Landau „Das Gefühl ist schlimm“

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Wie es sich anfühlt, in einem Auto zu sitzen, das sich mehrmals überschlägt, konnten gestern die Zwölftklässler der Berufsbildenden Schule in Landau erleben. Mit der Präventionskampagne Bob möchte die Polizei Trunkenheitsfahrten oder Unfälle nach Alkohol- oder Drogenkonsum vermeiden.

„Ah“, schreien die Mädchen, als sie im Überschlagssimulator Platz genommen haben, und der Polizist den Kleinwagen mehrmals dreht. Die Schülerinnen sitzen nun kopfüber im Auto und müssen erst einmal überlegen, wie sie aus dieser Lage wieder herauskommen. Mit den Tipps des Polizisten geht es relativ schnell. „Bei einem Unfall habt ihr wahrscheinlich nicht so viel Platz auszusteigen, weil das Auto stark beschädigt ist“, betont der Beamte. Joulina Becht saß auf dem Beifahrersitz. Nach dem Überschlag im Simulator habe sie nicht mehr gewusst, wo oben und unten ist. „Wenn der Polizist nicht gesagt hätte, dass man die Füße runter auf das Dach drücken soll, dann hätte ich nicht gewusst, wie ich mich abschnallen soll“, erzählt die 18-Jährige, nachdem sie aus dem Fahrzeug geklettert ist. Nebenan sitzt Dominique Heinekamp auf einem Gurtschlitten. Die 18-Jährige wird die Rampe hochgefahren. Als der Polizist nach einer kurzen Warnung den Hebel löst, saust Heinekamp mit 15 Kilometer pro Stunde hinab und prallt auf ein Hindernis. Natürlich ist sie angeschnallt, denn der Aufprall ist so heftig, dass sie ohne Gurt aus dem Sitz geschleudert worden wäre. „Das tut nicht weh, aber das Gefühl ist schlimm“, sagt Heinekamp. Außer den beiden Simulatoren sind elf weitere Stationen auf dem Schulhof der Berufsbildenden Schule aufgebaut. Die Schüler können ausprobieren, wie es ist, wenn man betrunken Auto fährt, ob man mit 1,1 Promille noch einen Parcours bewältigen oder wie schnell man im Bremssimulator reagieren kann. Außerdem gibt es Vorträge zu Themen wie Drogenkonsum und Verkehrskontrollen. Dabei erzählen die Polizisten immer wieder Geschichten aus ihrem Berufsalltag, was die Schüler besonders interessiert. Dass Alkohol- und Drogenkonsum in Straßenverkehr ein Thema sind, zeigen die Zahlen der Polizeidirektion Landau. Laut Kriminalhauptkommissar Uwe Kühn wurden im vergangenen Jahr 174 Unfälle infolge von Alkohol- und Drogenbeeinflussung verursacht. Bei Polizeikontrollen wurden 1169 Fahrer positiv auf Alkohol und Drogen getestet. In 683 Fällen habe die Polizei eine Trunkenheitsfahrt verhindert. Die Risikogruppe „Junge Fahrer“ sei an einem Fünftel aller Unfälle beteiligt gewesen. „Der Konsum von Alkohol und Drogen spielen bei dieser Altersgruppe eine nicht unerhebliche Rolle“, heißt es in der Verkehrsunfallstatistik der Polizeidirektion. Auffällig seien auch hohe Promillewerte. Werte von drei Promille und darüber seien mittlerweile keine Seltenheit. Um dem entgegenzuwirken, setzt das Präventionsprogramm auf den emotionalen Aspekt. „Wir arbeiten mit dem Begriff Freundschaft, die Jugendlichen sehr wichtig ist. Wenn sie am Wochenende etwas trinken gehen, dann wollen sie sich ja nicht gegenseitig schaden. Vorher soll geklärt werden, wer der Fahrer – der Bob – ist. Er hat die Verantwortung für sich und die anderen und trinkt deshalb nichts“, erklärt Bernd Kumpf vom Bereich Zentrale Prävention im Polizeipräsidium Ludwigshafen. Das Programm Bob entstand 1995 in Belgien. 97 Prozent der belgischen Bevölkerung kenne Bob, sagt Kumpf. Bei der Kampagne arbeitet die Polizei mit Gaststätten und Diskotheken zusammen, die von Jugendlichen besucht werden. Gastwirte, die sich am Projekt beteiligen, gewähren einerseits Vergünstigungen für den Fahrer, der einen gelben Bob-Schlüsselanhänger vorzeigen muss. Andererseits schenken sie ihm keinen Alkohol aus. In Landau machen bisher die Cafébar Lemon, Palmers Green & Irish Pub und der Voodoo Club mit. Weitere Projektpartner sollen folgen. (nhe) INFO Informationen über das Projekt gibt es auch im Internet unter www.rhein-bob.de. Gastwirte und Diskothekenbetreiber, die sich an der Aktion beteiligen möchten, können sich bei Bernd Kumpf unter Telefon 0621 9632510 oder per E-Mail an  info@rhein-bob.de melden.

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