Kusel Scheren fürs Selbstbewusstsein

Sein Barbershop in St. Wendel läuft „sensationell“, wie er selbst sagt. Für einen sozial engagierten Menschen wie René Voborsky genau der richtige Zeitpunkt, um mal wieder „etwas zurückzugeben“: Der Kuseler Friseur hat sich „Barber Angels Brotherhood“ angeschlossen. Der junge Verein besucht Obdachlose und andere Bedürftige in ganz Deutschland, um diesen ein gepflegtes Aussehen zu verpassen. Am Montag hat Voborsky in Köln seinen ersten Einsatz.

Erfahrung an der Schere bringt René Voborsky nun wirklich genügend mit, bekam er doch das Friseurhandwerk von Vater Markus mehr oder weniger in die Wiege gelegt. Dennoch ist der Kuseler aufgeregt vor seinem nächsten Einsatz: Am Montag greift er in Köln erstmals für „Barber Angels Brotherhood“ zu den vertrauten Frisierutensilien.

„Wahnsinnige Offenheit und Gastfreundschaft“

„Das wird sicherlich sehr emotional“, sagt Voborsky, der sich bereits ein Bild davon gemacht hat, wie seine neuen Vereinskollegen bedürftigen Menschen gratis die Haare geschnitten und den Bart gestutzt haben. „Da sind ja oft Schicksalsschläge dabei, Menschen sind unverschuldet obdachlos geworden“, berichtet er. Er habe eine „wahnsinnige Offenheit und Gastfreundschaft“ beim Klientel von der Straße beobachtet.

Vom Bürgerhaus zum Salon

Seit knapp einem Vierteljahr ist Voborsky Mitglied bei den „Barber Angels“, die bei ihren Einsätzen in schwarzen Kutten im Rockerstil auftreten. Der im November gegründete Verein hat deutschlandweit schon mehr als 50 Mitglieder, die jeweils in Fünfer- oder Zehnerteams monatlich in ihrer Region Obdachlosen ihre Dienstleistung anbieten. „Dafür werden neutrale Plätze gesucht“, berichtet Voborsky, am Montag etwa verwandelt sich ein Bürgerhaus in einen Salon.

Die meisten sind Selbstständige

Gesucht werden auch weitere engagierte Friseure. „Die meisten von uns sind Selbstständige, aber auch einige Angestellte sind dabei“, erläutert der Kuseler. Um zum Beispiel Azubis, die sich ehrenamtlich engagieren, die Anreise zu den „Barber Angels“-Terminen zu zahlen, würden die Beiträge verwendet, die von den Mitgliedern monatlich zu entrichten sind. Aber auch die benötigten Utensilien würden mit diesen Beiträgen finanziert.

Würde und neues Selbstbewusstsein

„Obdachlosen und anderen Bedürftigen ihr Gesicht zurückgeben“, Würde und neues Selbstbewusstsein vermitteln, dank derer diese Menschen womöglich wieder Fuß fassen können in der Gesellschaft – das hat sich der Klub auf die Fahnen geschrieben. Dank Sponsorenunterstützung erhalten die Kunden bei diesen Terminen zumeist auch kleine Kulturbeutel mit Pflege- und Hygieneartikeln. Noch konzentriere sich die Arbeit der „Barber Angels“ auf größere Städte wie Köln, Düsseldorf, Stuttgart oder München. „Es ist in kleineren Städten vermutlich schwieriger, als Bedürftiger zu einer solchen Aktion zu kommen“, sagt René Voborsky. Weil mittlerweile sechs Friseure aus dem Saarland im Verein mitwirken, steht auch ein Termin in Saarbrücken bevor – „vielleicht muss man das dann etwas anonymer halten ...“, macht sich der Kuseler so seine Gedanken.

Musik, Kaffee oder Whiskey

Keine Sekunde habe er überlegen müssen, schildert Voborsky, als „Barber Angels“-Gründer, Starfriseur Claus Niedermaier, bei ihm angerufen und sich erkundigt habe, ob er denn Lust habe mitzumachen. Niedermaier hatte in einer Fachzeitschrift einen Beitrag über Voborskys neuen Barbershop gelesen, darüber, dass der Kuseler das Friseurhandwerk in dritter Generation ausübt, und auch über sein soziales Engagement. Eben jener Laden in St. Wendel sei „sensationell“ gestartet, berichtet Voborsky. Die Bartträger-Szene boome, Kunden kämen ebenso aus dem Kuseler und Waldmohrer Raum wie aus Frankreich. Voborsky will sich dort nicht nur ums Äußere kümmern: Bei Musik, Kaffee oder Whiskey soll der Geschäftsraum – wie der Barbier alter Zeiten – zum Treffpunkt für die Herren der Schöpfung avancieren.

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