Kusel Von Bedesbach in die große Welt hinaus

Das Gasthaus Born ist seine zweite Heimat: Otto Cappel.
Das Gasthaus Born ist seine zweite Heimat: Otto Cappel.

«Bedesbach.» „Du kannst Otto aus Deutschland holen, aber nicht Deutschland aus Otto.“ Das hat ein Bekannter mal zu Otto Cappel gesagt. Und es ganz gut getroffen. Denn Cappel, in seinem Heimatdorf Bedesbach „Borns Otto“ genannt, lebt zwar schon seit Jahrzehnten in den USA, doch er kommt regelmäßig zurück. So auch jetzt – um seinen 75. Geburtstag mit 50 Verwandten und Freunden zu feiern.

„Borns Otto“ heißt Cappel deshalb, weil seine Mutter Mina eine geborene Born ist – im Gasthaus bei den Großeltern ist er aufgewachsen. Sein Vater ist im Zweiten Weltkrieg verschollen, die Mutter musste drei Kinder alleine durchbringen. Beim Bau eines Hauses unterstützte die Witwe der Sozialverband VdK. Und der damalige Bedesbacher Bürgermeister Ludwig Mahler, der Vorsitzender des VdK war, sorgte auch dafür, dass Otto nach der Volksschule ein Jahr lang die Handelsschule besuchte. Danach machte er eine kaufmännische Lehre bei Schuster und Sohn in Kaiserslautern. „Der Chef bezahlte mir Führerschein und Auto, als ich 18 war“, erinnert sich Cappel. Und so machte er nach der Lehre erst Innen- dann Außendienst, verkaufte Chemikalien in weitem Umkreis. „Da muss doch noch was sein“, sagte sich der 22-Jährige, der gerne studieren wollte, aber kein Abitur hatte. Wieder half ihm der Bürgermeister, denn für Kriegswaisen kam der Staat auf. Also machte Cappel zuerst in Mannheim sein Fachabitur, ging dann nach Pforzheim, um Betriebswirtschaft zu studieren. Die vier Monate dazwischen, die nutzte der „furchtbar neugierige“ junge Mann, um im englischen Seebad Bournemouth richtig Englisch zu lernen. „Eine meiner besten Entscheidungen“, sagt er heute. Denn als er graduierter Betriebswirt war, da dachte er nicht daran, sich niederzulassen. „Ich wollte in das Land, wo Marylin Monroe und Elvis Presley herkommen.“ Da half ihm ein Darlehen der Carl-Duisberg-Gesellschaft in Köln, so dass er an die State University of New York in Buffalo gehen konnte. Otto Cappel aus dem pfälzischen Bedesbach fand dort nicht nur neue Freunde, er lernte auch eine amerikanische Jüdin namens Janet kennen und heiratete sie. 1972 fand er eine Stelle bei einer chemischen Fabrik in Mannheim – „doch meine Frau wollte nicht in Deutschland leben“. Also gingen sie zurück nach New York, wo Cappel einen Fabrikanten von chirurgischen Instrumenten aus dem Schwarzwald kennenlernte. Er lernte nicht nur alles über Chirurgenbesteck und die amerikanischen Medizin-Fachbegriffe, sondern traf auch den berühmten Herzchirurgen Michael Ellis DeBakey in Houston. Als er aus beruflichen Gründen nach San Francisco umziehen sollte, weigerte er sich. Im April 1974 trennte er sich von seiner Frau. Der damals 32-Jährige erzählt anschaulich, wie er vier Monate später im Theater war und einen „unglaublich gut aussehenden Mann“ traf: Pierre Dulaine. Obwohl er sich vorher nie für Männer interessiert habe, wurden sie ein Paar. Das Treffen mit dem Tanzlehrer habe sein Leben radikal verändert. Dabei sei es vor 43 Jahren nicht einfach gewesen, dem Chef seinen Freund vorzustellen oder ihn mit nach Hause nach Bedesbach zu bringen, berichtet er. Zusammen mit Dulaine wagte Otto Cappel den Sprung in eine ganz andere Branche. Der Turniertänzer gründete eine Gruppe namens American Ballroom Theatre, die in ganz Amerika, aber auch in Deutschland Gesellschaftstanz auf der Bühne zeigte. Otto Cappel fungierte als Geschäftsführer. Als die Tanzschule Gesellschaftstanz und Benimm-Unterricht für Kinder anbot, war er mit von der Partie. Selbst tanzen gelernt hat Otto Cappel im Saal des Gasthauses Born, wie er sich im Gespräch mit seinem Jugendfreund Peter Blaß gerne erinnert. Auch an die Streiche, die sie damals ausheckten. Bei der Geburtstagsfeier im Nebenzimmer des Gasthauses Born war Blaß ebenso dabei wie seine Schwestern Wilma und Christel und noch etwa 50 Personen. Als Überraschung hatte man seine Jugendfreundin Hannelore eingeladen. „Familie bedeutet mir sehr viel“, betont Cappel. Er und sein Lebensgefährte sind stolz auf 16 Neffen und Nichten. Zwar ist er jetzt schon wieder in New York, aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass er auch im nächsten Jahr nach Bedesbach kommt, um Familie und Freunde zu treffen.

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