Kultur Südpfalz 72 goldene Engel und ein Mops

Schwarz-rot-gelbes Zwergentrio, politisch korrekt: Die zwei unflätigen Kollegen muss der Besucher erst finden.
Schwarz-rot-gelbes Zwergentrio, politisch korrekt: Die zwei unflätigen Kollegen muss der Besucher erst finden.

Kunst und Wein gehören bei den 30. Weintagen Südliche Weinstraße zusammen. Und zum Jubiläum ist mit Ottmar Hörl ein Schwergewicht der nationalen Kunstszene am Start. Und seine seriellen Werke passen zu der traditionsreichen Weinpräsentation im Frank-Loebschen-Haus.

Der kleine goldene Mops im ersten Stock des Frank-Loebschen-Hauses schaut die Besucher der 30. Weintage beim Verlassen des Zimmers tief in die Augen. Sein Blick erinnert vehement an den berühmten Satz des Satirikers Loriot: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Das kann in der Pfalz auch eins-zu-eins für den Wein übernommen werden. Der Hund ist eine von vielen kleinen und größeren Plastiken, die der Künstler und Nürnberger Kunstprofessor Ottmar Hörl als Kunstbeitrag zu der traditionellen Weinverkostung in ihrem 30. Jahr beisteuert (wir berichteten). „Kunst und Wein gehören zusammen“, fasst es Landrätin Theresia Riedmaier in ihrer Begrüßungsrede zusammen. Karl dem Großen, der ebenfalls im ersten Stock die Verkoster erwartet, dürfte diese Weltanschauung nicht ganz fremd gewesen sein. Allein der Mann mit dem Fernglas (Hörls Weltanschauungsmodell III) muss sich die Frage gefallen lassen, ob es ob der naheliegenden alkoholischen Köstlichkeiten wirklich einer solchen Sehhilfe bedarf. Im zweiten Stock wartet derweil ein schwarzer Seehund möglicherweise auf Unterhaltung, während Karl Marx, Martin Luther und andere hochgestelle Persönlichkeiten in den diversen Räumen würdevoll die Schar der Weinbegeisterten an sich vorbeiziehen lassen. Nicht umsonst erklärte einst der Reformator, der in diesem Jahr ebenfalls in ein Jubiläum involviert ist: „Wein aber ist von Gott!“ Der Dank gebührt jedoch auch ein wenig den Römern, die das Rebengewächs hier kultiviert haben. Zwei aus Hörls umstrittener Gartenzwergserie haben ihren Platz derweil versteckt hinter Glas gefunden, politisch ein bisschen unkorrekt eben. Serielle Kunst mag nicht jedermanns Geschmack treffen, aber die Konzeptkunst des in Nauheim geborenen Hörl harmoniert in wohltuender Weise mit der Weinpräsentation. Denn es gibt eine Parallele: Ein Wein ist ebenfalls ein Unikat und kann, sobald er einmal ausgetrunken ist, in dieser Art und Weise nicht mehr wieder aufgelegt werden. Ganz so wie die 72 Engel, die auf den Geländern des Loebschen Innenhofes sitzen und gedankenversunken den hereinströmenden Besucher entgegenblicken. „Lichtgestalten“ nennt sie Hörl, und wenn sich das Sonnenlicht auf der goldenen Oberfläche bricht, kann dieser Gedanke nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Sobald ihre Gussform nicht mehr existiert, ist eine exakte Reproduktion nicht mehr möglich. Und wie ein Winzer hat Hörl natürlich bereits neue Ideen. „Fünf Projekte“ wolle er in diesem Jahr noch abschließen, verrät er, während er entspannt an einem Tisch im Innenhof des Frank-Loebschen-Hauses sitzt. Zuerst gibt es noch ein Luther-Projekt in Bad Hersfeld. Dort arbeitet Hörl gemeinsam mit Regisseur Dieter Wedel bei den Freilichtspielen unter dem Titel „Luther – Der Anschlag“ zusammen. Und danach geht es nach Ravensburg, wo er eine Serie mit Wölfen ausstellen wird. „Mehr kann ich aber jetzt nicht verraten, der Rest ist noch geheim“, erklärt der Künstler, während ein lakonisches Lächeln seine Lippen umspielt. Aber noch ist Hörl im Hier und Jetzt. Sein Dank gilt den Organisatoren rund um den Künstler Karl-Heinz Zwick: „Ich habe hier ganz viele helfende Hände gefunden“, beschreibt der Kunstprofessor den Aufbau der Ausstellung. Alles sei nach Plan gelaufen. Die Engel seien getrennt geliefert worden, die übrigen Exponate kamen mit einem Sprinter. „Und die Engel bleiben hier“, versichert Zwick schnell, wohl wissend, dass im Eingangsbereich eine Liste ausliegt, auf der bereits zahlreiche Besucher ihre Absicht kundgetan haben, eine der kleinen goldenen Plastiken zu erwerben. Schließlich stehen alle der ausgestellten Werke Hörls zum Verkauf. Und vielleicht erinnert sich am Ende einer der Besucher an die bekannte Loriot’sche Weisheit und nimmt auch den kleinen goldenen Mops mit nach Hause.

Darf nicht fehlen: Luther.
Darf nicht fehlen: Luther.
Würdevoll: Karl der Große.
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