Kultur Südpfalz Auf den Spuren der Striefflers

Kunsthistoriker Walter Appel zwischen den Kisten im Stadtarchiv.
Kunsthistoriker Walter Appel zwischen den Kisten im Stadtarchiv.

Fast 30 Umzugskisten an Material, die man auf dem Dachboden des Striefflerhauses zusammengetragen hat, wurden von Kunsthistoriker Walter Appel in den vergangenen Monaten schon gesichtet. „Man kann schon den Eindruck haben, dass die Striefflers einfach nichts weggeworfen haben“, sagt Appel mit fast ungläubigem Staunen und zeigt auf die unzähligen Umzugskisten und Archivkartons, die gut gefüllt und nach Themen sortiert rund um ihn herum lagern. Der freischaffende Kunsthistoriker, der in Edenkoben geboren wurde, in Landau lebt und viel für das Domkapitel und den Dombauverein in Speyer arbeitet, bekam den Auftrag zum Sondieren des schriftlichen Strieffler-Nachlasses vom Stadtarchiv, nachdem die Strieffler-Stiftung, die den Gesamtnachlass verwaltet, alle schriftlichen Dokumente aus konservatorischen Gründen der Behörde überließ. Finanziert wird die dokumentarische Aufarbeitung von Christoph Zuschlag, dem Vorsitzenden des Vereins Strieffler-Freunde, der dafür das Preisgeld der Feldbauschstiftung, das ihm 2016 für sein Strieffler-Engagement zuerkannt wurde, in voller Höhe von 5000 Euro spendete. So kommt’s, dass Appel seit Monaten im großen Saal des Stadtarchivs sitzt und ziemlich begeistert in alten Unterlagen stöbert. Fast alle 30 Kartons sind bereits gesichtet und sortiert, jetzt muss für künftige Strieffler-Forscher ein übersichtliches Quellenverzeichnis angelegt werden, um die Heftchen und Bücher, die privaten Briefe und den behördlichen Schriftverkehr mit Banken und Versicherungen (auch Mahnungen wegen ausgebliebener Zahlungen sind darunter), die Postkarten und sonstigen Dokumente, die ziemlich genau „50 zu 50 Prozent“ von Marie und ihrem Vater stammen, mit einem Handgriff zu finden. „Wenn Sie sehen wollen, wer Heinrich und Ida Strieffler zur Verlobung 1912 gratulierte, finden sie das hier“, macht der Kunsthistoriker, der von 1979 bis 2001 schon einmal im Landauer Stadtarchiv gearbeitet hatte, die Probe auf’s Exempel und holt einen Stapel kleiner Kärtchen hervor. „Ein wahnsinniger Fundus an Weinbautechnologie“ verberge sich außerdem in den zahlreichen Patenten, die Heinrich Strieffler, der eben nicht nur Maler, Grafiker und Fotograf, sondern auch Erfinder war, über all die Jahre anmeldete. Seine Ideen reichten von einfachen Erleichterungen für Winzer und Hausfrauen bis zur besseren Anbindung des Zeppelins. „Es gibt technische Zeichnungen, die in einer Art Lichtpause-System mit höchster Qualität vervielfältigt wurden“, meint Appel, der auch Beweise dafür fand, dass der Erfinder Strieffler so manchen Streit mit Firmen ausgefochten hat, die seine Entdeckungen unter eigenem Namen vertreiben wollten. „Man könnte allein zum Kapitel Patent eine eigene Masterarbeit schreiben“, schlägt Appel vor und freut sich, dafür die Basis gelegt zu haben. Auch Maries Unterlagen sprechen Bände. Zum Vorschein kamen Kontoauszüge und Visa, ihr US-Führerschein und die Briefwechsel mit Malerkollegen oder einem Professor aus Münchner Akademiezeiten, eine Eintrittskarte zum Konzert der Berliner Philharmoniker unter Karajan 1968 in der Landauer Festhalle und unzählige Postkarten von Freunden aus aller Herren Länder. Besonders aufschlussreich sind aber die „Terminkalender“, die Marie über viele Jahre hinweg fast wie ein skizzenhaftes Tagebuch führte. Am Sonntag, 4. Juli 1971, hat sie beispielsweise „bei den Damen von Frau Messerschmitt Malven gemalt und am 10. Juli des gleichen Jahres hat sie notiert: „Seminar Landau, Frl. Hofmeister, 25 Leute zum Kaffee im Garten. Philippe fährt heim.“ Da findet sich in wenigen Zeilen Maries ganzer Kosmos im Kleinen. Vielleicht sind so manche Entdeckungen des schriftlichen Nachlasses irgendwann mal eine eigene Ausstellung wert. Erst recht, wenn man die Gemälde den Notizen – etwa: „15.7.1971 Kornblumen in Frankweiler gemalt“ – gegenüberstellen könnte. Info —Die Jubiläumsausstellung zum 100. Geburtstag Marie Striefflers ist im Striefflerhaus, also dem Wohn- und Atelierhaus Marie und Heinrich Striefflers, noch bis 2. Juli zu sehen. Geöffnet Freitag bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr. —In den Jubiläumsbildband „Marie Strieffler – Zeichnen, Malen, Leben“ hat Sigrid Weyers schon erste Erkenntnisse aus der Sichtung des schriftlichen Nachlasses einfließen lassen. Die Dokumentation ist im Knecht Verlag erschienen (25 Euro).

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