Donnersbergkreis „Vertiefende Fortsetzung zwingend“

«WEIERHOF.» Die Podiums-Diskussion über die Napola-Vergangenheit des Weierhof-Gymnasiums Ende April (wir berichteten) soll kein Schlusspunkt zum Thema sein: Der Schriftsteller Peter Roos, der die Veranstaltung angeregt hat und mit auf dem Podium saß, pocht in einem offenen Brief an Schulleiter Gerhard Bugiel darauf, dass nach diesem ersten „ebenso sichtbaren wie konflikterzeugenden Schritt“ die Notwendigkeit einer vertiefenden Fortsetzung zwingend sei. Die soll es auch geben – nach eigenem Konzept, so Bugiel zur RHEINPFALZ.

Zur Begründung stellt Roos zum einen fest, dass der Weierhof in der einschlägigen Forschung zur NS-Zeit eine „Leerstelle“ sei, obwohl ihr Gründer Josef Bürckel einer der „wichtigsten und mächtigsten Gauleiter der Nazi-Diktatur“ und einer der „Erfolgreichsten des antisemitischen Terrors“ gewesen sei. Zum anderen sei der Weierhof ein „Originalschauplatz in voller Wucht“, seine Architektur und sein Design sprächen Bände. „Die Steine und Möbel sind immer noch unmittelbare Quellen, aus denen natürlich immer noch und leider unkommentiert unverhohlen die Ideologie des Regimes spricht“, so Roos. Ausdrücklich würdigt Roos als „rühmliche und rare Ausnahme auf diesem Feld des Nichtwissens und Verschweigens“ das Wirken des Weierhöfer Geschichtslehrers Steffen Wagner. Dessen fundierte Untersuchung der Schulvergangenheit unter dem Titel „Aus weltanschaulichen Gründen besonders bekämpft und gehasst? Die Weierhöfer Schule und ihre Umwandlung in eine NS-Eliteanstalt“ (Mennonitische Geschichtsblätter, 68. Jahrgang 2011, S. 89-160) habe erstmals „detaillierte Fakten zur NS-Geschichte des Weierhofs ans Tageslicht gehoben“. Roos schlägt vor, ihn mit einer großen Tagung zum Thema zu betrauen und für Vorbereitung und Durchführung freizustellen. Kultusministerium, Bezirksverband, Landesarchiv, die Zentrale für politische Bildung und die Uni Mainz seien darin einzubinden. Auch einen Termin dafür hat Roos im Blick: den 2. Dezember, das Gründungsdatum der Schule - gegenwärtig ist zu diesem Termin im Schulkalender die offizielle Feier zum 150-jährigen Schulbestehen vorgesehen. „Ich sehe die Notwendigkeit und habe Herrn Wagner vorgeschlagen, vor den Osterferien 2018 eine solche Veranstaltung anzubieten. Was er da machen möchte, ist ihm überlassen“, sagt Schulleiter Gerhard Bugiel zu einer weiteren Thematisierung der Napola-Vergangenheit. Roos Konzept komme allerdings für ihn nicht in Frage. Bugiel hätte auch gerne Schüler dabei, er könne sich zudem eine AG zum Thema vorstellen. „Das Thema trifft einen Nerv und interessiert.“ Der implizite Zweifel, ob die Schulleitung das Thema offensiv genug und mit dem gebotenen Nachdruck verfolge, sei „völlig falsch“, wie Bugiel betont. „Den Schuh ziehe ich mir nicht an.“ Er erinnert an eine Ausstellung zum Thema vor etlichen Jahren, an die Vorträge, die Steffen Wagner gehalten habe. „Wir haben die Forschungsarbeit unterstützt.“ Er schätze Steffen Wagner und sei dankbar für die Aufarbeitung, die er geleistet habe und weiter betreibe. Auf den Einwand, dass sich all das eher dem persönlichen Engagement Wagners und beträchtlichem Freizeiteinsatz verdanke, streicht Bugiel im RHEINPFALZ-Gespräch heraus, dass ein solches Thema Sache der Fachlehrer und ihrer persönlichen Initiative sein müsse. Im Vordergrund der schulischen Arbeit stehe immer die Unterrichtsversorgung, insofern gebe es für Freistellungen keine Spielräume. „Wir sind kein historisches Seminar“, merkt er an, auch mit Blick auf die von Roos beklagten Forschungslücken. In diesem Schuljahr, in dem Wagner mit der Festschrift zum Jubiläumsjahr betraut sei, habe man ihm 1,25 Entlastungsstunden eingeräumt, wie Bugiels Stellvertreter Harald Zerger darlegt. Für Archivstudien habe man früher auch Stundenverlegungen ermöglicht, damit sich für den Geschichtsforscher zusammenhängende Freiräume ergäben. Wagners Aufsatz, der in den mennonitischen Geschichtsblättern erschienen und im Internet zu finden ist, sei mit der Internetseite der Schule zeitweise verlinkt worden. Auf die Frage, warum dieser Link zu einem für die Schulgeschichte bedeutsamen Beitrag nicht mehr vorhanden sei, verweist Bugiel auf technische Probleme. Die Verlinkung könne wieder hergestellt werden. Für Roos` Auffassung, aus der Architektur des Schulensembles spreche unverhohlen die NS-Ideologie, die eine „Ästhetik der Überwältigung des Menschen durch Architektur, Kunst, Sprache, Literatur, Design“ gewesen sei und „bis in die innersten Regungen der Seele funktioniert“ habe, zeigt Bugiel kein Verständnis. Von der massiven Monumentalität der NS-Architektur sei hier nichts zu spüren, die Bauweise empfinde er als traditionell. Kein Schüler, kein Besucher stelle heute vom Gebäudebestand her einen solchen Bezug her, ist er überzeugt. Roos habe mit dieser These nach seinem Eindruck eher die Konfrontation gesucht. Der auf der Podiumsdiskussion geäußerten Anregung, durch Info-Tafeln Erläuterungen zum Gebäudebestand und der Zeit der Entstehung zu geben, verschließe er sich nicht, so Bugiel. Zerger verweist auf ein geplantes Projekt zum Thema „Täuferspuren“. Eine dafür vorgesehene Info-Tafel könne dafür Raum schaffen.

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