbeitsbereich genannt wird. Als „sie“ hier begann, „habe ich ihr die Arbeiten erklärt und fand sie von Anfang an nett“. Besonders habe ihn beeindruckt, „dass wir uns so gut unterhalten konnten“. Beate Fels erinnert sich: „Er war von Anfang an sehr nett und hilfsbereit.“ Holger Franz begleitet das Ehepaar und unterstützt, wenn der Reporter die Antworten der beiden nicht auf Anhieb nachvollziehen kann. Der 46-jährige Franz ist Bereichsleiter Soziales, kümmert sich um das Wohl der 320 Menschen, die in der Rheinhorststraße beschäftigt sind. In den Ludwigshafener Werkstätten werden – im Auftrag von Unternehmen – unterschiedlichste, meist kleinere Produkte hergestellt. Beate Fels arbeitet derzeit in einer Verpackungsgruppe. Sie macht Formbänder für die Textilindustrie versandfertig. Bänder, wie sie beispielsweise der Sicherung von Nähten in Kleidungsstücken dienen. Die 55-Jährige spannt eine Rolle dieses Bandes auf eine Achse, kurbelt, bis sie fünf Meter auf eine Papp-Unterlage gewickelt hat. Später macht sie das Formband, wie man es einst in Kurzwarenabteilungen von Kaufhäusern bekam, fertig für den Versand an den Auftraggeber. Manchmal stellt sie aber auch Produktkataloge für Firmen zusammen. Holger Franz lobt: „Beate kann vielfältig eingesetzt werden, sie ist flexibel und sehr engagiert.“ Wenn Anfragen in den Werkstätten eingehen, würden die Arbeitsgruppen zurate gezogen, sagt Holger Franz. Dabei gehe es um die Fragen „Wer möchte?“, „Wer kann?“ – abhängig vom Grad der Beeinträchtigung. „Unsere Leute arbeiten gern“, versichert Franz. Manchmal habe der eine oder andere Lust, etwas anderes zu machen. „Sie wollen Arbeit haben, wir sorgen dafür, dass die Arbeit gemacht werden kann.“ In der Einrichtung gehe es vorrangig um Teilhabe am Arbeitsleben und an der Gemeinschaft. Letztere gelte für etwa 30 Menschen, die ihren Alltag in einer sogenannten Tagesförderstätte verbringen und nicht in der Werkstatt arbeiten. Auch Eugen Fels zeigt seinen Arbeitsplatz. Seine Aufgabe: ein Set zur Bestimmung der Wasserhärte zusammenzustellen, zu verpacken und es zu prüfen. Es komme schon vor, dass ein Fläschchen fehle oder dass „der Zylinder nicht dabei ist“. Zu Fels` Aufgaben gehört auch die Verpackung der Sets in einen Versandkarton, die Etikettierung und der Transport zum Warenausgangslager. Eugen Fels arbeitet genau, klebt die Versandschachteln sorgfältig zu und versieht sie mit einem Etikett, das über Inhalt und Hersteller Auskunft gibt. Beate und Eugen Fels, beide in Ludwigshafen geboren, fahren nach Feierabend, gegen 16.30 Uhr, mit dem öffentlichen Bus nach Friesenheim. Dort leben sie in einer Zwei-Zimmerwohnung, bekommen einmal pro Woche Besuch von einer Vertreterin der Lebenshilfe. „Dann reden wir, oder sie hilft uns.“ Diese Hilfe bezieht sich, so Holger Franz, etwa auf Unterstützung im Schriftverkehr mit Behörden. Hilfe bei der Hausarbeit braucht das Ehepaar nicht. „Wir machen alles selbst“, sagt Beate Fels. Einkaufen sei ihre Aufgabe. Gekocht werde dienstags und donnerstags. Das Paar isst nämlich nicht in der Hauskantine. So können die beiden auch immer wieder ihre Lieblingsgerichte zubereiten. Danach gefragt, sagt Eugen mit breitem Grinsen: „Grillsteaks“. Beate hingegen bevorzugt Italienisches. Pizza und Nudeln: „Spaghetti Bolognese“, sagt sie. Eugen hingegen reagiert auf die Frage nach Nudelgerichten mit einem Achselzucken: „Geht grad noch.“

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